In mehreren Städten Algeriens ist es zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei gekommen, als Demonstranten gegen hohe Lebensmittelpreise und hohe Arbeitslosigkeit protestierten.
Im Armenviertel Belcourt der Hauptstadt Algier bewarfen Jugendliche die Polizei mit Steinen und Glasflaschen. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas gegen die Demonstranten ein. Auch in der bisher von den Protesten verschonten Stadt Annaba im Osten des Landes kam es im Anschluss an das muslimische Freitagsgebet zu Zusammenstößen, nachdem Jugendliche Steine auf Polizisten geworfen hatten, die ein Verwaltungsgebäude schützten. Ähnliche Szenen wurden in der westlichen Küstenmetropole Oran beobachtet, wo Dutzende Jugendliche Polizisten mit Steinen angriffen und daraufhin mit Tränengas beschossen wurden.
In Ain Lahdjel in der Provinz M'Sila wurde ein 18-Jähriger erschossen, berichtete die arabischsprachige Zeitung "El Chabar". Die Behörden bestätigten den Vorfall. Drei weitere Demonstranten wurden dem Zeitungsbericht zufolge verletzt. Eine Menge habe versucht, gewaltsam in die Post und ein Verwaltungsgebäude einzudringen. Der Schuss seien gefallen, als die Polizei gegen die Demonstranten vorgegangen sei. Ain Lahdjel liegt rund 300 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Algier.
20 Prozent Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen
Die Proteste dauern seit mehr als einer Woche an. Handelsminister Mustapha Benbada kündigte für heute Beratungen des Kabinetts über Maßnahmen zur Eindämmung der Preissteigerung an. Die Wut der Demonstranten entzündete sich aufgrund der kürzlich stark gestiegenen Preisen für Grundnahrungsmittel, richtet sich jedoch auch gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge sind 75 Prozent der Algerier jünger als 30 Jahre, mehr als 20 Prozent von ihnen sind arbeitslos. Nach Angaben der algerischen Gewerkschaft der Händler und Handwerker stiegen die Lebenshaltungskosten zuletzt um 20 bis 30 Prozent. Am stärksten betroffen seien die Preise für Zucker und Öl.
UNO warnt vor Unruhen wegen Hunger
Auch im Nachbarland Tunesien gibt es seit Tagen Proteste aus Verzweiflung über die Armut, aber auch die Repression der Führung unter Präsident Ben Ali. Trotz des harten Vorgehens der Sicherheitskräfte gehen inzwischen auch regierungstreue Beamte auf die Straße.
Die UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) zeigte sich beunruhigt über den weltweiten Anstieg der Preise von Lebensmitteln in den vergangenen sechs Monaten. Der Preis für Grundnahrungsmittel sei auf dem höchsten Stand seit 1990 und damit höher als zur Zeit der weltweiten Hungerunruhen 2008. Dieser Preisanstieg sei "sehr beunruhigend, da er Millionen Menschen trifft, vor allem wenn er Grundnahrungsmittel wie Getreide betrifft", sagte der FAO-Getreideexperte Abdolreza Abbassian in Paris.