Von Pola Roupa, Nikos Masiotis, Costas Gournas
Genossen und Genossinnen,
Wir sind drei politische Gefangene, Mitglieder der bewaffneten Gruppe „Revolutionärer Kampf“ [Epanastatikos Agonas], und senden euch kämpferische Grüße aus den griechischen Gefängnissen.
Wir sind im April 2010, zusammen mit drei anderen Genossen, die auch wegen der Mitgliedschaft in der Gruppe beschuldigt werden, festgenommen worden. Seitdem sitzen wir in U-Haft und warten auf den Prozess, der wahrscheinlich in den ersten Monaten des Jahres 2011 stattfinden wird.
Wir drei haben mit einem politischen Schreiben zur Gesellschaft* unsere Teilnahme an der Gruppe „Revolutionären Kampf“ erklärt. Wir haben dadurch unsere Aktivität, die sich gegen das Kapital und den Staat wandte, verteidigt und in Wort und Tat dazu beigetragen, den Sturz des Kapitals und des Staates zu Gunsten der sozialen Revolution herbeizuführen. Für eine Gesellschaft ohne Staat oder Herrschaft, für eine kommunale und kommunistische Gesellschaft, wo die soziale, politische und wirtschaftliche Funktion und Leitung von den Volksversammlungen und Räten ausgeübt werden.
Durch die Erklärung unserer Teilnahme wollen wir außerdem den bewaffneten Kampf verteidigen und seine Aktualität und Bedeutung als Teil eines weiteren Kampfes zum Umsturz und zur Revolution darstellen. Vor allem wollen wir aber bekannt machen, wie aktuell und notwendig der bewaffnete Kampf heutzutage ist – in Zeiten der internationalen wirtschaftlichen Krise, wo sich, unserer Meinung nach, die geeigneten objektiven Umstände für den Sturz des Kapitalismus, mehr denn je nach dem Zweiten Weltkrieg, herausgebildet worden sind.
Außerdem, wollten wir durch unsere Erklärung für die Ehre unseres Genossen Labros Foudas kämpfen, der Mitglied des „Revolutionären Kampfs“ war und nach einem Schusswechsel mit den Bullen im März 2010 getötet wurde, während er versuchte, ein Auto zu enteignen, was Vorbereitungsteil eines weiteren Aktionsplans der Gruppe war.
Die politische, wirtschaftliche und soziale Umgebung, in der der „Revolutionäre Kampf“ geschaffen worden ist und seine Aktivitäten entwickelt hat, ist sehr unterschiedlich von der Umgebung, in der die westeuropäischen Gruppen bzw. Organisationen der Stadtguerilla in den 70er und 80er und bis auch den 90er Jahren aktiv waren. Zu jener Zeit herrschte die Polarisierung und Konkurrenz zwischen den U.S.A. und der U.S.S.R. und deren politisch-wirtschaftlichen Systemen. Es war die Zeit, in der das Modell des Keynesianismus in der Krise und der politischen Geringschätzung versank, da das Kapital seine Kraft gegen die Proletariate wiedererlangte. Eine nach der anderen entfernten sich die Regierungen der westlichen Staaten vom staatlichen Interventionismus und ersetzten es durch das sogenannte „Verhältnis von Angebot und Nachfrage“. Parallel dazu, fingen die Staaten mit dem Angriff auf die Arbeits- und Sozialerrungenschaften dadurch an, dass sie die Interessen der finanziell Mächtigen verteidigten und das neoliberale und wirtschafts-politische Regierungsmodell durchsetzten.
Die wirtschaftliche und politische Umgebung, in der der „Revolutionäre Kampf“ geschaffen worden ist, wurde von der Alleinherrschaft der U.S.A., der internationalen Globalisierung, dem Neoliberalismus und dem Krieg gegen den Terrorismus, der die Spitze der politisch-militärischen Globalisierung darstellt, bestimmt. Denn wir glauben, dass sowohl der „Krieg gegen den Terrorismus“ als auch der Totalitarismus der Märkte zwei Seiten derselben Münze sind, nämlich des politisch-wirtschaftlichen Charakters der Globalisierung, die sich – wo sie sich nicht mit den „Waffen“ der Kapitalisten und der internationalen Finanzorganisationen (Internationales Währungsfonds, Weltbank, Welthandelsorganisation, FED/Amerikanische Zentralbank), mit den finanziellen Werkzeugen der internationalen Börsen, mit der Armut und mit dem Hunger durchsetzen kann- durch die Zuspitzung der staatlichen Gewalt und Macht , durch die Repression, durch den Krieg und die militärischen Invasionen, durch Feuer und Eisen durchsetzt.
Die Zeit von 2003, wo der „Revolutionäre Kampf“ mit seinen Aktivitäten begann, bis 2007 und obwohl die sich steigernde soziale Krise starkes soziales Missfallen erregte, war doch die neoliberale Zustimmung dadurch möglich, dass das kapitalistische Wachstum „ungehindert“ durch Schulden wie ein Luftballon riesigen Ausmaßes weiterging und sich gegen die aufeinander folgenden und die Welt erschütternden wirtschaftlichen Krisen entwickelte. (Krise im südöstlichen Asien, wirtschaftlicher Zusammenbruch Argentiniens, Krise der Dot.com in den U.S.A.).
Seit 2007, wo die erste Explosion wegen des Platzen des Luftballons der hypothekarisch belasteten Baudarlehen in den U.S.A. stattfand und sie auf diese Weise den Funke für die Äußerung der weltweite wirtschaftliche Krise gegeben hatte, ist die neoliberale Zustimmung Bankrott gegangen, was zu einer immer tieferen politischen und sozialen Geringschätzung des Systems führte.
In der ersten Zeit seiner Aktion legte der „Revolutionären Kampf“ den Schwerpunkt auf den „Krieg gegen Terrorismus“. Ein Krieg, der einerseits durch die Militäreingriffe der U.S.A. und deren westlichen Alliierten in Ländern der Peripherie stattfand und der andererseits durch die Spannung der staatlichen Gewalt, der Repression und des Terrorismus in den Ländern des kapitalistischen Zentrums und der Halbperipherie, wozu Griechenland tatsächlich auch gehört, durchgeführt worden ist (Raketenangriff gegen die amerikanische Botschaft, Angriff gegen den ehemaligen Innenminister, Angriffe gegen Polizei und Gerichte). Ein Krieg, der noch durch die neoliberale Invasion, den Ausverkauf auch der letzten wirtschaftlichen und sozialen Funktionen, den Angriff des Kapitals gegen Arbeitserrungenschaften stattfindet (Bombenangriffe gegen das Arbeitsministerium und das Wirtschaftsministerium).
Anschließend – seit 2008 – wurde für uns die wirtschaftliche Krise eine wirkliche Herausforderung, so dass wir unsere Aktivität verstärkten, und Angriffe gegen finanzielle Strukturen und Organisationen wie z.B. der Börse und den Banken Citibank und Eurobank verwirklichten. Unser Ziel war es, das wegen der Krise anfällige System so hart wie möglich zu verletzen, die politischen Wahlen der griechischen Regierung und die durch die Anweisungen der Troika (Internationaler Währungsfonds, EU, Europäische Zentralbank) implementierten „Rettungspläne“ für das Landes stark zu sabotieren.
Das war allerdings bevor sich die Regierung der PASOK vor dem „Revolutionären Kampf“ fürchtete. Laut Aussagen eines Regierungskaders könnte unsere Gruppe und ihre Aktivitäten die wirtschaftlichen Maßnahmen in die Luft sprengen. Deshalb wurden unsere Festnahmen, die innerhalb einiger Tage stattfanden, bevor die Zügel der Macht in Griechenland der Internationale Währungsfonds, die EU, die Europäische Zentralbank anzogen, für einen großen Erfolg von der griechischen Regierung und europäischen und amerikanischen Politikern gehalten.
Unserer Meinung nach ist diese wirtschaftliche Krise die erste wirkliche weltweite Krise der Weltgeschichte und die einzige nach der großen Depression der 30er Jahre, die mit solcher Heftigkeit die Gesamtheit der Länder des kapitalistischen Zentrums trifft. Parallel dazu ist ihr Charakter systembedingt; sie betrifft die Natur des Kapitalismus selbst und die Marktwirtschaft und sie hat viele Dimensionen, da sie nicht nur finanziell, sondern auch politisch, sozial und ökologisch ist.
Der Krise anlässlich führen die wirtschaftlichen und politischen Eliten aus aller Welt einen frontalen Angriff gegen die Gesellschaften. Alte Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung werden endgültig im Namen der Konkurrenzfähigkeit begraben. Der Wohlfahrtsstaat ist Vergangenheit während die Institutionen des Systems, wie z.B. der Nationalstaat, ihr Gewicht verliert und Begriffe, wie z.B. nationale Souveränität, keinen wesentlichen Sinn haben. Zum Schluss erniedrigt sich die repräsentative Demokratie in vielen Ländern, wie z.B. Griechenland, die unter der Aufsicht der supranationalen Elite und ihrer wirtschaftlichen Mittel (Internationales Währungsfonds, Zentralbanken, usw.) stehen, da eine Reihe von Verfassungsvorschriften in der Praxis abgeschafft werden, und sie das Mittel zur Gründung eines globalisierten Totalitarismus wird. Der Totalitarismus der Märkte, der Supranationalen, der Banker und ihrer politischen Mitteln.
Gegenüber dieser Invasion der wirtschaftlichen und politischen Elite gibt es keinen Platz für die Anwendung keynesianischer Experimenten oder Reformen. Das ist zeichnete sich auch dadurch ab, wie die Regierungen mit der Krise umgingen, nämlich dass sie den härtesten neoliberalen Angriff auf die mittleren und unteren Gesellschaftsschichten und gegen den Willen der Mehrheit der Menschen durchfürten. Anlässlich der wirtschaftlichen Krise findet der größte Raub und die größte Plünderung in der menschlichen Geschichte statt, wohingegen sich die größte Umverteilung des Reichtums von unten nach oben der sozialen Hierarchie vollzieht. Infolgedessen werden immer mehr Menschen in Hunger, Verelendung und Tod gedrängt.
Für große Teile der Gesellschaften – sowohl der Peripherie als auch des kapitalistischen Zentrums – ist nicht nur das neoliberale Modell des Wachstums sondern auch das existierende wirtschaftliche System Bankrott gegangen. Gleichzeitig geht das politische System der repräsentativen Demokratie den gleichen Weg.
Obwohl die Gesellschaften nicht zustimmen, führen die europäischen Regierungen aufeinander folgende Putsche im Name der Überwindung der Krise weiter. Sie basieren außerdem auf Minderheiten und rufen dadurch den Wut und den Ärger der Mehrheit, die sich immer häufiger auf gewaltige Art und Weise auf die Straßen der europäischen Städten (Frankreich, England, Griechenland, Irland, Italien…) zeigt, hervor.
All dies stellen eine Reihe von politisch-sozialen Umstände dar, die unserer Meinung nach die geeignetsten sind, damit der internationale Gegenangriff in umgesetzt wird und damit wir den Sturz des Kapitalismus und des Staates verwirklichen, damit wir die Revolution versuchen. Denn heutzutage haben die Kämpfer aber auch all die Unterdrückten nur einen einzigen Zwiespalt: entweder soziale Revolution oder komplette Unterwerfung und Tod.
Unsere Pflicht ist es, die subjektiven Umstände zu gestalten, um zur Schaffung einer vielgestaltigen revolutionären Bewegung international und in jedem Land beizutragen, die die Voraussetzungen stellt, damit wir dann die soziale Revolution verwirklichen können.
Unter diesen politischen und sozialen Umständen kann der bewaffnete Kampf eine zentrale Rolle spielen, da sich durch ihn die totale politische Konfrontation mit dem System äußert, da er den bewaffneten proletarischen Gegenangriff der Völker ankündigt und nicht nur den Sturz sondern auch die soziale Revolution auf die stärkste Weise propagieren kann.
Wir wollen, dass unser Prozess eine politische Plattform wird, damit wir öffentlich diese politischen Thesen äußern und er als ein Moment des Kampfs für Freiheit in der Geschichte registriert wird. Wir wollen weiterhin die Bedeutung der sozialen Revolution als die einzige Antwort gegen die Krise, die die größten Teile der Gesellschaft zur wirtschaftlichen und sozialen Vernichtung führt, bekannt machen.
[Unser Prozess] soll auch eine öffentliche Verurteilung des Systems und seiner „Mitreisender“ jeglicher Art sein. Wir möchten außerdem zeigen, wie lebendig und aktuell der bewaffnete Kampf trotz der Schläge des Staates ist und wie notwendig er für das Vorantreiben des revolutionären Prozesses in unserer Zeit ist. Wir möchten auch über die Notwendigkeit, neue revolutionäre Bewegungen überall zu schaffen sprechen, die die soziale Revolution versuchen werden.
Zu einem solchen Prozess sind unserer Meinung nach die besten „VerteidigungszeugenInnen“ die GenossenInnen, die den dynamischen Zusammenstoß mit dem System gewählt haben. Sie sind die Kämpfer, die Mitglieder militanter Gruppen waren und nicht reumütig sondern unerschütterlich an ihrer politischen Wahl festgehalten haben. Sie haben damit ihre Kämpfe und ihre GenossenInnen – die im Gefängnis starben oder lang im Gefängnis gesessen haben– verteidigt.
Durch ihre politische Aussage vor Gericht werden sie über ihre Erfahrungen und Kämpfe genauso sprechen wie sie sie unter verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Umständen erlebt haben. Sie werden außerdem über die historische Kontinuität des sozialen und des Klassenkampfes sprechen, der bis zur endgültigen Zerstörung des kapitalistischen Systems weiterführt wird. Sie werden über den Kampf, der auch im Knast von den Gefangenen dieses Krieges weitergeführt wird, sprechen. Denn wir gehen den Weg des Kampfes nicht, um die Umstände unserer Inhaftierung, die der Feind für unsere moralische, politische oder auch existenzielle Vernichtung durchsetzt, zu akzeptieren.
Das wäre für uns die beste Äußerung von Solidarität. Wäre bloß unser Prozess ein Schrei von Freiheit.
Pola Roupa, Nikos Masiotis, Costas Gournas - Dezember 2010
Englisch / Spanisch / Italienisch / Französisch / Griechisch
* Einige Auszüge aus dem politischen Schreiben zur Gesellschaft:
POLITISCHES SCHREIBEN ΖUR GESELLSCHAFT
29. April 2010
Wir übernehmen die politische Verantwortung für die Beteiligung an »Revolutionärer Kampf« [Epanastatikos Agonas]. Wir erklären, dass der Weggefährte Labros Foudas, welcher in [dem Athener Vorort] Dafni am 10. März 2010 starb, nach einem Schusswechsel mit der Polizei, auch an »Revolutionärer Kampf« beteiligt war. Der Kampf, an dem er beteiligt war, war einer für die Materialisierung des subversiven Plans, welcher kollektiv von »Revolutionärer Kampf« entschieden wurde. Es war ein Kampf für die Revolution und die Freiheit.
Wir erklären außerdem, dass wir sehr stolz auf unsere Gruppe, »Revolutionärer Kampf«, sind, wir sind stolz auf unsere Geschichte, auf jeden Moment unserer politischen Aktion. Wir sind stolz auf den Weggefährten Lambros Foundas, welchen wir ehren und es immer tun werden.
So stark wie die Mechanismen der Repression glauben könnten, dass sie uns durch die Inhaftierung beseitigt hätten, liegen sie falsch. Ob inner- oder außerhalb des Knastes wird der Kampf, welcher für uns eine Frage der Ehre und Würde ist, weitergehen.
So wie die zwei Terroristen [Premierminister] Papandreou und [Minister für die öffentliche Ordnung] Chrisochoidis selbstgefällig lachen, so sehr wie sie glauben, dass sie die Sicherheit gewahrt haben, um für ihre sozial-faschistische Partei mit der Anwendung ihrer kriminellen Pläne gegen die Gesellschaft fortzufahren, um jetzt mit ihren Schwänzen zu wedeln, dass die amerikanischen Vorgesetzten ihnen gratulieren, so sehr wir sie behaupten es mit einer ernsthaften Bedrohung für ihr Regime zu tun haben, wir versichern ihnen, dass sie es nicht einfach mit uns haben werden.
So lange wie wir leben, solange wir leben und atmen werden, werden wir unser Bestes tun, um Probleme für ihre antisozialen und kriminellen Pläne darzustellen.
Und wenn unsere Jäger und die politischen Autoritäten dieses Landes glauben, dass sie die gesamte Gesellschaft auf ihrer Seite hätten, wenn sie glauben, dass die Mehrzahl der Menschen uns als eine soziale Bedrohung ansieht, irren sie. Für die Mehrzahl der Bevölkerung kommt die soziale Bedrohung von der Regierung, die eine antisoziale Maßnahme nach der anderen verabschiedet, durch das Diktat der Krähen des Kapitals, welche die staatlichen Mechanismen „bestechen“, mit dem Geld, welches sie zur Verfügung haben. Terrorismus ist der jahrelange neoliberale Grundsatz, verhängt von den regierenden Parteien mit der Duldung oder der Unterstützung von kleineren Parteien. Terrorismus ist die Anwendung des Stabilitätsplans, welcher verursacht, dass weite Teile der Bevölkerung in Angst diesem beispiellosen Angriff entgegen blicken.
Terrorismus bedeutet die grundsätzlichen Dinge zum Leben nicht zu haben, den Lohn und die Pension weggenommen zu haben, das Haus konfisziert von der Bank, leben in letaler Verschmutzung. Terrorismus bedeutet das tägliche Leben unter einem Regime der Angst um das eigene Überleben.
… … …
Die wirklichen Bedingungen sind das Ideal.
Formt die subjektiven Bedingungen, welche für uns notwendig sind, um die Revolution zu versuchen. Dies ist unsere Chance.
LANG LEBE »REVOLUTIONÄRER KAMPF«
EHRE FÜR DEN WEGGEFÄHRTEN LAMBROS FOUNDAS
LANG LEBE DIE REVOLUTION
POLA ROUPA -NIKOS MASIOTIS -COSTAS GOURNAS
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