Im Zusammenhang mit über 30 Brandstiftungen an Müllcontainern im Stadtgebiet hat die Kripo ihre Ermittlungen gegen insgesamt sechs junge Aktivisten aus der linken Szene abgeschlossen und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Wie jetzt bekannt wurde, sollen zwei Verdächtige aus der Gruppe auch für zwei Anschläge mit Molotow-Cocktails auf die Regierung von Schwaben im Fronhof am 22. Mai dieses Jahres verantwortlich sein. Dabei war ein Holzgeländer eines Balkons in Brand gesetzt worden.
Wie berichtet, gehen die Beamten vom Staatsschutz davon aus, dass die mutmaßlichen Brandstifter in einem linken Szenetreff in der Jako-bervorstadt verkehren, in der auch eine Gruppe aktiv ist, die sich „Arbeitskreis anarchistische Umtriebe Auxburg“ nennt. Im Juli hatte die Kripo den Treffpunkt sowie die Wohnungen der Verdächtigen durchsucht. Vier der mutmaßlichen Aktivisten im Alter von 20 und 21 Jahren standen jetzt in anderer Sache vor Jugendrichterin Ortrun Jelinek. Die Anklage warf ihnen ein Sprengstoffdelikt vor.
An der Grenze erwischt
Es war am Nachmittag des 1. Mai, als die Männer, aus der Schweiz kommend, in einem Auto am Grenzübergang Bietingen/Konstanz nach Deutschland einreisen wollten. Schweizer Grenzer filzten den Wagen und wurden fündig. Sie entdeckten, unter einem Sitz versteckt, drei Rauchpatronen, vier selbst gebastelte Sprengkörper, zwei Sturmmützen und eine Spraydose mit CS-Gas. Die Männer wurden der deutschen Polizei übergeben.
Die Angeklagten - einer wurde von Rechtsanwalt Walter Rubach vertreten - hatten vom Anbeginn der Ermittlungen an geschwiegen. So auch im Prozess.
Das Gericht hatte deshalb zu klären, wer von den Angeklagten über die im Auto versteckten Sprengkörper Bescheid gewusst hatte. Ein Polizist aus Konstanz berichtete als Zeuge, dass bei einer Untersuchung des explosiven Gepäcks durch das Landeskriminalamt Stuttgart keinerlei Spuren festgestellt worden waren, die mit den jetzt Angeklagten in Zusammenhang zu bringen waren.
Die Konstanzer Polizei hatte den Fund offenbar sehr ernst genommen, da eigens Spezialisten aus Stuttgart zum Entschärfen der Sprengkörper gerufen worden waren. Offenbar hatte das Quartett sich die explosiven Gegenstände in der Schweiz besorgt. Da im Auto auch ein Flugblatt mit Aufruf zu einer Demo gegen einen Naziaufmarsch in München am 8. Mai gefunden worden war, liegt für die Ermittler der Verdacht nahe, dass Rauchpatronen und Sprengkörper möglicherweise dort gezündet werden sollten.
Das Gericht sprach die vier Angeklagten, so wie es auch Staatsanwaltschaft und Verteidiger Rubach gefordert hatten, schließlich frei. Richterin Jelinek zur Begründung: „Der Nachweis, wer etwas von den versteckten Gegenständen gewusst hat, ist nicht gegeben.“
Staatsanwaltschaft prüft noch
Ob es im Zusammenhang mit den Mülltonnenbränden ebenfalls zu einem Prozess kommt, ist noch unklar. „Wir prüfen derzeit, ob wir Anklage erheben können“, sagte Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai zum Stand des Verfahrens. Der linke Szenetreff selbst fühlt sich von der Polizei zu Unrecht in ein kriminelles Licht gerückt. (utz)