Extremisten zündeln lieber in Zehlendorf

Linke zünden jetzt Autos zielgerichtet an, gern auch in Zehlendorf. Foto: Thomas Schröder
Erstveröffentlicht: 
02.12.2010

Linksextremisten fackeln in Friedrichshain nicht mehr wahllos Autos ab. Zu sehr hatte es in der letzten Zeit szene-interne Kritik gegeben, weil Unbeteiligte geschädigt wurden - was der linken Sache abträglich sei. Dafür richten die Täter ihre Anschläge zunehmend gegen Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft und suchen sie immer öfter an ihren Wohnorten auf. Etwa in Zehlendorf.  von Andreas Kopietz

 

Der Audi, der am 29. November in Schlachtensee angezündet wurde, gehört nach Informationen der Berliner Zeitung dem Inhaber einer Baubetreuungs GmbH. Und der Porsche, der neun Tage zuvor in Dahlem ausbrannte, gehört einer Rechtsanwältin. In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz. Bereits am 11. November hatte in Schlachtensee der Mercedes des Vorsitzenden des CDU-Forums für Bau, Stadtplanung und Verkehr gebrannt.

 

Als am 1. November ein Anschlag die Berliner S-Bahn lahmlegte und ein Siemens-Auto in Flammen aufging, bekannten sich Linksextreme zu der Tat und drohten, Unternehmen und deren politische Lobbyisten direkt zur Verantwortung zu ziehen. Ähnliche Erklärungen gab es in letzter Zeit auch nach anderen Anschlägen. "Wir stellen fest, dass Gewalttaten gezielter gegenüber bestimmten Institutionen begangen werden, wie auch die Steinwürfe auf das Haus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zeigen", sagte die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, gestern im Verfassungsschutzausschuss.

 

Während es 2009 noch 296 politisch motivierte Brandanschläge auf Autos gab, zählte die Polizei in diesem Jahr nur 41 mit 51 "direkt angegriffenen" Autos. "Das hat mit einer Diskussion in der Szene zu tun, wonach Brandstiftungen etwa am Mercedes eines türkischen Mitbürgers, der sich den Wagen mühsam erspart hat, nicht zu vermitteln sind", so Innensenator Ehrhart Körting (SPD).

 

Für den CDU-Abgeordneten Sven Rissmann sind linke Anschläge inzwischen alltäglich. Sebastian Kluckert (FDP) wirft den Ermittlungsbehörden eine "sehr geringe Erfolgsbilanz" vor. Unter anderem bereitet den Behörden die konspirativ hergestellte linksextremistische Untergrundzeitschrift "Interim" Sorgen. Sie veröffentlichte Bauanleitungen zur Herstellung von Spreng- und Brandsätzen. In der Hoffnung, Rückschlüsse auf die Macher zu erhalten, gab es mehrere Razzien in linken Buchläden, die letzte in November - jedoch vergeblich. Danach verübte eine Gruppe namens "Revolutionäre Aktionszellen" aus Rache am 18. November einen Brandanschlag auf die Bundesakademie für Verwaltung in Wilmersdorf, die zum Bundesinnenministerium gehört. Körting räumte ein: "Auch mir ist es in all meinen Dienstjahren nicht gelungen, die Interim-Hersteller zu finden."