Das UJZ Korn in Hannover existiert seid 1972 und ist damit das älteste noch existierende, unabhängige Jugendzentrum in der BRD. Durch die vielen unterschiedlichen Nutzer_innen haben sich selbstverständlich im Laufe der Jahre auch die politischen, sozialen und kulturellen Schwerpunkte immer wieder verändert. Das UJZ Korn war aber immer Raum sozialer Kommunikation, politischer Auseinandersetzung und Organisierung und kulturellen Lebens – und dafür soll es bald noch mehr Raum geben.
Doch zunächst ein wenig zur Geschichte:
1972 pachtete der "Verein für angewandte Sozialarbeit", nach monatelangen Forderungen der "Initiativgruppe Jugendzentrum" und einer schnell geräumten Besetzung, die Gebäude in der Kornstraße 28 und 30. Das UJZ Kornstraße versteht sich seitdem als Aktionszentrum der außerparlamentarischen Bewegung. Eine Kneipe als öffentlicher Bereich, wurde aufgebaut. Ein Buchladen- Ernst Thälmann Buchladen (später heiß er Internationalismus Buchladen) - zieht ein.
1973 eröffnete der Kinderladen. Im Rahmen der "proletarische Jugendarbeit" wurde versucht arbeits- und wohnungslosen Jugendliche durch die gemeinsame Gestaltung ihrer Freizeit zu politisieren. Ab 1974 wurde das UJZ gefördert, da eine derartige "Sozialarbeit" kaum ehrenamtlich zu leisten war. Im Rahmen der "proletarischen Jugendarbeit" wurden Werkstätten aufgebaut. Der Versuch diese zu außerbetrieblichen Lehrwerkstätten zu machen scheiterte. Eine wichtige Rolle spielte die Antirepressionsarbeit, die sich mit Hilfe für "straffällig" gewordene Jugendliche beschäftigt. Außerdem wurde ein Wohnprojekt für Jugendliche aufgebaut. In dieser Phase spielte auch die Auseinandersetzung mit autonomen Arbeiter_innenkämpfen eine große Rolle. Solidarität mit Betriebsbesetzungen und anderen Projekten im Stadtteil nahmen viel Raum ein. Das Verhältnis zur Stadt war in dieser Phase durch die permanente Auseinandersetzung um die weitere Förderung geprägt.
Ab 1975 führte die Neuorientierung im Zentrum mitten hinein in die "neue" Anti-AKW-Bewegung. Ausgehend von den Protesten gegen eine mögliche Wiederaufbereitungsanlage im Lichtenmoor, wurde die "Korn" zum Mittelpunkt der hannoverschen Anti-AKW-Bewegung. Mit den Niederlagen der Anti-AKW-Bewegung in den Jahren '77 (Kalkar) und '78 (Grohndeprozesse) war auch das UJZ zum "Abschuß" freigegeben. Was sich schon mit dem alljährlichen Gefeilsche um die Förderung abzeichnete, setzte sich jetzt durch. Dem UJZ wurde 1979 auf Druck der Bezirksregierung und der Verwaltung die Förderung gestrichen.
Ab 1979 belebte eine neue Jugendbewegung, die zunächst als New-Wave-, dann als Punk-Bewegung auftrat, die Korn. Gleichzeitig schwappte eine breite Hausbesetzer_innenbewegung über das Land, so waren in Berlin über 100 Häuser besetzt und auch in Hannover kam es von 1979 bis '81 zu zahlreichen Hausbesetzungen. Mit den Protesten gegen die öffentlichen Rekrutengelöbnisse 1980 kam noch eine antimilitaristische Position hinzu, lange vor der "großen Friedensbewegung". In all diesen Kämpfen vertrat die Korn eine der radikalsten Positionen, die vom sozialrevolutionären Anspruch der neuen Jugendbewegung getragen wurde. Dies schlug sich auch in einer Eskalation der Repression gegen die Korn nieder. So war es auch kein Zufall, dass nach dem Rekrutengelöbnis und massiven Ausschreitungen und Plünderungen in der City die Korn gerazzt wurde.
Eine Mitarbeiterin des Zentrums wurde unter der politischen Maßgabe der Staatsanwaltschaft, "endlich jemand aus der Korn zu haben", zu 1 1/2 Jahren Knast verurteilt. Gleichzeitig kam es zu mehreren Ermittlungsverfahren gegen den Vereinsvorstand, wobei versucht wurde, ihn mit Hilfe von Konstruktionen wegen "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" zu kriminalisieren.
Das Jahr 1982 brachte eine weitere Veränderung. Der Pachtvertrag lief nach 10 Jahren aus. Das Zentrum wurde daraufhin von einer Immobilienverwaltungsgesellschaft gekauft, die von Mitarbeiter_innen des Zentrums gegründet worden war. Dies hatte zwei Folgen: Zum einen reduzierte es die Möglichkeiten der Einflussnahme staatlicherseits (Obwohl auch eine Enteignung ins Auge gefasst wurde), zum anderen wurde der ökonomische Druck auf das Zentrum erheblich erhöht.
Da
sich der "aktionsorientierte" Ansatz der 80er Bewegung sich
auf Dauer nicht aufrechterhalten ließ, zerfiel die Einheit der
Bewegung zunehmend. Einem sich entpolitisierenden und
konsumorientierten Kulturbereich stand ein sich zunehmend auf feste
Gruppen beziehender politischer Zusammenhang gegenüber. Während
dies auf der einen Seite die Zeit der Konzerte mit den großen
amerikanischen Punk- und Hard-Core-Bands sowie allwöchentlichen
Disko's war, waren es auf der anderen Seite vor allem Initiativen im
antimilitaristischen Bereich, wie gegen die IDEE-Militärmesse, die
Nato-Munitionstransporte, die "Bombenzüge", oder gegen die
Nato-Herbstmanöver.
Hinzu kamen noch unterschiedliche
Einschätzungen zu den "Chaos-Tagen". Während die ersten
Chaos-Tage unter dem Motto: „Gegen die Punker-Kartei“ noch
einhellig begrüßt wurde, gab es angesichts des Mottos der zweiten
(Punks uns Skins - United) scharfe inhaltliche Widersprüche. Als es
dann vor dem UJZ zu schweren Auseinandersetzungen zunächst zwischen
Nazi-Skins und Punks kam, danach mit der Polizei, war die Korn bei
den dritten "Chaos-Tagen" geschlossen.
Es gab
eigentlich nur zwei Momente, die der zunehmenden Zersplitterung
entgegenstanden. Zum einen entstand durch die zunehmenden Angriffe
von faschistischen Skinheads auf die Besucher_innen der Korn und auf
das Zentrum selbst, die Notwendigkeit, sich dagegen zur Wehr zu
setzen. Nachdem es durch gemeinsamen Widerstand gelungen war, die
faschistischen Angriffe auf die Korn zu stoppen und die Faschos dann
auch noch aus der Innenstadt zu vertreiben, stieß die Bewegung
aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausgangslage an ihre Grenze. Sie
stellte aber eine wichtige politische Erfahrung dar, als nach den
Pogromen von Hoyerswerda und Rostock und den Brandanschlägen von
Mölln und Solingen eine neue antifaschistische Bewegung entstand.
Das zweite Moment war die Sprengelbesetzung. Weit davon entfernt,
dass die Korn diese initiiert oder organisiert hätte, war die Korn
doch der Ort, wo sich viele, die dann die Besetzung durchführten,
sich getroffen, kennengelernt und diskutiert haben. Andersrum hat
sich die Vielfältigkeit von Sprengel belebend auf die Korn
ausgewirkt und es haben sich bis heute enge Beziehungen erhalten.
Das Jahr 1988 stellt einen weiteren Einschnitt dar. Die "Immobilienverwaltungsgesellschaft" war Pleite, die Zwangsversteigerung stand an. In dieser Versteigerung gelang es einem neuen Trägerverein, dem "Verein zur Förderung politischer Jugendkulturen" die Korn zu ersteigern. Dies hatte zunächst paradoxerweise die Folge, dass sich die ökonomischen Belastungen reduzierten. Wichtig war aber vor allem, dass im Entscheidungsprozess, hin zur Versteigerung, die Gruppe, die den kulturellen Bereich getragen hatte, aus dem Zentrum ausstieg. Damit war erstmals seit 1984 wieder die Spaltung des Zentrums aufgehoben.
1991 gelang zudem nach jahrelangem zähen Ringen, Sanierungsgelder für die Korn zu bekommen. Dies hieß nicht nur eine 2 1/2 jährige Bauphase, sondern eben auch eine moderne und umweltgerechte Heizung nach 1 1/2 Jahrzehnten Kohlenheizung, Lärmdämmung und überhaupt akzeptable räumliche Voraussetzungen für die weitere Arbeit. Natürlich war die Entscheidung, das erste Mal seit 1978 Staatsgelder in Anspruch zu nehmen, nicht einfach. Die Bedingung für die Gewährung der Gelder, die Festschreibung der Gebäudenutzung als Jugendzentrum und Kinderladen, kam unseren eigenen Zielen allerdings und war eingrenz- und einschätzbar, da mit keinerlei politischen Auflagen verbunden.
Die 90er waren wie schon angedeutet auch in Hannover durch das Entstehen einer neuen antifaschistischen Bewegung geprägt. In den letzten Jahren kamen zunehmend von antimilitaristische Aktivitäten hinzu.
Doch die damals entwickelten inhaltlichen und praktischen Schwerpunkte haben seitdem weitgehend Kontinuität. Konkret drückt sich dies in langjährig bestehenden Strukturen aus. 2 mal wöchentlich Vokü und Kneipe, eine türkische und eine deutsche Bibliothek/Infoladen, Party- und Konzertgruppen, ein Frauen- und zwei weitere Gruppenräume, Kinderladen uvm.. Außerdem konnte der Konzertraum ausgebaut werden. Neben den bereits erwähnten antifaschistischen und antimilitaristischen Gruppen wird die Korn von zahlreichen weiteren Gruppen genutzt. Feministische und antirassistische Gruppen nutzen die Korn ebenso wie globalisierungskritische oder Anti-AKW Aktivist_innen uvm.
Das Plenum hat sich zu einem kollektiven Entscheidungsgremium entwickelt, das die Gruppen- und Bereichsübergreifende Hintergrundarbeit macht. Seit 2003 bekommt die Korn von der Stadt, eine nicht an politischen Bedingungen geknüpfte, teilinstitutionelle Förderung, in Höhe von jährlich 31.000 € für eine Stelle mit 29 Stunden. Organisatorisch und finanziell steht die Korn auf gesicherten Füßen. Alle laufenden Kosten können aus Eigenmitteln gedeckt werden und die alten Kaufkredite sind 2010 ausgelaufen.
Gleichzeitig nutzt in allen drei Projektlinien (sozial, kulturell, politisch) eine steigende Anzahl von Menschen und Gruppen die Korn und ihre Infrastruktur für ihre Arbeit.
38 Jahre nach dem Entstehen und 23 Jahre nach dem Kauf läuft es so gut, dass es mittlerweile häufig zu eng wird. Zu den Voküs kommen so viele Leute, dass zumindest bei schlechtem Wetter, der Platz nicht für Alle reicht und das Kochen in der kleinen Küche zur Herausforderung wird. Auch die Gruppenräume stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. An manchen Tagen sind einfach alle Räume belegt und es ist nicht mehr möglich zusätzlichen Gruppen Räume für Treffen anzubieten. Außerdem brauchen wir einen zweiten Veranstaltungsraum, Archivräume und mehr Toiletten.
Ganz zum
Schluss hätten wir dann noch einen kleinen Überschuss an Platz. Auf
alten Aufklebern hieß es „UJZ Korn ein Haus mit vielen (T)Räumen“.
Es braucht Raum um träumen zu können. Wo schon jeder m² verwaltet
ist, bleibt kein Platz dafür.
Deshalb wird es Zeit zu
wachsen.
Seit einiger Zeit steht das Haus neben dem UJZ, die
Kornstr. 32, leer.
Wir haben uns deshalb entschlossen:
Wir
wollen es kaufen!!
Die
finanzielle Unabhängigkeit der Korn ist eine wichtige Voraussetzung
um Raum für selbstorganisierte und emanzipatorische Projekte zur
Verfügung stellen zu können. Wenn für den Kauf des Nachbarhauses
einen neuer Kredit aufgenommen wird, helfen viele kleine, monatliche
Spenden, langfristig zu planen, die Korn zu erweitern und dabei
unabhängig zu bleiben. Wenn auch du willst, dass es mehr Raum für
widerständige Politik und unkommerzielle Kultur gibt, unterstütze
die Korn mit einer kleinen monatlichen Spende, in einer Höhe deiner
Möglichkeiten! Fülle dafür das Lastschriftmandat aus und gib es zu
den Bürozeiten (Mo. - Do. 10 - 15 Uhr) ab oder schicke es an
den:
Verein zur Förderung politischer Jugendkulturen
e.V.
Kornstraße 28 - 30
30167 Hannover.
Ausfüllhinweise:
die Mandatsreferenz füllen wir aus
Bic und IBAN findet ihr in der Regel auf eurer Bankkarte oder den Kontoauszügen. Ihr könnt aber auch die Kontonummer und die Bankleitzahl auf die Rückseite schreiben und wir suchen IBAN und BIC selber raus.
HAZ-Artikel zu den Erweiterungsplänen