Der Besitz der Gestörten - Mit dem heutigen Tag geht Hetze gegen die Wiener Wagenplätze in die nächste Runde!
Als
am heutigen Morgen des 03.11.2010 noch versucht wurde beim
Abschleppunternehmen Toman nähere Informationen über die Auslösung
unserer “Wohnungen” in Erfahrung zu bringen, wurde uns erneut gezeigt
wie respektlos und ignorant mit den Anliegen und in weiterer Folge auch
Gegenständen von Wagenleuten in Wien umgegangen wird.
Nicht nur dass
sich der verantwortliche Toman-Geschäftsführer Gerhard Zemina in den
Auskünften über die Auslösungsmodalitäten vermehrt in Widersprüche
verstrickt, es stellt sich auch heraus, dass einige Autoschlüssel,
mindestens ein Stromaggregat, sowie diverses Kleinzeug “verschwunden”
sind. Darüberhinaus wurden einige Wägen mit aufgedrehter Zündung
abgestellt; deren Starterbatterien sind nun komplett entladen und somit
ruiniert worden. Ein Bauwagen wurde anscheinend beim Hochheben wieder
auf den Boden fallen gelassen, ein größerer LKW vermutlich unsachgemäß
abgeschleppt, einer hängt nun verstörend schief in den Federn. Eine
genauere Feststellung von technischen Schäden ist natürlich erst bei
genauerer Begutachtung möglich. Zemina behauptet uns gegenüber, dass
sich zu keiner Zeit Toman-Mitarbeiter in den Fahrzeugen aufhielten –
dies ist jedoch durch Videomaterial und Augenzeugen eindeutig und
ausführlich widerlegt. Zu Beginn heißt es von seiner Seite, dass die
Wägen nur gegen die Barzahlung der Gesamtsumme der Abschlepp- und
Verwahrungskosten ausgefolgt werden, auf unseren Hinweis, dass doch die
PORR als Auftraggeberin die Kosten zu übernehmen hätte, folgt
widersprüchliches Gefasel dessen Bandbreite bis zu Aussagen wie “Holts
den Dreck halt endlich ab” reicht. Auskünfte über Auftraggeberin,
Geschäftsbedingungen, Verantwortlichkeiten oder Formalitäten wurden
verweigert.
Am frühen Nachmittag ereilte uns dann die frohe Botschaft der Besitzgestörten in Form zweier eingeschriebener Briefe.
Auf
der einen Seite wirft uns die PORR zusätzlich zur unangekündigten
Räumung, der zweifelhaften Abschleppung unserer Wohnfahrzeuge, sowie
der eigenmächtigen Vernichtung eines beträchtlichen Teiles unserer
Gebrauchsgegenstände, eine Besitzstörungsklage hinterher.
So wie es
im Moment aussieht, wollen die Herrschaften aus der Absberggasse 47,
Bartl, Hussian und Co., nun auch noch 4000.- € für ihr bescheuertes,
repressives Vorgehen gegen Zwischennutzungsbestrebungen von uns
abzocken. Dass diese für uns riesenhaft erscheinende Summe für den
Baukonzern nur Kleingeld ist, überrascht wohl niemanden. Dass die PORR
allerdings auch nicht davor zurückschreckt, Unsummen für reaktionäre
Besitzverteidigungsmaßnahmen auszugeben, beweist das Anfordern von ca.
100 PolizeibeamtInnen, über 10 Abschleppfahrzeugen, 2 LKW´s mit
Bauschuttmulden (in denen all unser zwangsweise zurückgelassenes Hab
und Gut “entsorgt” wurde), sowie mehrerer Bagger für die Rodung des
Grundstücks bis auf den letzten Strauch. Dort wächst kein Grashalm mehr.
Auf
der anderen Seite gibt es nun Neuigkeiten aus den Untiefen des in
Korruptionsverdacht stehenden ÖBB-Konzerns, welcher uns Ende Mai von
dem bis heute nicht genutzten Teilstück des Nordbahnhofs vertrieben
hatte. Auch damals sahen wir uns mit einer Besitzstörungsklage
konfrontiert, allerdings “einigten” wir uns mit der ÖBB-Anwaltskanzlei
Weissborn & Wojnar auf ein Vorgehen ohne Klage und kauften uns mit
der Zahlung von ca. 3000.-€ ans Anwaltsbüro von einer Verhandlung frei.
In einem an uns gehenden e-mail hieß es damals von Weissborn &
Wojnar: [...]“Bezüglich Ihrer telefonischen Anfrage vom 17.6.2010 teile
ich mit, dass meine Mandantschaft auf gerichtliche Titel besteht. Es
kann jedoch hier ähnlich einer außergerichtlichen Einigung derart
vorgegangen werden, dass die Verhandlungstermine durch Sie und Ihre
Mitstreiter unbesucht bleiben, dadurch ein Versäumungsurteil ergeht und
durch diese Vorgangsweise die auflaufenden Kosten gering gehalten
werden. Für diese Vorgangsweise belaufen sich die zu ersetzenden Kosten
mit € 324,78.”[...]
(pro Person).
Ein halbes Jahr dannach
scheint es nun doch zu einer Gerichtsverhandlung wegen Besitzstörung zu
kommen. Es stellt sich die Frage wohin unser hart entbehrtes Geld
verschwunden ist und mit welcher Begründung ein derartiges Vorgehen
gerechtfertigt sein könnte. Doch das wird sich noch weisen…
Und wer gießt fleißig Öl ins Feuer? Na eh klar, die Verantwortlichen der Wiener Stadtregierung!
Wie
letztens bekannt wurde, hieß es in SPÖ-Kreisen kurz vor der Räumung,
“…man werde vorerst einen Wagenplatz räumen lassen und sich dann einmal
anschauen, wie denn so das Medienecho sei, bevor die nächsten
nachfolgen sollen…” Die Konsequenzen dieses menschenverachtenden
Kalküls bekamen dann die Leute der Wagenburg Hafenstraße zu spüren, die
nach einer 15-Monatigen Duldung urplötzlich unter Androhung von
Zwangsmaßnahmen dazu aufgefordert wurden ihr Grundstück, welches sich
im Besitz der Stadt Wien befindet, binnen 24 Stunden zu
räumen.(siehe:http://hafenstrasze.wagenplatz.at/)
Der SPÖ-Mediator
Peter Florianschütz meinte noch vier Wochen vor der Räumung des
Treibstoff-Wagenplatzes: “…es zeichnet sich eine baldige Lösung ab, ich
melde mich sobald sich das konkretisiert…”
Wie sich die Phantasien des Möchtegernpolitikers konkretisiert haben, durften wir am eigenen Leib zu spüren bekommen.
Wir
betrachten es weiterhin als Schande für eine angeblich ach so offene,
moderne und tolerante Stadt, dass alternative Lebensformen mit der
vollen Härte der Repressionsmaschinerie kriminalisiert, vertrieben und in den Ruin getrieben werden sollen.
Es wird uns jedoch nichts von alledem davon abhalten, selbstverwaltetes Wagenleben in Wien zu ermöglichen und zu Leben!
Wir sind hier und werden nicht verschwinden!
Mit den Worten von Elfriede Jelinek:
“Eine Großstadt hat großzügig zu allen ihren
Bewohnerinnen und Bewohnern zu sein, und sie hat auch alternative
Lebensentwürfe zu respektieren. Sonst wird sie zur finstersten
Provinz.”