Am 17. Oktober suchten AktivistInnen der AJZ-Initiative Epsilon den SPD-Kultur- und Sozialbürgermeister Ullrich von Kirchbach am Stadttheater auf. Dieser befand sich auf dem Weg zu einer Rede, als die Jugendlichen ihn gegen 16:30 Uhr für ein spontanes Gespräch antrafen. Am Freitag Abend hatte die Stadtverwaltung Strafantrag gestellt, um eine erneute Besetzung des "Z" zu verhindern. Dem sprachlosen Bürgermeister wurde das Konzept der Initiative überreicht, die seit Monaten den Mangel an selbstverwalteten Einrichtungen für junge Leute beklagt und zumindest eine Übergangsnutzung der Räumlichkeiten des Ex-"Z" fordert.
Konzept der Initiative Epsilon für eine Zwischennutzung der Räumlichkeiten des ehemaligen „Z“:
Über uns
Wir, die Initiative Epsilon, sind eine basisdemokratische Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Wir wollen im ehemaligen Jugendzentrum “Z” ein selbstverwaltetes, unkommerzielles Jugendzentrum etablieren. Das ehemalige „Z“ steht seit knapp zwei Jahren leer, wir kritisieren diesen Leerstand und streben eine Zwischennutzung bis zu einem endgültigen Vertragsabschluss mit einem neuen Nutzer an. Bereits in der Nacht auf den 29. Juli 2010 haben wir in den Räumen eine Putz- und Aufräumaktion gestartet, um diese wieder nutzbar zu machen.
Selbstverwaltung
In erster Linie sollte das Jugendzentrum selbstverwaltet sein. Alle Entscheidungen und Regeln sollen basisdemokratisch, dem Konsensprinzip entsprechend, in wöchentlichen Plenen getroffen werden. An einem solchen Plenum können alle teilnehmen, die sich mit unseren Grundsätzen auseinandergesetzt haben. Allerdings wollen wir das Jugendzentrum nicht unter der Fahne einzelner Gruppierungen, wie Parteien, Vereinen, Verbänden oder Gewerkschaften sehen. Wir setzen uns gegen Rassismus, Faschismus, Sexismus, Ageismus, Hierarchien, Antisemitismus und andere Diskriminierungsformen jeder Art ein. Dies wollen wir auch in die Praxis umsetzen und ein Bewusstsein dafür schaffen, z.B. durch Workshops oder den Einsatz einer antisexistischen Gruppe auf Parties. Wir haben nicht vor, das Jugendzentrum wie das ehemalige „Z“ (Unter anderem: Afterhour- und Drogenparties, o.ä.) zu gestalten. Dies schließt auch ein, dass wir in den Räumlichkeiten keine illegalen Drogen oder übermäßigen Alkoholkonsum dulden.
Alle anfallenden Arbeiten, wie z.B. Putzen, kleinere Reparaturen, Sicherheitsdienst usw., wollen wir in Eigenregie bewältigen und vorhandenes Wissen weitergeben. Im Gegensatz zu anderen Bewerber_innen brauchen wir keine 60.000€, um Kultur- und Jugendarbeit in den Räumen zu ermöglichen. Wir benötigen lediglich die Übernahme der Kosten für Strom und Wasser und den Verzicht auf Miete. Für weitere Kosten würden wir selbst aufkommen. Mit einer Zwischennutzung wollen wir die laufenden Bauarbeiten nicht behindern. Im Gegenteil: wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit zukünftigen Nutzer_innen, sowie einer etwaigen Bauleitung.
Sicherheitsdienst
Die Sicherheit bei Veranstaltungen, bei denen ein Sicherheitsdienst nötig ist, soll durch ehrenamtliche Kräfte erledigt werden. Wir werden versuchen, dass die Hälfte der Personen, die an einem Abend den Sicherheitsdienst übernehmen wird, weiblich ist. Meistens wird diese leider notwendige Tätigkeit von Männern durchgeführt. Wir erhoffen uns, dadurch ein gewisses Aggressionspotential abbauen zu können.
Nutzung
Nutzen wollen wir die Räumlichkeiten auch für kulturelle, soziale und politische Veranstaltungen, nicht nur für Parties und Konzerte. Das Jugendzentrum sollte mindestens zwei Mal in der Woche mit einem regelmäßig stattfindenden Jugendcafé geöffnet sein. Aber auch außerhalb dieser Termine stellen wir uns Veranstaltungen wie z.B. Vorträge, Poetry Slam, Filmabende, Open Stage, Theatergruppenauftritte, Workshops, Ausstellungen, Erste Hilfe Kurse und Konzerte regionaler Bands vor. Wir streben an, auch Menschen mit Behinderungen mit einzubeziehen und eine Barrierefreiheit für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung zu schaffen. Einige Wände der Räume wollen wir für künstlerische Selbstentfaltung freigeben.
Unkommerziell
Aus dem Jugendzentrum soll keine_r persönlichen Profit erwirtschaften, weshalb wir die Finanzverwaltung in die Hände einer transparent arbeitenden Gruppe legen wollen, die wöchentlich beim Plenum ihren Bericht vorlegt. Die Eintrittspreise für Konzerte und Parties wollen wir bewusst niedrig halten, um Menschen, die finanziell benachteiligt sind, nicht auszuschließen. Ebenso wollen wir uns nicht durch Sponsor_innen finanzieren lassen. Wir bieten anderen Gruppen und Initiativen die Möglichkeit, Veranstaltungen – so lange sie sich im Rahmen unserer Grundsätze bewegen – durchzuführen. Möglichen Gewinn durch Veranstaltungen wollen wir an andere soziale Projekte spenden, die keine oder wenig finanzielle Möglichkeiten haben.
Finanzierung
Das Jugendzentrum soll sich selbst über Hausparties, Solidaritätsparties und Spenden finanzieren. Eine Party kann, wenn sie gut organisiert ist, über 2000€ einbringen. Dieses Finanzierungskonzept hat sich auch bei anderen unkommerziellen und selbstverwalteten Gruppen und Projekten in der Vergangenheit bewährt und würde das nötige Geld für die Nutzung des Jugendzentrums bereitstellen. Vor allem aber können wir die Kosten niedrig halten, da alle Arbeit (so weit wie möglich) ehrenamtlich erledigt wird.
Versicherungen
Es wurde angemerkt, dass die Räumlichkeiten nicht versicherungstechnisch abgenommen sind und es deshalb nicht denkbar sei, die Räume zu nutzen. Wir würden, bevor wir die Räume nutzen, entsprechende Versicherungen abschließen.
Kommunikation
Wir können den Anspruch der Stadt, eine_n Ansprechpartner_in zu haben gut nachvollziehen. Dem steht auch das Konzept der Selbstverwaltung nicht entgegen. Grundlage für die Kommunikation mit der Stadt ist ein öffentlicher Bericht des Plenums über die Geschehnisse in und um das Jugendzentrum. Zusätzlich dazu könnten, wenn Anlass besteht, klärende Gespräche mit Vertreter_innen der Stadt und des Plenums geführt werden. Keine_r soll von der Kommunikation ausgeschlossenen sein. Entscheidungsträger_innen sollen alle sein, die von der Entscheidung betroffen sind.
Initiative epsilon im September 2010