Nach Steinwürfen und Brandstiftung befürchtet die Polizei gewalttätige Demonstrationen, wenn Kanzlerin Merkel am Wochenende zu Besuch kommt.
Die Bremer Polizei ist in Alarmbereitschaft. Kurz vor den Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit am Wochenende häufen sich die Fälle von Sachbeschädigungen und Vandalismus. Bereits elf Vorfälle von Steinwürfen über Farbschmierereien bis zu Brandstiftung rechnet die Polizei dem autonomen Spektrum zu. Weitere Anschläge werden befürchtet. Denn im Internet rufen linksextreme Gruppierungen unter dem Motto "Hauptsache es knallt“ zu Gewaltaktionen vor und während der Einheitsfeier auf.
Im Blog der "Antifa Syke“ heißt es: "Unser Anliegen besteht darin, die Einheitsfeier zu einem Desaster zu machen.“ Es wird zu Sabotageakten aufgerufen, zu Aktionen mit „Farbe, Glasbruch, Buttersäure“. Zu der Antifa-Demonstration am Samstag, 2. Oktober, ab 16.30 Uhr vor dem Hauptbahnhof haben die Veranstalter 2000 Menschen angemeldet. „Wir sind sensibilisiert“, sagt Werner Wick von der Senatspressestelle, die die Einheitsfeier mitorganisiert.
Die Drohungen im Internet werden auch von der Polizei ernst genommen. Die Polizei reagiert mit dem Einsatz von bis zu 3000 Beamten. „Wir wollen gut aufgestellt sein“, sagt Ronald Walther von der Polizei Bremen. Schließlich gelte es, hochrangige Gäste zu schützen. Zu den Feierlichkeiten werden auch Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) erwartet.
Richter haben Bereitschaftsdienst
Als vor 16 Jahren die Einheit in Bremen gefeiert wurde, war es zu Ausschreitungen und Plünderungen von Geschäften gekommen. „Das wollen wir dieses Mal verhindern“, sagt Walther. Für alle Fälle haben mehr Staatsanwälte und Richter als üblich Bereitschaftsdienst. Statt zwei Richter, sind es an diesem Wochenende zehn, sagt Amtsrichterin Ellen Best. Auch fünf Staatsanwälte haben zusätzlich Dienst.
Vor allem Sponsoren der Einheitsfeier werden im Internet bedroht. Die bisherigen Anschläge richteten sich meist gegen Firmen oder Einrichtungen in Bremen, die sich an der Organisation der Feier beteiligen. Gegen Scheiben des Weserhauses, in dem auch Radio Bremen seinen Sitz hat, wurden Pflastersteine geworfen. Auf einem Stein stand laut Polizei “03.10.“. Der Sender reagiert nun mit verstärkten Sicherheitsvorkehrungen.
Weitere Vorfälle: Am vorigen Wochenende brannte es auf einem Recyclinghof, Unbekannte hinterließen die Botschaft: „3.10. riot“ (Randale). Im Bremer Steintor wurden Schaufensterscheiben von Geschäften mit Farbe beschmiert. Auch eine Bankfiliale in Bremen-Schwachhausen sei bereits betroffen gewesen, sagte Polizeisprecher Dirk Siemering. Auf der Sielwallkreuzung errichteten am Freitagabend 100 bis 150 Personen brennende Barrikaden.
2,1 Millionen Euro für Sicherheit
Insgesamt gibt Bremen für die Sicherheit während der dreitägigen Einheitsfeier 2,1 Millionen Euro aus, mehr Geld als für die Feier selbst, die vom Senat mit 1,7 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln veranschlagt wird. Einer der größten Posten bei der Sicherheit sei die Unterbringung der auswärtigen Polizeibeamten, sagt der Sprecher des Innenressorts, Gausepohl. Zudem gibt es rund 100 private Ordnungskräfte, die auf dem Festgelände eingesetzt werden.
Eine andere Demonstration am Samstag ab 14.00 Uhr vor dem Theater am Goetheplatz bereitet der Polizei weniger Sorgen. Die Veranstaltung mit 200 Menschen soll eine Demonstration mit Kunstcharakter werden. Angeführt von einem Militärfahrzeug werden Klänge aus der Brecht-Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ zu hören sein.
Trotz der Bedrohungslage ist Werner Wick aus der Senatspressestelle optimistisch. Er geht davon aus, dass die Einheitsfeier, zu der in der Innen- und der Überseestadt mehrere 100.000 Besucher erwartet werden, friedlich verläuft. Auch bei anderen Einheitsfesten, etwa in Hamburg, habe es Demonstrationen gegeben, die aber ohne größere Störungen abgehalten wurden. Innenressortsprecher Gausepohl sagt, fraglich sei, wie viele Protestler nach Bremen kommen. Es gebe auch noch die Einheitsveranstaltungen in Berlin. Vielleicht fahre ja mancher Demonstrant eher dorthin.