Übersee - Die Kritik am geplanten Auftritt des extrem schwulenfeindlichen "Künstlers" Sizzla am Chiemsee Reggae Summer reisst nicht ab. Linke Gruppen aus Oberbayern, Salzburg und Tirol werden in unmittelbarer Nähe zum Festival deshalb Infostände und eine Kundgebung durchführen und dabei auch die Problematik sexueller Übergriffe und sexualisierter Gewalt bei derartigen Großveranstaltungen thematisieren.
Eine breite Medien- und Internet-Debatte über Reggae und Homophobie, also den Hass auf Schwule und Lesben, hat sich am Fall Sizzla entwickelt. Weitgehend unbeeindruckt davon zeigte sich bislang die veranstaltende CRP-Konzertagentur GmbH. Sie hatten vor einigen Monaten sogar erklärt den "Künstler", der in seinen Liedern auch zum Mord an Schwulen aufruft, ganz bewusst gebucht zu haben - obwohl es bereits in den Vorjahren massive Kritik an Sizzla und anderen Acts mit verlgeichbaren Botschaften gegeben hatte.
Auch das rabatz-bündnis linker Gruppen aus der Region hatte 2009 in einem "Offenen Brief" darauf hingewiesen. "Unsere Anfragen und Apelle an die Veranstalter_innen blieben allerdings nicht nur unerhört, sondern auch unbeantwortet," so Anna Jade, Sprecherin der Bündnisses. "Deshalb sehen wir uns genötigt dieses Jahr den direkten Kontakt zu Publikum und Festival zu suchen und über die Schattenseiten des Festivals aufzuklären."
Zu diesen zählt ihrer Ansicht auch die sexualisierte Gewalt am Festival. Deren Ausprägung liese sich zwar schwer beziffern. Doch die vergleichsweise vielen angezeigten Vergewaltigungen und Sexualdelikte am Chiemsee Reggae deuten darauf hin, dass die Problematik dort sehr verbreitet ist. Deshalb forderte das Bündnis auch ein "Konzept zur umfassenden Information im Vorfeld und für eine qualifizierte Unterstützung Betroffener sexualisierter Gewalt". Bereits 2009 brachte das RABATZ-Bündnis die "Sichere Wiesn" aus München als mögliche Strategie ins Gespräch. "Die fachlichen Konzepte existieren und die CRP Konzertagentur hätte jetzt ein Jahr Zeit gehabt zu reagieren. Schlussendlich wäre es wohl nur eine Frage des Geldes, das den Veranstalter_innen wohl wichtiger ist als aktiv etwas gegen sexuelle Übergriffe zu unternehmen," beschwert sich Jade.
Bei den Veranstalter_innen sei das Bündnis bislang lediglich auf absolute Ignoranz gestoßen. Deshalb wurde in diesem Jahr der Weg aktiver Präsenz am Reggae Festival gewählt und zwar für das gesamte Wochenende. Ein Aktionskonzept aus Infoständen, Vorträgen und einer Kundgebung am Samstag, den 28. August, soll die Besucher_innen direkt erreichen. Jade gibt sich zuversichtlich: "In den letzten Monaten haben wir schon viele bislang uninformierte Reggae Fans erfolgreich sensibilisieren können." Auch eingefleischte Fans seien sich der Problematik oft durchaus bewusst. Doch auch unterschiedliche Ansichten gebe es: "Uns geht es nicht primär darum, dass auf Gewaltaufrufe verzichtet wird. Die Ablehnung von Homosexualität und die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, »Bis« und Transgender sind eben keine Meinung, sondern schlicht ein menschenverachtendes Ressentiment. Dagegen und für eine befreite Gesellschaft jenseits von Heteronormativität und Patriarchat treten wir ein," ergänzt Jade.
Wer sich dem Wunsch nach einer Reggae-Szene ohne Homophobie und Sexismus anschließen könne, ist deshalb aufgerufen, am Samstag, den 28. August, ab 12.00 Uhr zur Kundgebung zu kommen. Angemeldet ist diese nahe dem Haupteingang des Chiemsee Reggae Summers. Von Freitag bis Sonntag wird dort täglich von mittags bis in die Abendstunde eine Kundgebung mit Infostand stattfinden.