BZ: "Bild" verbreitet Panik – doch die Anti-Nato-Demo bleibt friedlich

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Erstveröffentlicht: 
01.04.2009

Freiburg steht noch, die Stadt wurde nicht in Schutt und Asche gelegt. Die Leser der Bild -Zeitung müssen einen Tag nach der Anti-Nato-Demo gewundert haben. Denn das Blatt hatte zuvor alle verfügbaren Teufel an die Wand gemalt.



Vom "Chaoten-Krieg" war die Rede, von Krawallmachern, die Pflastersteine und Brandsätze werfen und Geschäfte plündern wollten. Gar nichts von alledem ist – erwartungsgemäß – passiert. Beide Seiten, Polizei und Demonstranten, zeigten sich am Ende mit der friedlichen Demo im Großen und Ganzen zufrieden.

 

All die "Bild"-Phantastereien hatten dennoch Folgen: Viele Geschäftsleute waren tief verunsichert, etliche Läden in der Innenstadt schlossen am Montag früher als üblich. Mit Holzplatten vernagelte Schaufenster, die einige Medien (und auch die Bild vom Dienstag) meldeten, hat es aber nicht gegeben. Viele Geschäftsleute blieben so gelassen wie Michael Walter von der Löwen-Apotheke am Bertoldsbrunnen, die beim Demoauftakt mitten im Geschehen lag. Weil dort der Weg von der Salzstraße auf die Kaiser-Joseph-Straße von Demonstranten, Polizisten und Zuschauern versperrt war, nutzten viele die Apotheke als Durchgang: zur einen Tür rein, zur anderen raus – manche schoben sogar das Rad durch: "Es ist doch spannend hier", so der Apotheker. Groß wie selten war das Medienaufgebot in der Stadt. Interessant zu beobachten: Einerseits forderten die Demonstranten auf Pappschildern "Keine Kameras", andererseits inszenierten die Clowns für die Fotografen ihre Choreographie.


Eingerahmt wurde der Protestzug von mehr als 2000 Teilnehmern vom größten Polizeiaufgebot, das Freiburg – so sahen es Demo-erfahrene Beobachter am Straßenrand – seit der Dreisameck-Räumung vor knapp 30 Jahren gesehen hat. Die Zahl der eingesetzten Beamten nannte die Polizei nicht. Bis auf die vorübergehende Festnahmen von sechs Demoteilnehmern – Polizeieinsatzleiter Harry Hochuli: "einige Unbelehrbare" – verlief der Protestzug weitgehend friedlich. Die Polizei hatte immer Ansprechpartner, bei der Route fand sich ein Kompromiss mit Auflösung des Zuges im "Grün". Beide Seiten agierten besonnen. Die Polizei hatte Anti-Konflikt-Teams in leuchtend gelben Westen im Einsatz. "Das hat sicher zur Deeskalation beigetragen", meinte am Ende Dieter Schneider, Generalinspekteur der Polizei Baden-Württemberg.

Als überdimensioniert empfand Coinneach McCabe, Stadtrat der Grünen Alternative, das Polizeiaufgebot und sprach von einer "fast schon kriegerischen Situation". Der Zug löste sich im "Grün" in einem Straßenfest auf, es gab vegetarisches Chili aus der "Volxküche". Es blieb friedlich. Bild lag da übrigens wieder völlig daneben: "Für die Nacht wurde mit Übergriffen aus der Chaotenszene gerechnet", stand dort am Dienstag.