UN: Konzerne scheren sich einen Dreck: "Natürliches Kapital vernichtet"

Jüngstes Beispiel für Vernichtung natürlichen Kapitals: Die Explosion der "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko und das Krisenmanagement von BP.
Erstveröffentlicht: 
13.07.2010

Die Vereinten Nationen klagen an: Den meisten Großkonzernen sei die massive Zerstörung der Umwelt völlig egal. Allein die 3000 wichtigsten Unternehmen verursachten Umweltschäden von fast 2 Billionen Euro. Und der "Raubbau an der Natur" setze sich ungebremst fort: "Ein sechstes globales Massensterben hat begonnen."
Die Vereinten Nationen werfen den großen Konzernen der Welt beim Umweltschutz schwere Versäumnisse vor. "Das natürliche Kapital der Welt wird im großen Stil vernichtet", warnte UN-Umweltchef Achim Steiner im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung". Allein die 3000 wichtigsten Unternehmen verursachten Umweltschäden von fast zwei Billionen Euro im Jahr. Dies belegt eine UN-Studie, die heute in London veröffentlicht wird.

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko steht laut UN für weit mehr als die Probleme eines einzelnen Konzerns: Denn noch immer schenke die Wirtschaft weltweit dem Natur- und Artenschutz kaum Beachtung. "Der Raubbau an der Natur durch die Wirtschaft setzt sich seit Jahren ungebremst fort", kritisiert Steiner. Wildnis, Arten, Lebensräume und Ökosysteme verschwänden in nie dagewesenem Tempo. Eine aktuelle UNEP-Schätzung kommt zu dem Ergebnis, dass die Arten heute 100-mal schneller aussterben, als es die Evolution vorgibt. "Ein sechstes globales Massensterben hat begonnen", warnen die Experten des UN-Umweltprogramms.
Unternehmen unterschätzen Folgen

In internationalen Großkonzernen löst diese Bedrohung der UN-Studie zufolge aber kaum Besorgnis aus. Nur zwei der hundert größten Konzerne haben sich demnach den Erhalt der Ökosysteme als strategisches Ziel zugeschrieben. Von 1100 internationalen Top-Managern fürchtet nur jeder Vierte, Artensterben und der Verlust ganzer Ökosysteme könnten das eigene Geschäft beeinträchtigen. "In vielen Konzernen gilt noch immer die Devise: Natürliche Ressourcen sind unerschöpflich. Dabei müssen wir längst schmerzhaft spüren, dass das nicht mehr stimmt", sagt UNEP-Chef Steiner.

Die Vereinten Nationen beziffern die Umweltschäden, die allein die 3000 größten Unternehmen der Welt durch den Missbrauch natürlicher Ressourcen, durch Verschmutzung von Luft oder Gewässern sowie das Aussterben von Arten verantworten, auf 1,7 Billionen Euro. "Viele Volkswirtschaften sind noch immer blind für den enormen Einfluss der Artenvielfalt von Tieren, Pflanzen und anderen Lebensformen und ihre Rolle für die Funktion des Ökosystems", kritisierte Steiner. Das betreffe Wälder und Trinkwasservorräte ebenso wie den Boden, die Ozeane und die Atmosphäre.