Wie weit geht das "politische Mandat" von Studentenvertretern? Das Land plant genau dazu eine Präzisierung im Gesetz. Studenten laufen dagegen Sturm. Die Ministerin weist Vorwürfe zurück.
Von Axel Habermehl und Jens Schmitz
Die Landesregierung stößt mit ihrem Plan, den Verfassten
Studierendenschaften das politische Mandat zu entziehen, auf Kritik.
"Theresia Bauer begeht Verrat", kommentierte die
Landesstudierendenvertretung. Bauers Ressort erklärte per
Pressemitteilung erneut, es gebe keine Beschneidung des Aufgabenfelds:
"Die Inhalte des Mandats bleiben vollumfänglich erhalten", erklärte das
grün geführte Ministerium. "Wir streichen einen Begriff, aber keine
Kompetenzen."
Der Koalitionspartner widerspricht: "Das ist keine Wortklauberei",
beharrte CDU-Hochschulexpertin Sabine Kurtz. "Sonst hätten wir nicht so
lange darum gerungen." Die BZ hatte am Freitag enthüllt, dass die Union
zur Reform des Landeshochschulgesetzes ein symbolträchtiges Zugeständnis
ertrotzt hat: Die Formulierung vom "politischen Mandat", 2012 von Bauer
unter Rot-Grün eingeführt, soll fallen (Hintergrund).
Wie indirekt darf ein Bezug sein?
Offiziell dürfen sich die Verfassten Studierendenschaften nur zu hochschulpolitischen Fragen äußern. In der Praxis hat sich ein Streit entwickelt, wie indirekt ein Bezug sein darf. Vertreter eines liberalen Verständnisses meinen, dass Mittelknappheit an Universitäten Studenten legitimiere, sich zu üppigen Rüstungsetats und geostrategischen Fragen zu äußern.
Bauer hat diese Unschärfe befördert, als sie 2012 im Gesetz auf dem allgemeinen Wort vom "politischen Mandat" beharrte, obwohl ein Gutachten der Opposition explizit riet, ein "hochschulpolitisches Mandat" zu verankern. Im Landtag sagte die Ministerin, Studenten sollten sich für ihre Belange und für hochschulpolitische Themen "in einem umfassenden Sinn" einsetzen können; außerdem garantiere ihre Formulierung Rechtssicherheit. Jetzt ist von einer notwendigen Präzisierung die Rede.
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag, Andreas Stoch, sagte: "Grün-Schwarz will den Studierenden nun wieder einen politischen Maulkorb verpassen." Der Deutsche Gewerkschaftsbund verkündet: "Der DGB lehnt den Anschlag auf die studentische Mitbestimmung durch eine Beschränkung des politischen Mandats der Verfassten Studierendenschaft entschieden ab", erklärte Vize-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf.
Der neue Gesetzestext beinhalte unter anderem die Aufgabe nicht mehr, sich für die Belange der Studierenden in einem gesellschaftlichen Kontext einzusetzen, heißt es in einer Stellungnahme von Studierendenräten in Freiburg und Heidelberg sowie dem Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften (FZS). "So wäre beispielsweise auch die Möglichkeit sich gegen die Wohnungsnot in vielen Hochschulstandorten einzusetzen nicht mehr gegeben."
Bauers Rücktritt gefordert
Der Sprecher der Landesstudierendenvertretung fordert Bauers Rücktritt: "Die geplante Abschaffung des politischen Mandats sorgt für große Rechtsunsicherheit und hat das Ziel, die Studierendenschaften mundtot und handlungsunfähig zu machen", erklärte Fabian Wiedenhöfer.
Bauer steht derzeit ohnehin wegen ihrer Rolle in der Zulagenaffäre unter Druck: Ein Untersuchungsausschuss prüft Vorgänge an der Hochschule Ludwigsburg, wo Professoren zu Unrecht Zahlungen erhalten haben sollen. An der Hochschule Konstanz soll es ähnliche Vorgänge gegeben haben.