Gericht genehmigt Neonazi-Festival

Erstveröffentlicht: 
13.07.2017

Ein von der Splitterpartei "Der Dritte Weg" beworbenes Konzert darf als politische Versammlung stattfinden. Landwirte wehren sich noch dagegen. Von Jens Eumann

 

Themar. Kurz bevor am Samstag im thüringischen Themar das bundesweit größte Neonazi-Konzert des Jahres stattfinden soll, haben die Behörden des zuständigen Landkreises Hildburghausen eine Schlappe einstecken müssen. Der Kreis hatte das Festival unter dem Motto "Rock gegen Überfremdung" nicht als politische Versammlung zulassen, sondern wie eine kommerzielle Veranstaltung behandeln wollen. So erhoffte man sich mehr Raum zur Intervention. Doch entschied das Verwaltungsgericht Meiningen und gestern auch das Oberverwaltungsgericht Weimar, das von der Splitterpartei "Der Dritte Weg" beworbene Konzert sei eine Versammlung.

 

"Genaue Gründe werden morgen schriftlich zugestellt", sagte der Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichtes Weimar, Hans-Peter Hüsch, gestern der "Freien Presse". Der Entscheid ist nicht anfechtbar. Doch stehe es Behörden nun frei, Auflagen zu erteilen. "Etwa wie viele Ordner gestellt werden müssen", so Hüsch.

 

Wegen der in der Neonazi-Szene Kultstatus genießenden Haupt-Bands "Lunikoff-Verschwörung" und "Stahlgewitter" werden am Samstag bis zu 5000 Besucher erwartet. Neben dem Vorstoß der Behörden machten sich auch örtliche Bauern gegen den Neonazi-Rock stark. Der Landwirtschaftsbetrieb Weißbachtal Agrar, der die fraglichen Flächen regelmäßig mäht, hat gegen die Fremdnutzung Antrag auf eine einstweilige Verfügung gestellt. Der Eigentümer des Grundstücks bestreitet aber, mit diesem Agrarbetrieb jedwede Vertragsbindung zu haben. Eigner der Flächen ist der Bürgermeister des benachbarten Ortes Grimmelshausen, Bodo Dressel. Bisher war er AfD-Mitglied. Nach Informationen der Zeitung "Thüringer Allgemeine" trat er aber im Zuge des Streits aus dem Kreisverband aus.

 

15 Bürgermeister benachbarter Gemeinden haben inzwischen zum Protest gegen das Neonazi-Festival aufgerufen. Nach Einschätzung von Kerstin Köditz ein richtiger Schritt. "Problem ist oft die Mentalität des Wegguckens", urteilt die sächsische Landtagsabgeordnete der Linken. "Bürgermeister hoffen einfach, dass keiner etwas merkt, damit der Ruf ihres Ortes nicht leidet. Das ist der falsche Weg", sagt Köditz, die die hiesige Landesregierung monatlich mit Anfragen zu rechtsextremen Umtrieben löchert: zu Konzerten, zu Demos, zu Straftaten. Erst im Mai trat der rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke im Erzgebirge auf. "Und in Staupitz in Torgau finden ständig Konzerte unter den Augen der Behörden statt", bemängelt Köditz. Allerdings erreichen diese nicht die Größenordnung des anstehenden Festivals.

 

In diese Richtung bewegte sich aber zeitweise das Neonazi-Festval im vogtländischen Zobes, das bis 2015 stattfand. Die NPD-Kreisrätin Beatrix Rink hatte Flächen zur Verfügung gestellt. Kämen private Flächen ins Spiel, werde es für Behörden schwer, räumt Köditz ein. "Aber auch mit Kontrollen im Umfeld kann man viel machen", findet sie. "Hat da jemand verbotene CDs im Auto? Oder Werbematerial, das darauf hindeutet, dass die Rechtsrock-Vereinigung 'Blood & Honour' weitergeführt wird?", zählt Köditz auf. Blood & Honour ist seit dem Jahr 2000 bundesweit verboten.