Stillstand bei den Verhandlungen um die Zukunft des Westwerks

Erstveröffentlicht: 
30.06.2017

Seit März ist es still um das soziokulturelle Zentrum im Leipziger Westen geworden. Laut Verwalter Peter Sterzing sind die Gespräche mit der Initiative „Westwerk retten“ inzwischen im Sande verlaufen. Fest steht bisher nur, dass ein Parkdeck entsteht.

 

Leipzig. Es ist still geworden um das Westwerk. Aus dem soziokulturellen Zentrum in Plagwitz drangen zuletzt im März Neuigkeiten an die Öffentlichkeit. Da verkündete die Initiative „Westwerk retten“ ihre ersten, wenn auch noch groben Pläne, um das kreative und nicht-kommerzielle Wirken der Westwerk-Mieter zu erhalten.

 

Nachdem der Galerie „Westpol“ sowie der Hacker-Vereinigung „Sublab“ Anfang 2017 gekündigt wurde, ging ein Aufschrei durch die kreative Szene. Weitere Mieter fürchteten um ihre Räumlichkeiten. Von drastischen Mieterhöhungen und einer Umstrukturierung des Westwerks – samt Supermarkt, Billardclub und Parkhaus – war die Rede. Eine komplizierte Angelegenheit, in der sich Verwaltung und Mieter gegenseitig Vorwürfe machten: Intransparenz, Kommerzialisierung, keine Bereitschaft zu Gesprächen. 

 

„Es braucht mehr als nur eine grobe Idee“


Im Fokus und auf der einen Seite des Verhandlungstisches stand damals Peter Sterzing, Verwalter des Westwerks. Wohlgemerkt: stand. Denn seit April seien keine Gesprächsrunde mit Vertretern der Initiative zustande gekommen. „Seitdem ist das Ganze im Sande verlaufen.“ Anfangs habe es noch den Versuch gegeben, die Interessen der betroffenen Mieter gebündelt zu formulieren. So seien weitreichende Forderungen und Vorstellungen entstanden, unter anderem die Idee einer Vermietung des gesamten Pferdehauses unter einem Interessenverband, der dann die einzelnen Räume weitervermieten wollte.

 

Doch klare Möglichkeiten und Strukturen einer langfristigen Nutzung waren laut Sterzing nicht erkennbar, auch beteiligten sich an den Gesprächen viele Dritte, die Sterzing bis dahin unbekannt waren. „3000 Quadratmeter, die dann an ganz unterschiedliche Menschen mit sehr heterogenen und individuellen Vorstellungen und Wünschen untervermietet werden sollen – dafür braucht es mehr als nur eine grobe Idee.“ Ähnliches beim später entstandenen Vorschlag für eine dauerhafte Kulturetage im Pferdehaus: Auch hier hätte nicht viel mehr als die Idee bestanden. 

 

Parkdeck ist sicher, Billardhalle noch nicht


Immerhin gebe es inzwischen Gespräche mit einer Nachfolgervereinigung des Sublab. Bestätigen kann Sterzing auch, dass in der Alten Mensa schon Sanierungsarbeiten für die Billardhalle begonnen haben, in Stein gemeißelt sei jedoch noch nichts: „Es sieht so aus, dass die Halle kommt, sicher ist das aber noch nicht.“ Im Gegensatz zum zweigeschossigen Parkdeck mit Platz für 50 Autos und einem begrünten Dach, das definitiv entstehen wird.

 

Auf die Frage, ob es im Westwerk auch weiterhin Platz für kreative und nicht-kommerzielle Akteure geben werde, hat Sterzing eine klare Antwort: „Wichtig ist nur, dass die Miete gezahlt wird. Ich kann niemandem vorschreiben, wie er die Grundlage seines Mietverhältnisses zu gestalten hat, solange dies rechtlich und sicherheitstechnisch machbar ist. Wir stehen guten Projekten immer offen gegenüber.“ Das Problem: „Es meldet sich niemand mehr bei mir.“ 

 

Initiative arbeitete an Konzepten


Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches: Die Initiative „Westwerk retten“. Die resümiert inzwischen: „Durch die außerordentlich zäh verlaufende Verhandlungen und verstärkte Ressourcenknappheit, die das ehrenamtliche Engagement mit sich bringt, hat sich die Fertigstellung eines neuen Konzeptes leider stark verlangsamt." Am Anfang standen eine Demonstration mit 1500 Teilnehmern und mehrere öffentliche Strategietreffen. Doch auch hier wurde bald klar, dass es schwierig wird, die Interessen so vieler verschiedener Mieter unter einen Hut zu bringen. Zumal sich nicht alle an den Treffen und damit einer Konzeptentwicklung beteiligten.

 

Auf einige Eckpunkte konnte man sich dennoch einigen: Die Mieten sollten sich „an realökonomischen Anforderungen aber auch am individuellen Charakter“ der Mieter orientieren, denkbar seien Querfinanzierungen und solidarisch organisierte Mietpreise. Das Ziel: Eine Mischnutzung kommerzieller, kreativ-kultureller und sozialer Angebote. Das dauerhafte Modellprojekt, das im Pferdehaus entstehen sollte, sollte die Vorteile dieser Mischnutzung beweisen. Sterzing habe sich nach anfänglicher Zurückhaltung zumindest einer Kulturetage gegenüber offen gezeigt und der Initiative sogar Zahlen und Grundrisse übergeben. Zunächst wurde auch die Alte Mensa wegen deren Räumlichkeiten in das Konzept miteinbezogen. 

 

„Keine wirkliche Kooperationsbereitschaft“


Dann funkte die Billardhalle dazwischen. Lange war unklar, ob die tatsächlich in die Alten Mensa einziehen würde, es gab sowohl Dementi als auch Bestätigungen. Nachdem einer der Mieter entdeckte, dass der Betreiber schon mit den Sanierungsarbeiten begonnen hatte, wurde beschlossen, das Konzept umzuschreiben – diesmal ohne die Alte Mensa. Nun sollte zumindest eine Kulturetage mit einem offenen Kiezcafé entstehen.

 

Mehr als ein Viertel Jahr später scheint sich auf Seiten der Initiative Resignation breit gemacht zu haben. Fortschritte wurden trotz mehrerer Gesprächsrunden bisher nicht erzielt. Der Eigentümer des Westwerks, Christian Voigt, sei trotz mehrfacher Einladung bei keinem Treffen erschienen. „Es gibt keine wirkliche Kooperationsbereitschaft seitens der Verwaltung und des Eigentümers“, meint eine Nutzerin des Westwerks. Das habe sich auch auf das Engagement der Initiative niedergeschlagen. "Es ist schwierig, neben Beruf, Familie und dem Projekt, das man ja eigentlich im Westwerk verwirklichen will, zusätzlich mit diesen Verschleppungstaktiken und mangelnden Informationen seitens der Verwaltung umgehen zu müssen."

 

von Christian Neffe