Initiativkreis will Rückkehr zur dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen

Erstveröffentlicht: 
27.06.2017

Die Zahl neuer Asylbewerber in Leipzig sinkt – und damit auch die Nachfrage nach Unterbringungsplätzen. Statt Flächen für den Notfall zurückzuhalten, sollte die Stadt die dezentrale Unterbringung vorantreiben, fordert der Initiativkreis Menschenwürdig.

 

Leipzig. Mehr als 60 Prozent der in Leipzig bereitgestellten Plätze in Asylunterkünften stehen momentan leer. Der Initiativkreis Menschenwürdig nimmt das zum Anlass, eine dezentrale Unterbringung von der Stadt zu fordern. Geflüchtete sollten demnach nicht in großen Unterkünften am Stadtrand, sondern in kleinen Wohneinheiten über das gesamte Stadtgebiet verteilt leben. Das Unterbringungskonzept der Stadt Leipzig aus dem Jahr 2012 habe ohnehin einen Abbau von Massenunterkünften vorgesehen, hieß es in einer Meldung vom Dienstag.

 

„Das Ziel war und muss bleiben, dass Asylsuchende in Leipzig ein selbstbestimmtes, menschenwürdiges Leben im eigenen Wohnraum ermöglicht wird“, so ein Sprecher. Statt Geld in Baumaßnahmen für zentralisierte Unterkünfte am Stadtrand zu stecken, sollten Mittel in sozialen Wohnungsbau und „den Ausbau von sozialer Unterstützung“ fließen. Dazu müsse in erster Linie die soziale Betreuung der Flüchtenden auch in der dezentralen Unterbringung ermöglicht werden. Den Menschen müsse auch besser bei der Suche nach Wohnungen geholfen werden – dazu brauche es mehr Stellen. Von der Stadt fordert der Initiativkreis die sogenannte „Wohnfähigkeitsprüfung“ abzuschaffen. Mit dieser werden Flüchtlinge bewertet, ob sie dazu fähig sind einen eigenen Haushalt zu führen, „als ob sie in ihren Herkunftsländern nicht schon selbstbestimmt gelebt hätten“, kritisiert der IKMW.

 

Laut Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst steuert die Kommune angesichts sinkender Nachfrage bereits um – wenn es wirtschaftlich sinnvoll und angesichts gültiger Verträge umsetzbar ist. So sei beispielsweise der Bau einer Unterkunft für 500 Personen in der Diezmannstraße zurückgestellt worden. Die Fläche will die Stadt „für den Notfall“ zurückhalten. Ursprünglich sollten dort 8,3 Millionen Euro investiert werden. „Was wird nun mit diesem Geld passieren?“, fragt der Sprecher des Initiativkreises.

 

Menschenwürdig fordert, aus bereits begonnenen Projekten bezahlbaren Wohnraum zu machen – so beispielsweise am Prager Dreieck oder der Arno-Nitzsche-Straße. Davon würden alle profitieren. „Nun kann die Stadt zeigen, dass es ihr ernst ist“, so der Sprecher. Im Falle der Prager oder der Nitzschestraße hatte die Stadt bereits angedacht, die entstehenden Bauten beispielsweise von Studenten nutzen zu lassen. „Menschenwürdig“ fordert, mit freiwerdenden Geldern den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Leipzig bräuchte 2000 pro Jahr, die Gelder aus dem Landeshaushalt würden lediglich 500 neue Wohnungen erlauben. Der IKMW setzt sich dafür ein, auch in Leipzig einen sogenannten „Housing First“-Ansatz zu verfolgen. Dabei werden Bedürftige direkt in Wohnungen untergebracht und vor Ort unterstützt, anstatt sie zuerst in Sammelunterkünften oder Wohngruppen leben zu lassen.

 

Am 29. Juni lädt der Initiativkreis zur Veranstaltung "5 Jahre Dezentralisierung - Ein Grund zum Feiern?" ab 19 Uhr Interessierte zu einer Veranstaltung ins Interim Demmeringstraße ein. Die Entwicklung soll an dem Abend kritisch hinterfragt werden, so die Verantalter. Mehr Infos: www.menschen-wuerdig.org