Ein Großaufgebot der Polizei hat am Freitag Übergriffe auf ein von Flüchtlingen bewohntes Haus in Wurzen verhindert. Wie die Polizei in Leipzig mitteilte, waren dutzende Personen einem Internet-Appell gefolgt und hatten sich in der Muldestadt versammelt. Auslöser war ein Zwischenfall vom Pfingstmontag, als zwei Männer von Asylbewerbern angegriffen worden.
Wurzen. Ein Aufruf bei Facebook hat am Freitagabend einen größeren Polizeieinsatz in der Wurzener Innenstadt ausgelöst. Dem Schreiben nach sollten sich Bürger auf dem Marktplatz treffen, um zu zeigen, dass ihnen „die Straßen der Stadt“ und „die ganze Stadt“ gehören. Damit nahmen die Verfasser Bezug auf einen Zwischenfall am Pfingstmontag in der Wenceslaigasse. Dort gerieten zwei Anwohner mit einer Gruppe von fünf jungen Asylbewerbern aneinander, die kurz nach Mitternacht mit lauter Musik die Nachtruhe störten. In der Folge wurden die beiden Männer mit Holzklappstühlen angegriffen und verletzt, sodass sie sich in ärztliche Behandlung begeben mussten.
Wie Sprecher Uwe Voigt von der Polizeidirektion (PD) Leipzig am Montag mitteilte, folgten dem Internet-Appell am Freitag zunächst 60 Personen – teils in „erheblich alkoholisiertem Zustand“. Da die Beamten bereits im Vorfeld über „verschiedene Wege sowie Bürgerhinweise“ Informationen über das Treffen erhielten, begann der Einsatz bereits 18.15 Uhr. Ferner forderte die PD die Versammlungsbehörde des Landkreises Leipzig an, die mit einem Mitarbeiter vor Ort war. „Gegen 20 Uhr füllte sich der Bereich des Marktplatzes mit zunehmend mehr Leuten, die sich dann in kleine Trupps aufteilten“, so Voigt.
Zwei Randalierer festgenommen
Eine größere Gruppe setzte sich schließlich gegen 21.30 Uhr zum Wohnhaus der Flüchtlinge in der Wenceslaigasse in Bewegung. Dabei skandierten die Teilnehmer ausländerfeindliche Parolen. Nur durch das sofortige Einschreiten der Ordnungshüter konnten Übergriffe auf das Gebäude und auf die Mieter, darunter Kinder, verhindert werden. Nachdem Verstärkung aus Leipzig eintraf, richteten die Polizisten eine sogenannte Platzverweiszone für die Altstadt ein. Zeitweilig seien Voigt zufolge 60 Kollegen vor Ort gewesen, darunter von der Bereitschaftspolizei.
Zwei Randalierer, die sich nicht an den Platzverweis hielten, wurden festgenommen. Darüber hinaus gab es mehrere Identitätsfeststellungen sowie zwei Anzeigen wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, eine Anzeige wegen Beleidigung und eine wegen des Verwendens von verfassungswidrigen Kennzeichen. Am Folgetag zeigte die Polizei ebenso Präsenz in den Nachtstunden. Störungen blieben aus.
„Beängstigende Lage“
Augenzeugen sprachen im Nachgang von einer beängstigenden Lage, die jederzeit hätte eskalieren können. Im Übrigen erfuhr die Stadtverwaltung auch nur über Facebook von der Zusammenrottung, sagte Sprecherin Cornelia Hanspach. „Eine Anmeldung zur Demonstration erhielten wir nicht.“
Zuvor wandte sich die Stadt Wurzen per Erklärung an die Öffentlichkeit. Darin hieß es: „Mit Gewalt, sei sie verbal oder körperlich, werden keine Probleme geklärt!“ Und: Die „überwiegend positive Wahrnehmung“ im Umgang mit den hier lebenden Flüchtlingen sollte „nicht durch ein Ereignis wieder zunichte“ gemacht werden.
Von Kai-Uwe Brandt