Landesverfassung - Linke will Begriff "Rasse" streichen

Erstveröffentlicht: 
06.06.2017

Die sächsische Verfassung feiert Geburtstag, vor 25 Jahren trat sie in Kraft. 25 Jahre, in denen sich am Wortlaut der Verfassung kaum etwas geändert hat. Geht es aber nach der Linken im sächsischen Landtag, soll sich das nun ändern. von Grit Bobe, MDR AKTUELL

 

Marko Schiemann gilt als einer der Väter der sächsischen Verfassung. Der CDU-Abgeordnete kann sich noch lebhaft an die aufregende Zeit zwischen Mauerfall und Gründung des Freistaates erinnern: "Die Neugründung eines Landes hat eine Euphorie hervorgerufen, auch im Kollegenkreis, weil ja alle Rechtsgrundlagen neu geschaffen werden mussten."

 

Zwei Jahre wurde öffentlich über den Entwurf der Verfassung diskutiert, über 1.200 Anregungen aus dem Volk überdacht. Das Rechtswerk stellte schließlich unter anderem sicher, dass im Freistaat neben den Abgeordneten und der Staatsregierung auch das Volk Gesetze auf den Weg bringen kann. "Das ist etwas Besonders, das gibt es nicht in vielen Verfassungen", so Schiemann. 

 

Verfassung muss möglichst zeitlos sein


Binnen der letzten 25 Jahre gab es viele Versuche, die Verfassung zu ändern, doch nur ein Thema schaffte es neu hinein: die Schuldenbremse im Jahr 2013. Dabei gebe es durchaus Abschnitte, die man sich noch einmal anschauen sollte, so Harald Baumann-Hasske von der SPD-Fraktion: "Man könnte sich vorstellen, dass zum Beispiel im Bereich der Volksgesetzgebung mal über die Quoten nachgedacht wird, weil wir inzwischen seit mehr als zehn Jahren keine Volksinitiative, geschweige denn ein Volksbegehren oder einen Volksentscheid gehabt haben. Da muss man überlegen, ob es so funktioniert."

 

Eine Verfassung sollte aus seiner Sicht weitgehend zeitlos sein, weil sie grundlegende Werte und Prinzipien festschreibe: "Deswegen ist eine Verfassungsänderung nichts, was man jeden Tag machen muss." 

 

Linke: Begriff "Rasse" völlig veraltet


Die Linke aber will etwas machen. Sie stört sich am folgenden Satz in der Verfassung: "Niemand darf wegen seiner Rasse benachteiligt werden." Konkret gehe es um das Wort "Rasse", erklärt Fraktionschef Rico Gebhardt: "Wir sind der Meinung, dass das ein vollkommen veralteter Begriff ist, den man auch aus heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen heraus auf keinen Fall mehr verwenden sollte. Es gibt keine unterschiedlichen Rassen von Menschen."

Niemand dürfe aus rassistischen Gründen benachteiligt werden, diese Formulierung stünde Sachsen besser zu Gesicht, so Gebhardt. 

 

SPD-Mann fürchtet Stellvertreter-Debatte


Man könne darüber nachdenken, ob die Sprache der Verfassung noch zeitgemäß sei, sagt dazu SPD-Mann Baumann-Hasske. Beim Wort "Rasse" denke man natürlich sofort an Rechtsradikalismus und das Dritte Reich -  diese Verbindung herzustellen, sei in der Verfassung nie beabsichtigt gewesen: "Wenn man der Verfassung unterstellt, dass diese Wortwahl in diese Richtung geht, dann tut man der Verfassung Unrecht. Man führt dann im Grunde eine Debatte, in der man über die Verfassung redet, man aber eigentlich über Rechtsradikalismus debattieren müsste. Deshalb ist das eine Stellvertreterdiskussion, die ich ehrlich gesagt nicht so ganz nachvollziehen kann."

Durch die Debatte rund um das Wort "Rasse" würde sich das Augenmerk zudem verstärkt auf diese Formulierung richten und sie stärker bewerten, so Baumann-Hasske weiter.

 

Linken-Fraktionschef Gebhardt bleibt realistisch: "Meine Hoffnung, dass sich im sächsischen Landtag eine Mehrheit zu dieser Verfassungsänderung zusammenfinden wird, ist relativ gering." Die Regierungskoalition würde schon daher nicht zustimmen, weil der Antrag von der Opposition komme. Entscheidend für ihn, so Gebhardt, sei vielmehr die öffentliche Diskussion.