Bereits im letzten Text haben wir uns mit dem Thema eines Verbots des Camps auseinandergesetzt, wollen dies jedoch noch einmal ausführlich und mit aktuellen Informationen tun.
Was bisher geschah
Wir haben zusammen mit unserem Anwalt am 24.04.2017 bei der Versammlungsbehörde ein Protestcamp gegen den G20 Gipfel als politische Versammlung angemeldet. Eine politische Versammlung ist es unserer Überzeugung nach, weil das ganze Camp dank Workshops, Reden und dem Vorleben eines antikapitalistischen Alltags bereits eine Protestform gegen die Welt der G20 darstellen wird. Der normalerweise zwingende nächste Schritt nach einer Versammlungsanmeldung ist, dass die Versammlungsbehörde diese (ggfs. mit Auflagen) bestätigt und ein Kooperationsgespräch anbietet oder sie verbietet und dies begründet. Eine Genehmigung ist grundsätzlich nicht notwendig.
Die Versammlungsbehörde erklärte sich jedoch trotz eindeutiger Sachlage für nicht zuständig und verwies die Anmeldung an das Bezirksamt - Nord. Sie behauptete, für die Versammlung im Stadtpark sei eine Sondernutzungserlaubnis des Bezirks notwendig, weil es sich bei der Fläche um eine Grün- und Erholungsfläche handle. Genau diese Sondernutzung erschien jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt mehr als unwahrscheinlich, da führende Politiker*innen seit Wochen gegen Camp-Pläne hetzen.
Dennoch ließen wir uns am 02.05. auf ein Gespräch mit mehreren Vertreter*innen des Bezirksamts ein, darunter Leiter Harald Rösler. Im Verlaufe des Gesprächs betonten wir erneut, dass für eine politische Versammlung, wie wir sie geplant haben, das Versammlungsrecht gelte und wir deshalb nicht, wie vom Bezirk gewünscht, eine Sondernutzungserlaubnis beantragen werden. Ebenso betonten wir die Wichtigkeit, als Versammlung auch sichtbar zu sein und daher selbstverständlich nicht nach Bergedorf oder gar Wacken ausweichen zu können wie von diesem gefordert.
Nach diesem Gespräch untersagte das Bezirksamt am 12.05 mit einem schriftlichen Verbot, das Protestcamp im Stadtpark durchzuführen, weil Vegetation, Wege und Wiesen des Stadtparks dadurch übermäßig beansprucht würden. Diese Begründung ist genauso lächerlich, wie nichtig, wie nicht nur das zwei Monate später am selben Ort stattfindende Rolling Stones-Kozert zeigt.
Warum uns dieses Verbot eigentlich nicht interessiert
Wie oben geschrieben darf nur die Versammlungsbehörde eine Versammlung verbieten / einschränken. Dass sie behauptet, nicht zuständig zu sein, ändert nichts an dieser Tatsache. Es ist zwar korrekt, dass die Nutzung der Festwiese im Stadtpark, wo das Camp stattfinden soll, von der Grünflächenverordnung geregelt wird, die sicherlich Einschränkungen (Grillen, Musik, Naturschutz, Anwohner*innen…) bestimmt. Allerdings besitzt jede öffentliche Fläche eine bestimmte Widmung. Straßen beispielsweise sind in erster Linie dafür da, Verkehr zu ermöglichen. Nach der Logik der Hamburger Versammlungsbehörde müsste also für jede Demonstration zunächst eine Erlaubnis bei der Behörde, welche für Straßen und Wege zuständig ist, eingeholt werden – damit wäre das Versammlungsrecht faktisch ausgehöhlt. Seit der sog. Fraport-Entscheidung ist sogar ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass Versammlungen grundsätzlich sogar auf Privatgelände toleriert werden müssen, wenn diese öffentlich zugänglich sind (im Fall Fraport: der Einkaufsbereich des Frankfurter Flughafens) und sich der Besitzer einer Fläche, die für den öffentlichen Publikumsverkehr gedacht ist, nicht auf Privatrecht oder andere Gesetze berufen kann, die vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit überboten werden.
Was trotzdem problematisch an diesem Vorgehen ist
Die Stadt Hamburg und im Besonderen die der Polizei unterstellte Versammlungsbehörde spielt offensichtlich auf Zeit, in der Hoffnung, die weltweite Mobilisierung einzudämmen. Während sich Menschen überall darauf vorbereiten, im Juli nach Hamburg zu kommen, um ihren Protest gegen den kapitalistischen Normalzustand auf die Straßen, Wiesen und Plätze zu tragen, versucht die bereits jetzt sichtlich überforderte Polizei mit allen erdenklichen Mitteln den Protest zu verhindern. Sei es durch ein generelles Demonstrationsverbot (siehe blaue Zone), die Sperrung ganzer Plätze (siehe Heiligengeistfeld) oder dem Vorschieben der Park- und Grünflächenverordnung.
Zwar ist das Bezirksamt nicht zuständig und nicht befugt ein Verbot auszusprechen. Nützen würde uns das jedoch nichts. Wenn das Bezirksamt um Amtshilfe bitten würde, ist kaum davon auszugehen, dass die Hamburger Polizei nicht hilfsbereit zur Stelle wäre, das Camp zu räumen, auch wenn sich im Nachinein rausstellt, dass das ganze rechtswidrig war. Damit hat Einsatzleiter H. Dudde ja ausreichend Erfahrung.
Ebenso gut möglich ist, dass die Versammlungsbehörde bis kurz vor knapp wartet, um dann ein Verbot auszusprechen. Es gab und gibt offensichtlich Absprachen zwischen Polizei und Bezirksamt, Innensenator Grote als politischer Chef der Polizeibehörde versucht seit Monaten Proteste und Camps zu kriminalisieren und zu verhindern. Solche kurzfristigen Entscheidungen könnten jedoch unsere Aufbaupläne beeinträchtigen und für Planungsunsicherheit sorgen, auch wenn solch ein Verbot vor Gerichten angefochten würde.
Der Gang vors Gericht
Um zu verhindern, dass Entscheidungen in letzter Sekunde fallen, haben wir beschlossen, selbst aktiv zu werden. Daher haben wir am Mittwoch den 24.05.2017 einen Eilantrag beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht. (siehe PM auf unserer Homepage) Mit dieser einstweiligen Anordnung soll sowohl das Bezirksamt als auch die Versammlungsbehörde dazu verpflichtet werden, das Camp in der von uns angemeldeten Form zu dulden.
Zu diesem Antrag hat nun die Gegenseite bis zum heute, 31.05.2017 Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Anschluss entscheidet das Gericht, ob es dem Antrag stattgibt oder nicht. Ob es dafür einen mündlichen Verhandlungstermin gibt ist noch nicht klar.
Wie geht’s weiter?
Wir sind der Meinung, dass ein Gericht in einem fairen Verfahren zu keinem anderen Schluss als der Aufhebung des Verbots kommen kann, dennoch heißt es ja bekanntlich nicht unbedingt, dass mensch Recht bekommt, nur weil es das Gesetzt so sieht
Wenn das Gericht zu unseren Gunsten entscheidet ist davon auszugehen, dass die Gegenseite in Berufung gehen wird. Andernfalls werden wir es tun. Nach dem Oberverwaltungsgericht, dessen Entscheidung weitere ein bis zwei Wochen dauern könnte, wäre das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Für den Campaufbau ist dieser Unsicherheitsfaktor natürlich trotzdem nervig. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, das Camp weiter zu planen und darauf zu bauen, dass es letztendlich geduldet wird.
Was bedeutet das für euch?
Alle Menschen, die nach Hamburg kommen wollen, sollten sich von der Hinhaltetaktik der Behörden nicht abschrecken lassen, im Gegenteil. Selbst das Recht auf Protest soll hier nur nach ökonomischen Kriterien gewährt werden. Wenn Gruppen bereits jetzt ihr Kommen in Frage stellen, geht das Konzept der Behörden auf. Wir werden auf jeden Fall dafür kämpfen, dass das Camp so stattfinden kann, wie wir es fordern. Selbstverständlich machen wir uns auch für den Fall eines endgültigen Verbots Gedanken, auch wenn wir zur Zeit guter Dinge sind, dass das alles hinhaut und wir in 3 Wochen mit euch zusammen das Camp aufbauen können.
Über unsere Homepage und die üblichen Kanäle werden wir euch weiter auf dem Laufenden halten. Nach wie vor freuen wir uns über Unterstützung, sei es durch Materialspenden, Geld oder Barriozusagen (siehe Homepage)
Gemeinsam werden wir uns notfalls den Raum nehmen, der uns von der kapitalistischen Verwertungslogik immer häufiger genommen wird. Gemeinsam werden wir Innensenator Grote und Bürgermeister Scholz zeigen, dass sie nicht damit durchkommen werden, ihre Freund*innen einzuladen und unsere Freund*innen zu vertreiben!
See you in the park!
Kontakt:
Homepage: https://g20camp.noblogs.org/
Email: info-g20camp [at] riseup.net