Regierungsbericht
Deutsches Internet wird Rechts-freier Raum
Rechtsextreme am 1. Mai in Berlin: Weniger strafbare Seiten, mehr Community
Die Zahl rechtsextremer Websites aus Deutschland mit strafbaren Inhalten geht nach einem Bericht der Regierung zurück. Auch die Jugendschützer melden Erfolge: Im Inland werden demnach alle beanstandeten strafbaren Inhalte zeitnah gelöscht - im Ausland immerhin 74 Prozent.
Hamburg - Im Kampf gegen rechtsradikale Inhalte im Internet verweist die Bundesregierung auf Erfolge. Die Zahl der rechtsextremistischen Homepages mit strafbaren Inhalten, die von Deutschen betrieben werden, sei in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion im Bundestag hervor, die SPIEGEL ONLINE vorliegt.
"Dieser Rückgang dürfte auch auf intensivierte Bekämpfungsmaßnahmen seitens der deutschen Sicherheitsbehörden zurückzuführen sein", heißt es in dem Schreiben des parlamentarischen Staatssekretärs Hermann Kues (CDU) im Familienministerium. Die Regierung begründe die Entwicklung mit der Arbeit des Verfassungsschutzes und mit einem verstärkten Kontroll- und Fahndungsdruck der Polizei.
Der Verfassungsschutz beziffere die von Deutschen betriebenen rechtsextremistischen Homepages derzeit auf rund 1000 - seit Jahren sei die Anzahl bei hoher Fluktuation der eigentlichen Angebote stabil. Laut Bundesregierung nimmt aber die Bedeutung von Neonazi-Communities mit Mitgliedern aus ganz Deutschland im Internet zu.
Gegen ausländische Angebote sind die Behörden hingegen oft machtlos, weil das Zeigen von Nazi-Symbolen in vielen Ländern kein Straftatbestand ist. Auch Meinungsäußerungen, die hierzulande als Volksverhetzung gelten und verfolgt werden, gehen oftmals durch. In der Antwort der Regierung wird die "uneinheitliche internationale Rechtslage" als "unzureichend" bezeichnet.
Jugendschützer lassen im In- und Ausland löschen
Die staatlich beauftragte Kontrollinstanz jugendschutz.net, die rund 1800 jugendrelevante rechtsextremistische Websites überwacht, zählte im vergangenen Jahr 400 Rechtsverstöße. 100 Prozent der unzulässigen Angebote aus dem Inland wurden demnach gelöscht, bei Angeboten aus dem Ausland betrug die Quote 74 Prozent.
Die Regulierung von sozialen Netzwerken und Videoplattformen sei aufgrund der Menge an Inhalten schwerer als bei herkömmlichen Webseiten. Durch Kontakte zu allen großen Plattformbetreibern sei es jugendschutz.net aber gelungen, "nahezu 100 Prozent der unzulässigen deutschsprachigen Beiträge zeitnah" zu entfernen. Als Beispiele werden schülerVZ, MyVideo, YouTube und Facebook genannt.
Betreiber von wichtigen Neonazi-Websites geoutet
Die rechte Szene musste jüngst einen weiteren Rückschlag einstecken: Die auf Anonymität bedachten Betreiber von zwei wichtigen Neonazi-Treffpunkten im Netz wurden offenbar geoutet. Wie die "taz" berichtet, wurde der Verantwortliche für die Nachrichtenseite Altermedia im März vom Amtsgericht Stralsund wegen Volksverhetzung verurteilt. Außerdem wurde die Moderatorin des Neonaziforums Thiazi, einem der größten Szenetreffpunkte im Netz, geoutet. Wie die "Autonome Antifa Freiburg" herausgefunden habe, handele es sich um eine vielfache Mutter aus Mannheim, die auch bei rechtsextremen Demonstrationen auftrete.
ore/ddp