Die Mieten in Deutschland steigen rasant, weit schneller als die sonstigen Preise und erst recht als die Einkommen. Das gilt überall, in Wunsiedel wie in München, und auch in Nürnberg. Mit Recht steigt auch die Wut auf diesen kapitalistischen Mietwucher, und auf den Staat, der nur unwirksame Trostpflaster wie die so genannte ,Mietpreisbremse‘ verklebt.
Die Städte sind meist massiv verschuldet, in Nürnberg um
mehr als einen Jahresetat. Das ist so gewollt. So fiel schon 1988 die
Gewerbekapitalsteuer weg, und die Unternehmer finden immer neue
Schlupflöcher, um keine Steuern zu bezahlen.
Um die entstehenden so
genannten ,sozialen Brennpunkte‘ zu entschärfen ohne den Vermietern weh
zu tun, setzen die Kommunen verschiedene Mittel ein, etwa das
Quartiermanagement.
Neuer Bericht: Wohnraummarktbeobachtung 2016
So
ist auch eine Untersuchung einzuordnen, die die Stadt Nürnberg in
Auftrag gegeben, und deren Ergebnis jetzt vorliegt. Und das spricht
Bände:
- B. Faller, Vertreter des beauftragten Instituts formuliert es vornehm: „Es gibt eine Nutzungsverlagerung in die bislang nicht ganz so attraktiven Lagen“. Wir nennen das: Verdrängung!
- Die Mieten in den so genannten ,einfachen Wohnlagen‘ stieg innerhalb von nur zwei Jahren um 10,4%, während die ,guten Wohnlagen‘ mit 5,6% davonkamen. Das ist das Ergebnis der Politik gegen die Armen!
- „Nürnberg verfügt 2015 insgesamt über einen Bestand von über 14.000 geförderten Wohnungen. Im Jahr 1980 waren es noch über 65.500 Wohnungen.“ Die Stadt hat sich also schon lang aus ihrer Verantwortung verabschiedet und verkauft jetzt noch ihre Restbestände.
- Im Bericht wurden als so genannte Wohnungsmarktakteure 17 Bauunternehmer und 15 Makler, aber nur zwei Vertreter von sozialen Einrichtungen, Verbänden oder Mietvereinen befragt. Mieter sind in den Augen dieser Leute eben keine Akteure, das kann sich aber ändern!
- Diese Experten kamen ziemlich einhellig zum Ergebnis, dass sich die Marktsituation in den nächsten 4 Jahren ,anspannen‘ wird, das Investitionsklima für sie also ,gut‘ sei. Allerdings nicht im Sozialen Wohnungsbau, denn da stimmt die Rendite für sie nicht...
- Die Autoren stellen fest, „dass die Preise die in mittleren und mäßigen Lagen aufgerufen werden, überwiegend nicht dem bezahlbaren Segment zugeordnet werden können.“ Vornehmer kann man nicht formulieren, dass für die Masse der Bevölkerung kein bezahlbarer Wohnraum vorgesehen ist...
Es ist also gut zu verstehen, dass eine Vertreterin Nürnbergs wie Frau Walter versucht, uns mit einer offensichtlichen Unwahrheit Sand in die Augen zu streuen. Wir lassen uns das aber nicht gefallen.
Gostenhof: Das kleine gallische Dorf?
Bemerkung
am Rande: Von den 87 statistischen Bezirken wird ausgerechnet Gostenhof
(und, zum Vergleich, Langwasser Südost), in den Tabellen des Berichts
rot hervorgehoben.
Warum, das wird im Bericht nicht erklärt. Aber es
geht aus einem Artikel in den Nürnberger Nachrichten vom 18.3. hervor.
Der beginnt mit dem Satz: ,Ein Gespenst geht um: Es ist die Angst vor
Gentrifizierung‘ und ist mit dem Foto einer Aktion der Gostenhofer
Initiative Mietenwahnsinn stoppen illustriert. Natürlich beeilt sich der
von der NN befragte Wirtschaftsreferent Fraas zu versichern, die
Mietpreiserhöhung liege in Gostenhof unter dem städtischen Schnitt.
Offensichtlich
war es der Wunsch der Stadtverwaltung, genau das mit dem Bericht
belegen zu können. Vielleicht geht ja bei ihr die Angst um, nämlich vor
der Wut der Mieterinnen und Mieter, in Gostenhof und anderswo...
Was Tun?
Offensichtlich
können wir uns auf die Hilfe der Stadt genauso wenig verlassen als wie
auf das Wohlwollen von Vermietern und Investoren. Wir müssen auf unsere
eigenen Kräfte bauen. Aber was heisst das?
- Bei Mieterhöhung, Modernisierung, ,Eigenbedarf‘ etc. hilft es zunächst einmal, die eigenen Rechte zu kennen. Mietervereine bieten Broschüren und Beratung an. Dann kann man Investoren, die auf Unkenntnis setzen, in die Suppe spucken.
- Oft aber ist das ganze Haus betroffen. Eine Mieterversammlung und solidarisches Handeln sind dann angesagt.
- Es gilt, sich nicht spalten zu lassen. Nicht überraschend machen AFD wie NPD die Flüchtlinge für den Mietenwahnsinn verantwortlich. Dabei sind Flüchtlinge dem Wohnungsmarkt noch schutzloser ausgeliefert als Menschen mit einem deutschen Pass. Und wie der Bericht noch einmal zeigt, hat die Mietenexplosion lange vor 2016 begonnen.
- Letztlich geht es aber um die heilige Kuh unserer Gesellschaft, das Privateigentum. Wie der Polizeieinsatz in einem seit über zehn Jahren unbewohnten Haus der Wodanstraße im letzten Juli zeigt, ist es diesem Staat ziemlich egal, ob Wohnraum ungenutzt verfällt. Wenn sich aber Menschen dagegen wehren, wird er sofort aktiv.
Wir können von der erfolgreichen Gegenwehr anderer lernen. Dazu muss die aber erst einmal bekannt werden.
Wir bitten darum, uns von Fällen von Mietwucher, Verdrängung und Ausverkauf, Zwangsmodernisierung und Vertreibung zu berichten. Wir sind ansprechbar an unseren Infoständen, per E-Mail unter mietenwahnsinnstoppen[at]riseup.net oder im nächsten Stadtteilclub am:
Samstag, 22.04.2017 um 20 Uhr Stadtteilladen Schwarze Katze (Untere Seitenstr. 1, 90429 Nürnberg)