Der für Juli angesetzte G 20-Gipfel in Hamburg wirft auch in Bremen seine Schatten voraus. Im Internet haben radikale Gipfelgegner den April als „Anti-G 20-Aktionsmonat“ ausgerufen.
Von Jan Oppel
Der für Juli angesetzte G 20-Gipfel in Hamburg wirft auch in Bremen seine Schatten voraus. Im Internet haben radikale Gipfelgegner den April als „Anti-G 20-Aktionsmonat“ ausgerufen. Und auf die Worte folgten Taten: In der Nacht zum Dienstag verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf das Jobcenter Süd in der Bremer Neustadt.
Die Polizei schätzt den Schaden auf 12.000 Euro. Es ist bereits der vierte Vorfall, bei dem sich die Täter auf das geplante Treffen der Staats- und Regierungschefs beziehen. Die Bremer Polizei hat eine spezielle G 20-Einheit gegründet.
Zu dem Anschlag auf das Jobcenter am Dienstag hatte sich eine militante Gruppe aus der linken Szene bekannt. „Der Frühling und die anstehenden Krawalle gegen den G20 in Hamburg haben uns motiviert“, heißt es in einem Schreiben, das die Aktivisten an den WESER-KURIER geschickt haben. Nun ermittelt der Staatsschutz.
Im März bewarfen Unbekannte die Hauptzentrale des Luft- und Raumfahrtunternehmens OHB System AG an der Universitätsallee mit Farbbeuteln, um gegen deren Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und der europäischen Grenzschutzagentur Frontex zu protestieren.
Nachdem im Februar an der Großen Sortillienstraße in der Neustadt ein Bundeswehr-Auto in Flammen aufgegangen war, rühmte sich eine „Aktionsgruppe Bundeswehr Fahrzeuge interessieren uns brennend“ mit der Tat, um gegen den G 20-Gipfel zu protestieren.
Die Schadenssumme belief sich auf etwa 35.000 Euro. Im vergangenen Dezember war eine Filiale der Deutschen Bank in der Neustadt mit Farbe beschmiert worden. Dazu zerstörten die Täter mehrere Scheiben und hinterließen die Graffiti-Botschaft „Stop G 20“.
Um gegen gewalttätige Aktivisten vorzugehen, hat die Bremer Polizei eine sogenannte „Besondere Aufbauorganisation“, die BAO G 20, eingerichtet. „Hier werden alle Straftaten mit möglichem Bezug zum G 20 zentral ausgewertet und entsprechende Maßnahmen eingeleitet“, erklärt ein Sprecher. Geplante Demonstrationen oder Versammlungen in Bremen während des G 20-Gipfels seien der Polizei bisher noch nicht bekannt.
Die Bremer Innenbehörde kann die Zahl der Demonstranten, die sich von Bremen aus auf den Weg nach Hamburg machen werden, noch nicht abschätzen. Klar ist hingegen, dass Hamburg den G 20-Einsatz nicht mit eigenen Polizeikräften bewältigen kann und Unterstützung aus Bremen angefordert hat.
Die kann das kleinste Bundesland nicht ablehnen, da es sich um einen Einsatz im sogenannten Nordverbund handelt, zu dem auch Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gehören. Wie viele Beamte aus Bremen beim G 20-Gipfel eingesetzt werden, soll in den nächsten Wochen entschieden werden.
Zur Hauptkundgebung mehr als 100.000 Menschen erwartet
Der Sicherheitsaufwand wird in jedem Fall immens sein. Neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden auch US-Präsident Donald Trump, Russlands Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erwartet. Insgesamt sollen mehr als 15.000 Polizisten in Hamburg eingesetzt werden. Niedersachsen wird Hamburg einen schweren Gefangenentransportwagen zur Unterstützung schicken.
Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wollen der Hansestadt vorübergehend Strafgefangene abnehmen. So soll in Hamburgs Gefängnissen Platz für festgenommene Demonstranten geschaffen werden. Zur Hauptkundgebung gegen das G 20-Treffen werden am 8. Juli mehr als 100.000 Menschen erwartet.
Ein Bündnis aus Polit-Gruppen, Attac und der Linkspartei plant die Großdemo. Aber auch Autonome mobilisieren europaweit. Im Internet rufen sie dazu auf, den Gipfel zu „blockieren, zu sabotieren und zu demontieren“. Das Hamburger Innenressort rechnet innerhalb und außerhalb der angemeldeten Demos mit gewalttätigen Aktionen.
"Die geleisteten Überstunden müssen angemessen entlohnt werden."
Dementsprechend hoch schätzt Jochen Kopelke, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP in Bremen, das Gefahrenpotenzial für die Beamten ein. „Wir erleben schon jetzt gezielte Angriffe auf Fahrzeuge und Gebäude“, sagt er. Im Internet würden Autonome auch zu Gewalt gegen Polizisten aufrufen. Die Beamten erwarten in Hamburg lange Arbeitstage.
„Die geleisteten Überstunden müssen angemessen entlohnt werden“, fordert Kopelke. Das habe in der Vergangenheit nicht immer geklappt: Etwa nach dem G 7-Gipfel in Elmau hätte Bayern das Geld für die Mehrarbeit zwar an Bremen überwiesen – der Betrag sei aber nie bei den Beamten angekommen, sondern im Polizeihaushalt geblieben.
Kommentar über Gewalt zum G 20-Gipfel Bärendienst
Von Jan Oppel
Drei Monate vor dem Gipfel prophylaktisch einen Brandanschlag auf ein Jobcenter im Bremer Süden zu verüben betrachtet Jan Oppel als völlig absurd.
Nein, diese Aufmerksamkeit verdienen sie nicht: Der Brandanschlag auf das Jobcenter in der Neustadt ist bereits der vierte Vorfall, bei dem sich die Täter auf den für Juli geplanten G 20-Gipfel beziehen. Und natürlich berichten die Medien darüber.
Für Protest gegen das geplante Treffen der Staats- und Regierungschefs gibt es gute Gründe. Geopolitische Konflikte, wachsende Armut, Hunger und Flucht-bewegungen in der Welt sind nur einige davon. Autos anzünden und Scheiben demolieren hilft dagegen allerdings herzlich wenig, sondern dient nur dem Selbstzweck. Und verhindern werden die Krawallmacher das G 20-Treffen damit auch nicht. Ohnehin ist es fraglich, ob es tatsächlich besser ist, wenn die Regierungschefs gar nicht miteinander reden.
Völlig absurd wird es aber, wenn gut drei Monate vor dem Gipfel in Hamburg schon mal prophylaktisch ein Jobcenter im Bremer Süden angezündet wird. Hass und Gewalt schwächen die Position der friedlichen Gipfelgegner, die zu Zehn-tausenden in Hamburg erwartet werden. Denen haben die Verantwortlichen des Brandanschlags auf das Jobcenter schon jetzt einen Bärendienst erwiesen.