Fall Wendt: Ministerium wusste wohl früher Bescheid

Erstveröffentlicht: 
09.04.2017

Wer wusste im NRW-Innenministerium, dass Polizeigewerkschafter Rainer Wendt aus der Staatskasse fürs Nichtstun bezahlt wurde? Westpol-Recherchen legen nahe, dass hochrangige Beamte schon vor Jahren über die Personalie sprachen.

 

Die Affäre um den Polizeigewerkschafter Rainer Wendt weitet sich aus. Nach Westpol-Recherchen waren hochrangige Beamte im NRW-Innenministerium offenbar über die sehr spezielle Doppelrolle Wendts im Bilde. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hatte jahrelang vom Land NRW ein Teilzeitgehalt bezogen, obwohl er nicht mehr als Polizist tätig war.

 

Wer schuf Wendts "Phantomstelle"?

 

Die Aufklärung im Landtag ließ zuletzt die Frage nach der Verantwortung offen. Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte Mitte März, in Wendts Personalakte befinde sich "kein Hinweis auf eine dauerhafte und vollständige Befreiung vom Dienst". Vielmehr sei Wendt offiziell teilzeitbeschäftigt gewesen. Was wusste Jäger über Wendts "Phantomstelle"? Welche Rolle spielt Amtsvorgänger Ingo Wolf (FDP)? 

 

E-Mail zum Thema Wendt

 

Eine Westpol vorliegende E-Mail vom 9. August 2012 legt nahe, dass Wendt in der Hausspitze von Jägers Ministerium Thema war. In der Mail schreibt der damalige Direktor des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg, Jürgen Mathies, dass er am 8. August mit dem Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium, Wolfgang Düren, über "die aktuelle Verwendung von Herrn Wendt" gesprochen habe. Anlass war offenbar das Ausscheiden von Rainer Wendt aus dem Polizei-Hauptpersonalrat – 2012 gab Wendt damit seine letzte nachweisbare Arbeit für die Polizei NRW auf.

Entscheidung "angemessen und vertretbar"?

 

Mathies schreibt in der Mail weiter, der "Grundsachverhalt" sei Düren bekannt gewesen. Er habe ihn auch darüber informiert, dass Wendt aus der Zeiterfassung genommen sei. "Herr Düren hielt die getroffenen Entscheidungen und den aktuellen Sachstand für angemessen und (insbesondere für das MIK) (Ministerium für Inneres und Kommunales, Anm. d. Red.) vertretbar", heißt es weiter. Düren wolle einen Erlass des Ministeriums prüfen lassen, um Freistellungen von Gewerkschaftern zu regeln, so Mathies, der seit 2016 die Kölner Polizei leitet.

 

Minister Jäger wollte sich auf Westpol-Anfrage nicht äußern. Sein Ministerium ließ Fragen  unbeantwortet - unter Verweis auf ein laufendes Verwaltungsermittlungsverfahren sowie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Untreue.

Wolf: Keine Absprachen

 

Aber auch an Ex-Innenminister Ingo Wolf (FDP) ergeben sich Fragen – während dessen Amtszeit schuf das Ministerium eine Stelle beim LZPD extra für Wendt. "Mit mir gab es keine Absprachen über Freistellungen und Dienstzeiten von Herrn Wendt", so FDP-Mann Wolf auf Westpol-Anfrage. Auf die konkrete Frage, ob er die Extra-Stelle für Wendt geschaffen hat oder davon wusste, antwortete der ehemalige Innenminister nicht.

Wendts spezielle Karriere

 

Zum Hintergrund: Wendt wurde 1997 DPolG-Landesvorsitzender - war damals bei der Polizei in Duisburg. 2001 wurde seine Arbeitszeit als Polizeibeamter reduziert. Von Freistellung war dabei aber Jäger zufolge in Antrag und Genehmigung nicht die Rede. 2007 stieg Wendt zum Bundeschef der DPolG auf. Anfang 2010 wurde Wendt zum LZPD versetzt, kurz darauf sogar noch befördert. Zudem verfügte er als Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns Axa über weitere Einnahmen von rund 50.000 Euro, die er dem Land als Arbeitgeber nicht mitgeteilt haben soll. 

 

CDU fordert Aufklärung vor der Wahl

 

Die Opposition im Landtag fordert Aufklärung - noch vor der Landtagswahl am 14. Mai. "Wir wollen wissen, was war", sagte der CDU-Innenexperte Peter Biesenbach. Innenminister Jäger habe "Maulkörbe" verteilt, um sich über die Wahl zu retten. Er könne sich nicht vorstellen, so Biesenbach, dass Abteilungsleiter Düren sich beim Thema Wendt nicht mit Jäger abgesprochen habe.