- Eng, laut, zu wenig Personal: Die Gefangenen im Roten Ochsen in Halle protestieren.
- Die Linke fordert die Schließung des Uralt-Gefängnisses.
Halle (Saale) - Aus dem 175 Jahre alten halleschen Gefängnis Roter Ochse dringen massive Klagen über die Haftbedingungen. Dabei geht es um die Bausubstanz und den Vorwurf fehlenden Personals. „Obwohl man in der Untersuchungshaft als unschuldig gilt, wird man schlechter behandelt als Verurteilte“, berichtet ein jüngst entlassener Untersuchungshäftling der MZ. Das Duschen sei nur zweimal pro Woche erlaubt, Sport einmal in der Woche, der Besuch bei Mitgefangenen sehr kurz. „Das alles liegt am fehlenden Personal. Daraus machen die Beamten auch gar kein Geheimnis.“ Im Roten Ochsen gibt es für 100 U-Häftlinge drei Stationsbedienstete. Nach Angaben des Anstaltsleiters reicht das nicht aus, um die Zellen länger zu öffnen.
Häftlingsvereinigung uerteilt harsch über das Gefängnis in Halle
Harsch fällt das Urteil einer Häftlingsvereinigung namens „Gefangenengewerkschaft - bundesweite Organisation“ (GG-BO) aus. „Im Roten Ochsen herrscht qualvolle Enge und durch fehlende Zwischendecken ein extremer Geräuschpegel. Das ist akustischer Terror“, sagt Sprecher Oliver Rast.
Ein anderer Vertreter der GG-BO hatte zuvor den Suizid eines Gefangenen in der vergangenen Woche mit den Haftbedingungen in Verbindung gebracht. Angesichts von Rassismus, fehlenden Dolmetschern und Isolationshaft könne Suizid „als härtestes Mittel des Protestes gewertet werden“, sagte ein Sprecher aus Leipzig dem MDR. Die GG-BO hat nach eigenen Angaben rund 1 000 Mitglieder.
Das Haus von Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) weist die Kritik der Organisation scharf zurück. Der Häftling, ein Somalier, habe nur zwei Tage im Gefängnis verbracht. Über die Gründe seines Freitodes gebe es keinerlei Hinweise, betont Ministeriumssprecher Detlef Thiel.
Justizministerium: Alltag im Roten Ochsen entspricht den „gängigen Abläufen“ in einer JVA
Im übrigen entspreche der von Häftlingen kritisierte Alltag - etwa die Zeit zum Duschen oder zum Sport - den „gängigen Abläufen“ in einer JVA. Dass es für den Betrieb der Anstalt zu wenig Mitarbeiter gebe, weist Thiel zurück. „Das verfügbare Personal ist knapp, aber aus Sicht des Ministeriums gerade noch ausreichend zur Erfüllung der gesetzlich normierten Aufgaben des Strafvollzuges.“
Diese Aussage kann die linke Justizexpertin Eva von Angern nicht nachvollziehen. „Die Häftlinge im Roten Ochsen werden eher weggesperrt, ihre Resozialisierung ist nicht gewährleistet. Es fehlen Sport- und Ausbildungsmöglichkeiten.“ Angesichts knappen Personals fordert sie von der Landesregierung die Konzentration auf lediglich drei Gefängnis-Standorte: im halleschen Stadtteil Frohe Zukunft, in Burg (Jerichower Land) und in Raßnitz (Saalekreis).
Das ist auch das Ziel des Justizministeriums. Räume und Ausstattung des Roten Ochsen böten tatsächlich keine idealen Bedingungen, heißt es dort. Die seit Jahren geplante Schließung des historischen Baus steckt allerdings fest, weil zunächst der Neubau stehen muss. Der geplante Eröffnungstermin ist erst 2024. (mz)