Überall Feuer an Newroz

Das Feuer hat die Menschen schon immer angezogen. Verausgabend und verzehrend, ist es wie das Leben. Nicht per Zufall hat Heraklit in diesem Element das Urprinzip der Veränderung gesehen. Gegen seine erneuernde Kraft hält keine feste Ordnung stand.


Das Feuer spielt auch eine zentrale Rolle in dem Fest, das im iranischen Kulturraum und darüber hinaus, zur Einleitung des Frühlings gefeiert wird, auf Persisch Nourūz genannt. Heute oft ein Synkretismus, reicht seine Tradition gut 3'000 Jahre bis auf die Zarathustrier zurück, eine unter dem Islam stets verfolgte religiöse Gemeinschaft, die sich zu Zeiten Mohammeds in einer sozialrevolutionären Bewegung der Armen ausdrückte, welche die Abschaffung des Privateigentums und Gütergleichheit forderte. Besonders bedeutsam in der kurdischen Überlieferung, wird das Fest mit der Legende eines Volksaufstands verknüpft, welcher von dem Schmied Kāve gegen den grausamen Herrscher Zahhāk angeführt wurde, und transportiert damit die millenaristischen Hoffnungen auf Befreiung vor Unterdrückung.

 

Mit dem kommenden 21. März fällt das Fest, einmal mehr, in eine Zeit, da die Repression gegen die Befreiungsbestreben der Kurden einem Zenit entgegengeht. Die türkischen Gefängnisse quellen längst über, und jeder weiss, dass dort jeden Tag das Unsagbare passiert. Meldungen von Angriffen der türkischen Soldaten auf kurdische Dörfer, wie in Xerabê Bava bei Nusaybin, wo seit Wochen unter militärischer Abschottung Häuser zerstört, Menschen verhaftet, gefoltert und getötet werden, mehren sich mit jeder Woche. Nicht nur im Südosten der Türkei, sondern auch auf dem türkischen Feldzug in Syrien, der nun nach der Eroberung Al-Bab's die Richtung nach Manbidsch eingeschlagen hat, also den Islamischen Staat vertrieb, um nun dessen Part zu übernehmen. Seit einigen Tagen haben, offensichtlich von der Türkei unterstützte Schergen des nordirakischen Kurdenclanführers Barzani, kurz nachdem dieser sich mit Erdogan traf, begonnen, die Jesiden und ihre Selbstverteidigungseinheiten in Sindschar anzugreifen, die kaum erst ihre Angehörigen nach dem Massaker durch den Islamischen Staat begraben konnten.

 

Während die allgemeine Öffentlichkeit sich gegenüber diesen Ereignissen in Schweigen hüllt, lasst uns, an diesem Newroz, auch hier uns überall des Feuers bedienen. Denn diese ausgedörrte Gesellschaft, die jeder menschlichen Regung den Saft entzieht, ist massgeblich daran mitbeteiligt, was in dieser Welt geschieht – und in ihr gibt es vieles, das gut brennt. Vielleicht vermag ja die verändernde Kraft des Feuers daran zu erinnern, dass die Hoffnung, diesem machtpolitischen Schlachten ein Ende zu setzen, nicht bei den Politikanten irgendwelcher Parteien, sondern in der selbstorganisierten Aktion und der revolutionären Solidarität aller Individuen und Völker im Aufstand gegen ihre Unterdrücker liegt.