Der Countdown läuft: Am 17. und 18. März treffen sich die G 20-Finanzminister und Notenbankchefs zum Austausch in Baden-Baden. Die Sicherheitsmaschinerie surrt wie ein feines Uhrwerk. Taktgeber ist der Stab des Polizeipräsidiums Offenburg. Bis zu 150 Beamte arbeiten seit Herbst am Sicherheitskonzept.
In den oberen beiden Etagen des Baden-Badener Polizeireviers geht es zu wie im Bienenstock: Im Gang ist reger Betrieb, Türen klappen und geben kurz den Blick in provisorische Büros frei. Es ist eng. Seit Herbst haben hier zu Spitzenzeiten 150 Polizeibeamte aus dem ganzen Land eine Aufgabe: für die Sicherheit beim G 20-Treffen am Samstag und Sonntag, 17. und 18. März, zu sorgen. Hauptbestandteil des Stabs sind Beamte des Polizeipräsidiums Offenburg. Baden-Baden gehört seit der Polizeireform zum Einsatzgebiet.
Das G 20-Treffen in Baden-Baden ist der »kleine Bruder« des großen G 20-Gipfels, der Anfang Juli mit dem OSZE-Ministerrat in Hamburg ausgerichtet wird. 64 Delegationen mit 600 Mitgliedern werden nächstes Wochenende zu Abstimmungsgesprächen in die badische Kurstadt kommen, knapp 550 Medienvertreter haben sie im Schlepptau. Welche Promis kommen eigentlich? Namen wie Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, Janet Yellen, Präsidentin des Federal Reserve Board, und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble werden gehandelt. Während Baden-Baden für Schäuble ein Heimspiel ist, reisen die Teilnehmer samt Entourage aus der ganzen Welt an: 1600 Hotelzimmer sind gebucht.
Druck im Kessel steigt
»Der Stab arbeitet seit Oktober in wachsender Besetzung. Zwischenzeitlich steigt der Druck im Kessel«, stellt Patrick Bergmann, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Offenburg, fest. Er ist Teil der Maschinerie und hat Tranchen seiner Arbeitswoche nach Baden-Baden verlegt. Er schaut etwas müde aus. Die Kaffeetasse mit dem G 20-Gipfel-Logo steht vor ihm auf dem Schreibtisch. Genauso wie die Einsatzhandbücher zum Nato-Gipfel 2009 in Baden-Baden und Kehl, zum Besuch Papst Benedikts XVI. in Freiburg und zum OSZE-Ministertreffen in Hamburg. Die kleine Bibliothek zeigt: Die Region hat Erfahrung mit solchen Großereignissen – und nach dem G 20-Treffen wird ein weiteres Büchlein dazukommen.
Der Stab unter Leitung von Karl-Heinz Ploß, Vertreter der Direktion Polizeireviere, und dem stellvertretenden Ortenauer Präsidiumsleiter Reinhard Renter ist eng vernetzt – und das nicht nur mit den Orga-Teams der Stadt und dem Bundesministerium für Finanzen. Mit im Boot sitzen neben Rotem Kreuz, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk auch Zoll, Bundespolizei, Bundes- und Landeskriminalamt – ein riesiger Apparat.
Unsere Planung umfassen sehr viele Bereiche«, so Bergmann. Dazu gehöre die Verkehrsführung und die Betreuung der Kundgebungen. Die Versorgung der eigenen Kräfte müsse koordiniert, die technische Ausstattung organisiert, die interne Kommunikation gestemmt, Anwohner und die Medien betreut werden. Um da den Überblick zu behalten, werde täglich ein Jour-fixe anberaumt. »Dabei bewegen wir uns lange nicht in der Größenordnung des Nato-Gipfels«, sagt Bergmann – es würden diesmal ja keine Staats- und Regierungschefs erwartet.
Während der Stab des Polizeipräsidiums Offenburg die Basisarbeit in puncto Sicherheit leistet, übernehmen Beamte des Bundeskriminalamts die Arbeit in den Gebäuden. Im Kurhaus, in dem das eigentliche G 20-Treffen stattfinden wird, in »Brenner’s Parkhotel«, wo die Teilnehmer tafeln und sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen, und im Festspielhaus, in dem das Abendprogramm gestaltet wird.
Wer in Baden-Baden wohnt oder arbeitet, muss sich mit den Finanzministern und Notenbankchefs arrangieren – und sich auf Einschränkungen einstellen. »Klar, Polizeipräsenz wird es geben«, sagt Reinhard Renter im Interview. Es gelte aber die Balance zu halten zwischen maximaler Sicherheit und dem Ziel, die Baden-Badener so wenig wie möglich einzuschränken. Dafür mussten die Beamten des Stabs auch Klinken putzen gehen: Nicht nur die betroffenen Gewerbetreibenden in der Innenstadt wurden über die Einschränkungen und die Auflagen informiert, auch die Haushalte in den und rund um die Sicherheitszonen. »Sie wurden angeschrieben und besucht«, berichtet Renter. Für weitere Transparenz hätten Infoabende, ein Bürgertelefon und eine Infozentrale in der Stadt beigetragen.
Lehren aus Paris, Nizza und Berlin
Seit dem Natogipfel sei mit Blick auf die Sicherheit viel Zeit vergangen: »Die Gefährdungslage hat sich seit Paris, Nizza, München und Berlin drastisch geändert«, gibt Renter zu bedenken. Aufgabe des Stabs sei es, alle Eventualitäten im Blick zu behalten und im Notfall Plan und Personal zu haben. So seien die Zufahrten mit Betonblocks gesichert, es herrscht ein Drohnen-Flugverbot über der Stadt. »Wir haben aber keine konkreten Hinweise auf Gefährdungen«, hält der Ortenauer Polizei-Vizechef den Ball flach.
Die G 20-Kritiker haben sich im Hintergrund formiert. »Wir erwarten Versammlungen aus dem gesellschaftlich-kirchlichen Lager«, so Reinhard Renter. Da gibt es Infoveranstaltungen, Kundgebungen, einen Gottesdienst und einen G 20-Gipfelmarsch auf den Baden-Badener Hausberg Merkur. Eine Demonstration wird sich am Samstag, 18. März, vom Leopoldplatz in Richtung Festspielhaus bewegen.
Renter rät allen, die an diesen Tagen in der Baden-Badener Innenstadt unterwegs sind, den Personalausweis mitzunehmen – es wird kontrolliert. »Jeder soll seinen Handlungsspielraum erhalten. Sie werden die Polizei sehen, die notwendig ist«, unterstreicht Renter. Für ihn und seinen Stab beginnt die heiße Phase, wenn der erste Finanzprofi aus dem Wagen steigt. »Das wird kein Spaziergang«, weiß der Polizeivize – und gibt zu: »Eine gewisse Grundspannung ist da.« Der Stab wird dann 24 Stunden im Einsatz sein – und Renter geht es nicht anders als den Ministern und Bankiers: Er wird ebenfalls ins Hotel ziehen.