Foulspiel am Lokalbahnhof

Erstveröffentlicht: 
09.03.2017

Ein ganz normaler Spieltag der Eintracht: SGE-Fans verprügeln auf dem Weg ins Stadion Kontrolleure und kicken ein Kontrollgerät kaputt. Und die Eintracht verliert.

 

Der 9. April 2016 präsentiert sich vor dem Amtsgericht, wo sich Julian B. (23) und Marius S. (27) wegen Körperverletzung und Beleidigung verantworten müssen, als ganz normaler Bundesligaspieltag. Es ist heiß. Die Eintracht empfängt Hoffenheim. Der S-Bahn-Tunnel ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Der Halteplatz der Trambahnlinie 16 am Lokalbahnhof ist voll. Die Eintracht-Fans, die dort warten, sind es nicht minder.

 

Die Tram kommt. Zwei Kontrolleure, die am Südbahnhof eingestiegen sind, ob der rappelvollen Bahn aber auf Kontrollen verzichtet haben, steigen aus. Die Fans steigen ein. Es kommt zu Körperkontakt, zu Streit, erst fliegen Worte, dann Spucke, dann Fäuste und Füße. Die Kontrolleure sind deutlich in der Unterzahl. Ein Kontrolleur kommt mit Nasenbluten davon, sein Kollege holt sich einen Cut über dem Auge sowie eine Schädelprellung ab und ist drei Tage arbeitsunfähig. Die Fans schnappen sich laut Anklage „das elektronische Fahrkartenprüfgerät und spielen Fußball damit“. Das Gerät erleidet einen Totalschaden.

 

Es sei eigentlich ein ganz normaler Spieltag gewesen, sagt Julian B. auf der Anklagebank. Er sei aus Friedberg angereist, habe unterwegs zum Aufwärmen eine Flasche Wodka getrunken und dann in Sachsenhausen ein paar Liter Apfelwein gegen den Durst. Er erinnert sich an eine verbale Auseinandersetzung mit dem Kontrolleur, „der hat mich aber halt irgendwie auch angesprochen“. Geschlagen habe er niemanden. Es tue ihm leid.

 

Es sei eigentlich ein ganz normaler Spieltag gewesen, sagt der verprügelte Kontrolleur. Die besoffenen Fans hätten ihn als „Hurensohn“ und „Scheiß-Kontro“ beschimpft. „Nichts Neues“, sagt der Kontrolleur, sowas höre er an jedem Spieltag. Dass aber mehr als ein Dutzend Besoffene auf ihn eindröschen, weil er ihnen wahrheitsgemäß gesagt habe, dass sie im Rudel wohl dicke Hosen hätten, alleine aber Memmen seien, das sei doch nicht alltäglich. 

 

Fahrer schließt sich ein


Es sei eigentlich ein ganz normaler Spieltag gewesen, sagt der Trambahnfahrer. Als er – noch vor der Prügelorgie – durchgesagt habe, dass er nicht losfahren könne, solange die Suffköppe die Türen blockierten, sei er wie üblich bedroht worden und habe sich wie üblich in seinem Fahrerkabuff eingeschlossen. „Die haben gebrüllt ,Wir bringen dich um!‘ und ,Wir wissen, wo du wohnst!‘ – wie immer halt, ich höre da gar nicht mehr hin“.

 

Marius S. ist vorbestraft wegen Trunkenheitsfahrt, fahrlässiger Körperverletzung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen – und wie er aussieht, kann es sich dabei kaum um das Vereinslogo von Kickers Offenbach gehandelt haben. Julian B. scheint ein Händchen für Körperverletzungen zu haben: Neulich war er auf einem Karnevalsumzug (30 Tagessätze à 30 Euro), unlängst hat er ein Basketball-Spiel besucht (Verfahren läuft).

 

Marius S. kann keine Straftat nachgewiesen werden – klar ist nur, dass er irgendwie mit dabei war. Er wird freigesprochen. Bei Julian B. ist klar, dass er den ganzen Krawall gestartet hat. Konkrete Schläge oder Tritte aber können die Zeugen ihm nicht zuordnen; so wird er wegen versuchter Körperverletzung und vollendeter Beleidigung zu 90 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt. Was beweist, dass Sport im Verein nicht nur am schönsten, sondern auch am sichersten ist, falls es zu einem juristischen Nachspiel kommen sollte.

 

Und die Eintracht verliert gegen Hoffenheim 0:2. Ganz normaler Bundesligaspieltag halt.