[Mannheim] 8. März: Feministische Kunstaktion zum Frauen*kampftag

Simone-de-Beauvoir-Str.

Warum es notwendig ist, weibliche Persönlichkeiten in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen:      

Wir leben in einer Gesellschaft in der der Mann immer noch in zahlreichen Kontexten als die gesellschaftliche Norm gilt. Stillschweigend wird der Mensch als Mann gedacht und die männliche Sicht der Dinge als die allgemeingültige gesetzt. Das Handeln von Frauen* und ihre Bedürfnisse werden dadurch im Alltag nicht nur als Abweichung von der Norm wahrgenommen, sondern sogar ausgeblendet. Ihre Taten erhalten hierdurch weniger Aufmerksamkeit und Anerkennung.

 

Historisch gesehen wurden die Leistungen von Frauen* regelrecht verschleiert. Selbst wenn Frauen* grundlegend an der Entwicklung und Durchsetzung von gesellschaftlichen Fortschritten, technischen Erfindungen etc. beteiligt waren, wurden sie meist nur als Ehefrauen, Töchter oder Schwestern berühmter Männer erwähnt.

        

Besonders deutlich lässt sich dies an der Auswahl von Straßennamen erkennen. Ein kurzer Blick auf den Stadtplan von Mannheim genügt, um festzustellen, dass ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den nach Männern und Frauen* benannten Straßen besteht.

 

Zum Anlass des internationalen Frauen*kampftages wurden im Jungbusch sechs Straßen in einer kreativen Protestaktion nach Frauen* umbenannt, deren theoretisches wie praktisches gesellschaftliches Wirken bisher wenig bis keine Aufmerksamkeit erfahren hat. Diese Aktion ist ein Versuch, Frauen* in einer von Männern dominierten Welt sichtbar zu machen und dem von Männern gemachten Ideal der "passiven Frau" etwas entgegenzusetzen.

        

Abgebildet werden sechs Frauen* unterschiedlicher Herkunft, gesellschaftlicher Schicht und politischer Ausrichtung, denen jedoch allen ein Gespür für Ungerechtigkeit und der Wille, gegen diese anzukämpfen, gemein war. Auf vielfältige Weise haben sich diese Frauen* nicht nur für Frauen*rechte, sondern generell für eine gerechtere Gesellschaft eingesetzt.

        

Der internationale Frauen*kamftag existiert seit über hundert Jahren und dient dazu, die Unterdrückung und sozialen Kämpfe von Frauen* und FLIT*-Personen aufzuzeigen und internationale Solidarität aufzubauen. Durch Errungenschaften wie das Frauen*-Wahlrecht, gleiche Chancen auf Bildung und Selbstbestimmung über Sexualität und den eigenen Körper, gehen viele Menschen davon aus, dass der Feminismus seine Aufgabe erfüllt und somit ausgedient hätte. Doch dies ist ein Trugschluss. Trotz dieser Errungenschaften besteht weiterhin eine ungleiche Verteilung von Ressourcen, Macht und Teilhabe zwischen den Geschlechtern. 

 

Darüber hinaus befindet sich sowohl das vermeintlich aufgeklärte Europa, als auch die USA gerade in einem gesellschaftlichen Rückschritt: So werden derzeit Debatten um sexualisierte Gewalt instrumentalisiert, um Rassismus gegenüber Geflüchteten zu legitimieren, während von nicht-migrantischen Männern ausgeübte sexualisierte Gewalt weiterhin verharmlost wird. Darüber hinaus machen verschiedene neurechte Strömungen wie AfD oder christliche FundamentalistInnen gegen die erkämpften, feministischen Errungenschaften mobil: Es werden veraltete, zweigeschlechtliche Rollenbilder propagiert, die Frauen* in erster Linie auf ihrer Mutterrolle und das Handeln in der häuslichen Sphäre reduzieren. Das Recht auf Abtreibung und Selbstbestimmung wird Frauen* abgesprochen und Homosexualität als unnatürlich abgewertet. Durch den wirtschaftlichen Kurs der AfD werden die Lebensbindungen der mittleren und unteren Einkommensschichten verschärft. Auch hier sind Frauen* verstärkt betroffen, da diese tendenziell mehr unter prekären Arbeitsbedingungen leiden und somit ein erhöhtes Risiko haben, in finanzielle Abhängigkeit und Verarmung gedrängt zu werden. 

 

Diese gesellschaftlichen Missstände und den stattfindenden reaktionären Rückschritt dürfen wir nicht stillschweigend akzeptieren. Feministische Kämpfe wirken sich nicht nur für Frauen*, sondern langfristig für alle Teile der Gesellschaft positiv aus. Es geht um ein besseres Leben für alle!

 

* mit dem "*" wollen wir auf die konstruierte gesellschaftliche Zweigeschlechtlichkeit von Mann und Frau hinweisen, welcher eine Vielzahl von Geschlechtern und Sexualitäten entgegensteht.

 

Simone de Beauvoir (1908 – 1986) Simone-Lucie-Ernestine-Marie Bertrand de Beauvoir war eine französische Schriftstellerin, Philosophin und Feministin.

 
Die politisch engagierte Verfasserin zahlreicher Romane, Erzählungen, Essays und Memoiren gilt als Vertreterin des Existentialismus. Mit ihren beiden existentialistischen Romanen „L’Invitée“ (1943) und „Le Sang des autres“ (1945) erlangte Simone de Beauvoir breite Anerkennung als Schriftstellerin. Ihr bekanntestes Werk „Das andere Geschlecht“, welches Thesen zur Selbstverwirklichung der Frau historisch-sozial begründet und radikale gesellschaftliche Veränderungen fordert, ist ein Meilenstein der Frauenbewegung. Sie verstarb 1986 in Paris. Seit 1970 engagierte sie sich für die internationalen Frauenbewegung, welcher sie mit ihren detaillierten Analysen eine theoretische Grundlage lieferte.

 

Harriet Tubman (ca. 1820 – 1913) war eine der Hauptorganisator*innen der „Underground-Railroad“ (Unterstützungsnetzwerk für flüchtende Sklaven in den USA), Krankenschwester im Amerikanischen Bürgerkrieg, Bildungsaktivistin und Kommunalistin.

 
Selbst als Sklavin unterdrückt worden, floh Sie 1849 in den Norden der USA, schloss sich dort der „Underground-Railroad“ an und unternahm eigenhändig 19 Fluchthilfeaktionen. Sie beteiligte sich an der Gründung von Schulen, an kollektiven Projekten zur Förderung armer Kinder und engagierte sich für die Etablierung einer kommunalistischen, afrikanischen Kultur in den Nordstaaten. Im amerikanischen Bürgerkrieg war sie auf Seite der Nordstaaten als Spionin und Krankenschwester tätig und war bei einer militärischen Kampagne beteiligt, in der 765 Sklav*innen befreit wurden. Nach dem Krieg war sie für Frauenrechte aktiv und gründete ein Heim für alte und bedürftige Schwarze, welches später als Harriet-Tubman-Home bekannt wurde. Sie verstarb im Alter von 93 Jahren.

 

Emma Goldmann (1869 – 1940) war eine vor allem in den Vereinigten Staaten und Europa aktive Anarchistin, Friedensaktivistin, Antimilitaristin, Atheistin, und feministische Theoretikerin.

 
Goldman spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer anarchistischen politischen Philosophie in den USA und in Europa. Sie emigrierte im Alter von 17 Jahren in die USA und wurde später nach Russland deportiert, wo sie Zeugin der Auswirkungen der Russischen Revolution von 1917 wurde. Sie verbrachte einige Jahre in Südfrankreich, wo sie ihre Autobiographie „Gelebtes Leben“ und andere Werke verfasste, ehe sie 1936 am Spanischen Bürgerkrieg als englischsprachige Vertretung der Federación Anarquista Ibérica (FAI) in London teilnahm. Sie gilt als herausragende Figur sowohl des US-amerikanischen Anarchismus als auch der frühen US-amerikanischen Friedensbewegung. Ihre Schriften beschäftigen sich mit einer Vielzahl von Themen, darunter Gefängnisse, Atheismus, Redefreiheit, Militarismus, Kapitalismus, Ehe, freie Liebe, und Homosexualität. Sie hat neue Wege gefunden, die Geschlechterfrage in den Anarchismus zu integrieren.

 

Marrie Equie (1872 – 1952) Marie Diana Equi war eine US-amerikanische Ärztin, Frauenrechtlerin, Kriegsgegnerin und Gewerkschafterin.

 
1903 schloss Equie ihr Medizinstudium als eine der ersten studierenden Frauen ab und arbeitete fortan als Ärztin. Sie war eine der wenigen Ärztinnen, die Abtreibungen durchführten. Aus diesem Engagement entwickelte sich später die Ruth-Barrett-Abtreibungsklinik. In besonderem Maße nahm sich Equi, zusammen mit ihren befreundeten Ärztinnen und medizinischen Assistentinnen, der Probleme von Arbeiterfrauen an. 1913 geriet sie auf einem Frauenstreik zum ersten Mal in Haft und erfuhr eine solche Brutalität der Polizei, dass sie sich von da an offen für anarchistische Vorstellungen und die Zerstörung des Kapitals einsetzte.
Sie war bekennende Lesbe, zu ihren Lebensgefährtinnen zählen u. a. die Geburtenkontrollbefürworterin Margaret Sanger und Elizabeth Gurley Flynn, eine populäre Organisatorin und Rednerin der Industrial Workers of the World (IWW).
Equie wurde als Kriegsgegnerin, radikale Sozialistin und praktizierende Abtreibungsbefürworterin von staatlichen Stellen verfolgt und verbüßte mehrere Gefängnisstrafen. Sie verstarb 1952 im Alter von 80 Jahren.

 

Clara Zetkin (1857 – 1933) war eine sozialistische Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin.

 
Zetkin war bis 1917 aktiv in der SPD und dort eine markante Vertreterin der revolutionär-marxistischen Fraktion. 1917 schloss sie sich der SPD-Abspaltung USPD an. In der USPD gehörte sie zum linken Flügel bzw. zur Spartakusgruppe (1918 umbenannt in Spartakusbund). Danach war sie ein einflussreiches Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Während der Weimarer Republik war sie von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete für die KPD und 1932 Alterspräsidentin des Parlaments. Einer ihrer politischen Schwerpunkte war die Frauenpolitik.
Auf übernationaler Ebene gehörte Zetkin als Beteiligte am Internationalen Arbeiterkongress von 1889 in Paris zu den Gründer*innen der Zweiten Internationale der sozialistischen Arbeiterbewegung. In der Arbeit für die Internationale gilt sie als prägende Initiatorin des Internationalen Frauentags. Als Angehörige des als Zentralkomitee bezeichneten Vorstandsgremiums der KPD war sie von 1921 bis 1933 Mitglied im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI), wo sie in ihren letzten Lebensjahren zur Minderheit der Kritiker der letztlich von Stalin vorgegebenen Sozialfaschismusthese gehörte. Sie war eine enge Wegbegleiterin Rosa Luxemburgs und verstarb 1933 in Moskau.

 

Marianne Weber (1870 – 1954) war eine deutsche Frauenrechtlerin und Rechtshistorikerin.

 
Weber war eine anerkannte Expertin für Rechts- und Sittlichkeitsfragen in der ersten Frauenbewegung. Ihr Hauptwerk gilt den Rechten der Frau in der Geschichte des Ehe- und Familienrechts. Nach ihrer ersten Buchveröffentlichung 1900, „Fichtes Sozialismus und sein Verhältnis zur Marxschen Doktrin“, erschien 1907 ihr Hauptwerk „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“. 1919 wurde sie Abgeordnete im Landtag der Republik Baden, hielt als erste Frau darin eine Ansprache und war von 1919 bis 1923 Vorsitzende des „Bundes deutscher Frauenvereine“. Nach dem Tod ihres Ehemannes Max Weber, kümmerte sie sich um die Veröffentlichung seiner bekanntesten Schriften. Für ihre Herausgeberinnentätigkeit wurde ihr 1922 die Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg verliehen. Sie verstarb in gleichnamiger Stadt 1954.