Was geschah in der Silvesternacht 2016/2017 vor dem Karlsruher Schloss? Am Tag nach dem Jahreswechsel meldete die Polizei, dass sich 250 mutmaßliche nordafrikanische Männer auffällig aggressiv verhalten haben sollen. Rund drei Monate später korrigiert sie diese Darstellung.
In der offiziellen Polizeipressemeldung von Januar zur Silvesternacht war die Rede von "250 mutmaßlich aus Nordafrika stammenden jungen Männern", welche sich "auffällig aggressiv" verhalten haben sollen. Jetzt stellt sich heraus: Aggressive und enthemmte Personen hat es am Silvesterabend gegeben - diese konnten aber nicht eindeutig als Nordafrikaner identifiziert werden.
Neue Infos zur Silvesternacht
Zu lesen sind die neuen Informationen zu den Geschehnissen in der Silvesternacht in den aktuellen, städtischen Gemeinderatsunterlagen. Die Karlsruher AfD-Stadträte erkundigen sich in einer Anfrage nach den Details und möglichen Maßnahmen zu den "Vorkommnissen am Schloss in der Silvesternacht". Unter anderem wollten sie mehr zu den polizeilichen Vorbereitungen, dem Ablauf des Einsatzes sowie den ausgesprochenen Platzverweisen wissen.
"Dass es sich bei dem genannten Personenkreis um junge Männer aus Nordafrika handeln würde, entspricht nicht den Tatsachen", teilt die Polizei drei Monate nach dem Vorfall in der aktuellen Stellungnahme mit und korrigiert gleichzeitig die Anzahl der sogenannten auffälligen Personen erheblich nach oben. Eine Aktualisierung für die Presse gab es bis zu dieser Stellungnahme nicht.
Mehr auffällige Personen
Von 2.500 Personen, welche vor dem Schloss feierten waren laut aktueller Stellungnahme 20 bis 30 Prozent durch "Pöbeleien, Rempeleien, unsachgemäße Handhabung von Feuerwerkskörpern, alkoholbedingte Ausfallerscheinungen und durch aggressiv sowie enthemmtes Verhalten in Erscheinung getreten". Das entspräche rund 500 bis 750 - statt wie im Januar gemeldeten 250 - Personen.
Viele von ihnen habe man als Asylbewerber identifiziert - aber aus verschiedenen Ländern. Dabei handelte es sich nicht ausschließlich um Personen aus Nordafrika, relativiert die Polizei die Darstellung der Silvesternacht. Einzelheiten zu den Vorkommnissen lassen sich rückblickend nicht mehr ganz eindeutig rekonstruieren: Schriftlich dokumentiert sind bei der Polizei lediglich 27 Platzverweise. Fest steht: Das polizeiliche Vorgehen richtete sich gegen einzelne Personen, nicht gegen Gruppen.
Unter den 27 Verweisen waren 18 Personen aus Syrien, zwei aus Gambia und jeweils eine Person aus Indien, Albanien, Senegal, Tunesien und Deutschland. Bei zwei weiteren, ausgesprochenen Platzverweisen ist die Herkunft ungeklärt. Hinzu kommen Platzverweise im "niedrigen zweistelligen Bereich", welche allerdings nicht schriftlich dokumentiert worden sind. Bei allen Platzverweisen habe sich aber immer um Einzelpersonen gehandelt, so die Karlsruher Polizei in der aktuellen Stellungnahme. Ein Einschreiten gegen größere Gruppen hat es nicht gegeben.
Wie konnte es dazu kommen?
Wie konnte es zur Polizeimeldung mit falschen Informationen über eine aggressive Gruppe von 250 mutmaßlichen Nordafrikanern kommen? "Grund für diese fehlerhafte Erstmeldung war offensichtlich ein Übermittlungsfehler, da in besagter Nacht im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Karlsruhe ein erhöhtes Einsatzaufkommen herrschte", heißt es in der entsprechenden Stellungnahme.
Zu der fehlerhaften Annahme, dass es sich um eine Gruppe von Personen mit afrikanischer Herkunft handeln sollte, gelangte die Polizei aufgrund eines Hinweises aus der Bevölkerung. "Kurz vor Mitternacht ging ein Hinweis eines Bürger beim Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz ein, dass mehrere 'afrikanische Personen' in der Innenstadt Feuerwerkskörper abfeuern", so die Polizei in der aktuellen Stellungnahme. Und weiter: "Diese Beobachtung konnte durch die eingesetzten Kräfte am Schlossplatz bestätigt werden."
Einen Hinweis auf die Anzahl der angetroffenen Personen sowie deren Nationalität gehen aus der Stellungnahme der Polizei nicht hervor - lediglich, wie zuvor erwähnt, dass es in der Silvesternacht auf dem Schlossplatz kein Einschreiten gegen größere Gruppen erfolgt ist. Darüber hinaus wollte sich die Polizei auf Nachfrage von ka-news nicht äußern.
Was in der Silvesternacht geschah, wurde vonseiten der Polizei nach eigener Aussage bislang noch nicht aufgearbeitet. "Im Rahmen des jährlichen Sicherheitsgespräches zwischen Stadtverwaltung und Polizeipräsidium Karlsruhe sollen diese Vorkommnisse sowie die sich daraus ergebenden möglichen Konsequenzen besprochen werden."