Nach Streiks für höhere Löhne wurden Dutzende Gewerkschafter festgenommen. Nun kommen sie nach internationalem Druck frei.
Von Lalon Sander
BERLIN/DHAKA taz/dpa | Ein Großteil der in Bangladesch festgenommenen Textilgewerkschafter ist offenbar wieder frei. Nach Angaben der internationalen Gewerkschaftsverbände Industriall und UNI Global haben sie sich mit Fabrikbesitzern und der Regierung geeinigt, dass die 35 Männer und Frauen freikommen und die Anzeigen gegen sie fallengelassen werden. Diejenigen, die noch in Haft seien, würden bald freigelassen.
Anfang Dezember hatten tausende Arbeiter eine Erhöhung ihres Mindestlohns auf rund 180 Euro im Monat gefordert – fast dreimal so viel wie bisher. Als Reaktion schloss der Verband der Textilexporteure (BGMEA) mehr als 55 Fabriken und entließ mindestens 1.600 Menschen. Die Regierung nahm in den darauf folgenden Wochen zahlreiche Gewerkschafter fest und schloss deren Büros. „Die Themen, die zu dem Crackdown im vergangenen Jahr führten, sind weiterhin aktuell“, sagte Industriall-Generalsekretär Valter Sanches. „Wir werden weiter für höhere Löhne kämpfen und die Situation beobachten, bis alle Vorwürfe fallengelassen wurden.“
Der Chef der landesweiten Gewerkschaftsföderation BIGWF, Babul Akhter bestätigte den Deal. „Die festgenommenen wurden auf Kaution freigelassen, aber die Regierung hat angekündigt, die Vorwürfe fallen zu lassen“, sagte Akhter der taz. Auch ein festgenommener Kollege sei frei, das Büro der Gewerkschaft sei aber immer noch nicht freigegeben. „Nun ist offen, wie bald die Regierung und die Fabrikbesitzer, ihre Versprechen einlösen“, so Akhter weiter.
Zuletzt war der Mindestlohn für Textilarbeiter in Bangladesch 2013 erhöht worden, nachdem bei dem Einsturz des Rana Plaza mehr als 1.100 Menschen starben. Gewerkschafter kritisierten damals, dass so gerade einmal die Inflation der vorherigen Jahre ausgeglichen wurde. „Der Mindestlohn in Bangladesch ist einer der niedrigsten der Welt“, sagte Franziska Korn, Leiterin des Büros der Friedrich Ebert Stiftung in Bangladesch. „Es wird Zeit, dass eine regelmäßige Erhöhung gesetzlich verankert wird.“
In den vergangenen Wochen war der internationale Druck auf die Textilhersteller und die Regierung in Bangladesch stark gestiegen. Mehrere große Unternehmen sagten ihre Teilnahme an einem Textilgipfel an diesem Wochenende ab – darunter Tchibo, C&A und Inditex (Zara). In einem Bericht beschrieb die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ zahlreiche Menschenrechtsverletzungen, so wurden Gewerkschafter oft mit vagen Anschuldigungen festgenommen und Polizisten drohten ihnen mit außergerichtlichen Tötungen.
Auf der Textilkonferenz sollen die Fortschritte bei der Arbeitssicherheit in den vergangenen Jahren diskutiert und für eine nachhaltigere Lieferkette gearbeitet werden.