Bei der Aktions-Zugfahrt mit Regionalzügen gegen Urantransporte am 18. und 19. Februar (Aufruf hier) konnten viele Menschen in den Zügen über die auf gleicher Strecke stattfindenden Urantransporte aufgeklärt werden, die zur Versorgung der Atomindustrie mit neuem Brennstoff notwendig sind. An Haltepunkten und Umsteigebahnhöfen beteiligten sich lokale Initiativen mit Mahnwachen.
Tag 1
Am ersten Tag wurde der Weg des Uranerzkonzentrats abgefahren, das per Schiff unter anderem durch den Nord-Ostsee-Kanal nach Hamburg kommt und dort auf den Zug verladen wird um zur Konversionsanlage in Narbonne zu fahren. Uranzerkonzentrat kommt aus dem ausgewaschenen Gestein aus den Uranabbaugebieten in Kazachstan, Uzbekistan oder Namibia. Früh um 7 Uhr morgens ging es in Kiel (BI Kiel gegen Atomanlagen) los und die schon wachen Zugfahrer*innen im Zug nach Hamburg bekamen Flyer in die Hand gedrückt. In Hamburg-Harburg, wo Urantransporte etwa alle drei Wochen durch den Bahnhof fahren, war eine Mahnwache direkt auf dem Bahnsteig angemeldet (Robin Wood, SAND, Umweltgewerkschaft) und ein Film-Team vom NDR verfolgte die Aktion. Von dort ging es mit etwa 12 Personen an einer Mahnwache in Bassum vorbei weiter nach Bremen, wo eine Rhythms of Resistance Gruppe die Aktivist*innen mit Samba-Musik empfing. Der nächste Zug nach Osnabrück wurde mit Transparenten dekoriert, auch hier gab es einige interessante Gespräche. Nach einer sonnigen Pause in Osnabrück ging es in den vollen Zug nach Münster - dort gab es eine Mahnwache der Gruppe SofA und eine Mittagspause, die schon von der Bundespolizei informiert wurde wie viele Leute im Zug denn kommen würden.
Einige Personen stiegen zu, andere fuhren zurück und weiter ging es nach Köln-Deutz (Kölner AntiAtomPlenum) - am Gleis begrüßt mit einem melodischen Katastropheneinsatzplan vom Liedermacher Gerd Schinkel. Der Mahnwache von etwa 20 Personen in Bonn-Beuel (AntiAtomBonn) konnte aus dem Zug zugewinkt werden. In Koblenz wollte ein Security-Mitarbeiter das Zeigen von Transparenten mit Fotos der Urantransporte durch die lokalen Unterstützer*innen verbieten, konnte sich jedoch nicht durchsetzen, als die Zugfahrer*innen ausstiegen. Im letzten Zug des Tages ging es dann nach Trier, der dann prompt noch eine Verspätung von 40 Minuten wegen eines liegen gebliebenen Güterzuges bekam (zum Glück kein Urantransport). Dort waren nicht mehr viele Menschen unterwegs, dafür hatte die Reisegruppe Spaß beim Atomball-Spiel im Fahrradabteil.
Foto-Impressionen vom ersten Tag
Tag 2
Der nächste Tag startete mit einer Soli-Aktion des AntiAtomNetz Trier zu Bure, der französischen Endlagerbaustelle, bei der am Tag vorher eine große Demo stattgefunden hatte. Steine von der dort niedergerissenen Mauer wurden gegen einen Solidaritätsbeitrag verkauft. Von hier ging es weiter die Strecke, die Uranhexafluorid aus Frankreich nimmt, also der Stoff, der in Frankreich aus dem Uranerzkonzentrat hergestellt wird und dann in Gronau angereichert wird. Auf der Gegenrichtung fährt zudem noch abgereichertes Uranhexafluorid, also Atommüll, welcher nach Frankreich zur Umwandlung und dann als Uranoxid zurück nach Gronau gebracht werden soll. Auf dem Weg in Duisburg (AntiAtomBündnis Niederrhein) stieg die Familie Simpson zu, die in den folgenden Zügen nach Gronau eifrig Strahlenmessungen durchführte. In Gronau angekommen empfing der AKU Gronau die weit gereisten dann mit warmer Suppe und einer Abschlusskundgebung.
Foto-Impressionen vom zweiten Tag
Reaktionen und Fazit
Die Reaktionen ermutigen durchaus zu weiteren Aktionen in Zügen: Viele der Reisenden zeigten sich interessiert und lasen beim Warten aufs Ankommen auch die verteilten Flyer. Einige Bahnmitarbeitende reagierten interessiert, wenige aggressiv, die meisten gelassen. Niemand versuchte uns aus den Zügen rauszuschmeißen und nur im allerersten Zug versuchten zwei Securitys uns halbherzig am Flyer verteilen zu hindern. Grundsätzlich sind in Zügen als öffentlich zugänglichem Ort (und zumeist auch in öffentlichem Besitzt befindlichen) Demonstrationen möglich, Urantransporte als Anlass welche die gleichen Strecken nehmen ein auch für die meisten Reisenden plausibler Ansatz. Außerdem gab es einige Presseberichterstattung (Ankündigung in der taz, neues Deutschland) in den einzelnen Orten (z.B. Münster, Duisburg), einige Berichte wie der hier beim SWR in welchem von einer Wiederaufarbeitungsanlage statt einer Urananreicherungsanlage in Gronau die Rede ist, zeigen jedoch, dass es noch einigen Aufklärungsbedarf gibt. Die gemeinsame Zugreise und die lokal organisierten Mahnwachen dienten den beteiligten Gruppen auch zur gemeinsame Vernetzung und ermöglichten eine gemeinsame Aktion statt vereinzelter Punkte. Insofern betrachten wir das Experiment mit einer mal etwas anderen Aktionsform als gelungen.