Ein Jahr nach dem Brand in der bezugsfertigen Flüchtlingsunterkunft „Husarenhof“ in Bautzen sind die Täter immer noch nicht gefasst. Während die Ermittlungen laufen, versucht die Stadt zur Normalität zurückzukehren.
Bautzen. Schwarz ragen die verkohlten Balken in den sonnigen Winterhimmel. Notdürftig ist das Dach des ehemaligen Hotels „Husarenhof“ im ostsächsischen Bautzen mit Planen gesichert. Fast unschuldig bedeckt eine weiße Schneeschicht die verbliebenen Ziegel auf den Holzleisten. Die meisten der vorbeieilenden Passanten im gleichnamigen Einkaufszentrum würdigen die Ruine kaum eines Blickes.
Das Bild erinnert auch ein Jahr später an die Ereignisse der Nacht vom 20. zum 21. Februar 2016: Damals brannte das Dach der noch unbewohnten Flüchtlingsunterkunft zu großen Teilen ab. Wenig später sollten rund 300 Flüchtlinge in das Gebäude ziehen. Schnell stand für die Ermittler fest: Ein Brandanschlag. Bundesweit sorgte der Fall für Aufsehen. Die Polizei berichtete in ersten Meldungen von „massiven Störern“ und Beifallsbekundungen durch Passanten. Zudem lag die Vermutung nahe, dass es sich um eine politisch motivierte Tat gehandelt haben könnte. Wochen vorher hatte sich auf Facebook eine Gruppe „besorgter Bürger“ zur Bürgerwehr gegen das Heim formiert.
Die Facebook-Gruppe ist wieder verschwunden, die Suche nach den Tätern des Brandanschlags geht weiter. „Es wurden eine Vielzahl von Zeugen gehört, viele Hinweise überprüft“, sagt Wolfgang Klein von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden. Im Sommer vergangenen Jahres wurden Wohnungen von zwei Tatverdächtigten durchsucht, Speichermedien sichergestellt. Dennoch ist bislang unklar, wer den Brand gelegt hat.
Der Bautzener CDU-Politiker Marko Schiemann äußert Unverständnis über die lange währenden Ermittlungen. „Sollte es an mangelndem Personal liegen, erwarte ich personelle Verstärkung.“ Die Brandstifter müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Der Politiker spricht von einem „fürchterlichen Ereignis“, das die Menschen in Bautzen bis heute beschäftige. Die große Mehrheit verurteile den Brandanschlag als schwere Straftat, so Schiemann. „Wir werden nicht zulassen, dass eine kleine Gruppe Krimineller das Bild unserer Stadt bestimmt.“
Aufklärung wünscht sich auch Oberbürgermeister Alexander Ahrens (parteilos). „Wir haben die Hoffnung, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen. Jetzt ist es wichtig, auf breiter Ebene Aufklärungsarbeit zu leisten.“ Einige Projekte wie die Demokratiewochen seien bereits angeschoben. Wichtig ist ihm vor allem eine differenzierte Darstellung der Ereignisse im Februar.
Das Medieninteresse nach dem Brandanschlag war enorm: Ahrens gab rund 80 Interviews. Immer wieder warb er darum, die Bautzener und Sachsen nicht pauschal in eine fremdenfeindliche Ecke zu stellen. Eine Umfrage unter Touristikern und Wirtschaftsbetrieben ergab nach Angaben der Stadtverwaltung, dass die Ereignisse keine nennenswerten Auswirkungen auf Buchungszahlen oder Geschäftsbeziehungen hatten.
Für die Generalstaatsanwaltschaft Dresden geht währenddessen die Bearbeitung des Falls weiter. Erst jüngst hat die Behörde neue Ermittlungen eingeleitet. Sie richten sich gegen sieben bis acht unbekannte Personen, die in der Brandnacht lautstark an der brennenden Flüchtlingsunterkunft vorbeigezogen und sich „zustimmend geäußert“ haben sollen. Auch da gebe es bisher keine neuen Erkenntnisse, so Klein. Drei Störer aus der Brandnacht wurden - auch wegen weiterer Straftaten - mittlerweile zu Haft- und Bewährungsstrafen wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte verurteilt. Sie ignorierten Platzverweise und pöbelten.
Zudem geriet nach dem Brandanschlag ein Dachdecker ins Visier der Staatsanwaltschaft Görlitz: In einem Handyvideo soll der Mitarbeiter einer Baufirma die Schäden im „Husarenhof“ begutachtet und mit Worten wie „Kameraden, Sieg Heil! Gute Arbeit geleistet“ kommentiert haben. Das Verfahren läuft noch. Der Betrieb soll sich inzwischen von dem Handwerker getrennt haben.
Zwei Monate nach dem Brandanschlag kündigte Eigentümer und Investor Erik Sassenscheidt an, eine Belohnung von 10 000 Euro zur Ergreifung der Brandstifter aussetzen zu wollen. Auch das führte bisher nicht zum Erfolg. Wie es nun mit dem „Husarenhof“ weitergeht, dazu wollte sich Sassenscheidt nicht äußern. Der als Flüchtlingsunterkunft geplante Teil des Gebäudes steht bis heute leer.
Kurz nach dem Anschlag hatte das Landratsamt, das in dem Gebäude Flüchtlinge unterbringen wollte, den Unterbringungsvertrag gekündigt. Der Investor, der nach eigenen Angaben rund 500 000 Euro in die geplante Flüchtlingsunterkunft investiert hatte, legte Widerspruch ein. Die juristischen Auseinandersetzungen laufen noch.