Die mittlerweile so übliche wie schroffe Unterscheidung von denen dort und uns hier – das Gerede von den Kulturen also – hält einem genaueren Blick nicht stand. Auch die Feierkulturen zersplittern in unzählige Varianten mit diversen, mehr oder weniger problematischen Ausprägungen. In Tunis, Istanbul oder Kairo steigen mitunter die freakigsten Elektrosausen, nicht selten unter schwierigen Rahmenbedingungen. Die globale Kulturindustrie kennt in diesen Dingen kaum Grenzen; ähnlich wie der Turnschuh der Goldenen Zitronen. Neben den bekannten Mustern religiöser Prägungen, die ohne Zweifel Differenzen und Eigenheiten produzieren, spielen auch in diesen Regionen der Welt soziale Unterschiede eine gewichtige Rolle. Etwa arm und reich, Stadt und Land oder alt und jung.
Diese scheinbar andere Feierkultur ist also vielfältig, was bereits andeutet, dass es mit der einen homogenen westlichen Feierkultur selbst nicht so weit her sein kann. Das Attribut „westlich“ signalisiert, dass in einem ziemlich großen Raum, etwa von San Francisco bis – tja, wer weiß das so genau – Moskau vielleicht auf zumindest ähnliche Weise gefeiert wird. Unklar bleibt jedoch, was Schuppen wie der Boilerroom in Berlin mit einer Kirmes in Bad Liebenstein oder dem Oktoberfest verbindet. Was hat die Champagnersause im Londoner Nobelviertel mit industriellen Bässen im Technoclub zu tun?
Dabei gibt es so etwas wie eine westliche Tradition des Feierns: den
Karneval. Kaum etwas ist stilbildender und prägender für eine Kultur des
Festes als jene sogenannte „Zeit zwischen den Zeiten“. Das Karnevaleske
war lange die große Parodie religiöser Strenge, verbunden mit einer
zeitweiligen Umwertung aller Werte, ein exzessives Gelage abseits aller
Regeln. Die nüchterne Moderne hat ihm allerdings den Charme der
Überschreitung abspenstig gemacht. Und dennoch haben ein paar Dinge
überlebt, die so herrlich „westlich“ sind. In Köln etwa, dieser Tage ein
Signalwort, gehört „föttchesföhlen“ wie selbstverständlich zum
Programm.
„Dat is ne janz eifrige Föttchesföhler“ heißt es dann. Was sich lautmalerisch bereits offenbart, bestätigt auch das Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn: Ein Föttschesföhler ist jemand, „der Frauen betatscht“ und „besonders häufig zur Karnevalszeit im Gewühle unterwegs“ ist. Der 1990 gegründete Kegelverein „De Fötchesföhler n.e.V.“, ein Verein mit ausgefeilter Karnevalsexpertise, beschreibt die Sache ähnlich. Wer sich mit diesem Namen schmücken darf, sei ein „sinneslüsternder Mensch, der die leidige Gewohnheit hat, andere, besonders weibliche Personen zu betasten und zu befühlen“.
In den Statuten des Vereins gibt es harte Strafen: „Wer eine Frau mit auf die [Kegel]bahn bringt, [zahlt] eine Runde Schnaps je Frau für alle Anwesenden.“ Na dann: Prost!