Diskussion um Rolle des Bundesrats bei Akw-Laufzeiten

Erstveröffentlicht: 
14.05.2010

Berlin — Führende Unions-Politiker haben die Beteiligung des Bundesrats an der Entscheidung über Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke in Frage gestellt. CDU-Vize Roland Koch forderte die Bundesregierung im "Hamburger Abendblatt" auf, das Projekt ohne die Länderkammer durchzusetzen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) äußerte in derselben Zeitung Zweifel an der Notwendigkeit einer Bundesratsabstimmung.

 

Seit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am Sonntag verfügt Schwarz-Gelb im Bundesrat über keine Mehrheit mehr. Das hatte auch zu Diskussionen darüber geführt, ob die von Union und FDP angestrebte Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke dadurch erschwert oder verhindert werde könnte. Die Verschiebung des 2002 unter Rot-Grün vereinbarten Atomausstiegs ist ein zentrales Projekt der schwarz-gelben Koalition. Details dazu sollen dieses Jahr vorgelegt werden.

"Von den Plänen, die Laufzeiten von Kernkraftwerken zu verlängern, müssen wir uns nicht verabschieden", sagte Koch im "Hamburger Abendblatt" mit Blick auf die veränderten Mehrheitsverhältnisse. Der hessische Ministerpräsident erinnerte daran, dass das Atomausstiegsgesetz der rot-grünen Bundesregierung ohne Zustimmung der Länderkammer zustande gekommen war. "Die Bundesregierung wäre gut beraten, ihren Gestaltungsspielraum bei der Laufzeitverlängerung zu nutzen", ergänzte er. Ähnlich erklärte auch Mappus: "Rot-Grün hat damals den Atomausstieg ohne die Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Warum sollte das bei einem geplanten Ausstieg aus dem Ausstieg auf einmal anders sein?"

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach sich ebenfalls dafür aus, an den Plänen festzuhalten. Mit einer Bewertung, ob der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung zustimmen müsste, hielt sich der Minister jedoch zurück: "Ob die Laufzeitverlängerung einer Zustimmung des Bundesrates bedarf, können wir erst sagen, wenn die konkrete gesetzliche Ausgestaltung klar ist."

Ob der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung zustimmen muss, hängt nach Experteneinschätzung von der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes durch die Bundesregierung ab. Laut Grundgesetz liegt die Regelung der "Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken" sowie "die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen" generell in der Kompetenz des Bundes. Länderinteressen wären also - ähnlich wie schon bei der Verabschiedung des rot-grünen Atomausstiegs vor acht Jahren - rechtlich gar nicht berührt.

Ändern würde sich die Lage allerdings, wenn die Bundesregierung parallel zur Laufzeitverlängerung etwa zusätzliche Sicherheitsauflagen für Atomkraftwerke gesetzlich verankert würde, wie es Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bereits vorschlug.