Der Mörder von Carolin G. könnte ein Lasterfahrer sein. Wäre es da nicht sinnvoll, bei der Fahndung Daten hinzuzuziehen, die über die Lkw-Maut erfasst werden? Wäre es. Darf man aber nicht.
Von Charlotte Janz
Bei dem Mörder von Carolin G. handelt es sich möglicherweise um einen Lkw-Fahrer. Das legt eine Eisenstange nahe, mit der Carolins Mörder eine andere junge Frau 2014 in Österreich umgebracht
haben soll. Derartige Rohre kommen oft als Hebel zum Einsatz, wo mit
hydraulischen Werkzeugen hantiert wird, etwa bei Wagenhebern – oder zum
Abkippen von Lkw-Fahrerkabinen. Der Abgleich von DNA-Spuren hatte die
deutschen und österreichischen Ermittler dazu gebracht, vom selben Täter
auszugehen.
Wenn es sich bei dem Täter also möglicherweise um einen Lasterfahrer
handelt: Wäre es da nicht am einfachsten, bei der Fahndung nach dem
Täter Mautdaten hinzuzuziehen? Den Betreiber Toll Collect zu fragen,
welche Lastwagen die Autobahn A5 im Zeitfenster des Mordes bei Endingen
verlassen haben und dann wieder aufgefahren sind? Das wäre es. Darf man
aber nicht.
"Es ist nicht zulässig, Mautdaten zu Strafverfolgungszwecken zu nutzen,"
sagt Ralf Langenbach, Staatsanwalt in Freiburg . Dieses Verbot ergibt
sich aus dem "Gesetz über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren
für die Benutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen" – kurz:
Bundesfernstraßenmautgesetz. Darin ist geregelt, welche Daten das vom
Verkehrsministerium beauftragte Unternehmen Toll Collect für die
Lkw-Maut speichern darf. Und das ist eine ganze Menge: Vom Foto und
Nummernschild des Lasters über den Namen des Fahrers bis hin zu Ort und
Zeit der Autobahn-Nutzung. Im Gesetz ist explizit festgeschrieben, dass
die Daten "ausschließlich zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der
Vorschriften" genutzt werden dürfen. Eine Übermittlung der Daten sei
unzulässig. Der Grund dafür: Datenschutz. Aber kann man da bei Mord
keine Ausnahme machen? "Nein", sagt Langenbach. "Es sei denn, das Gesetz
ändert sich."
Versuche, eben das zu tun, gibt es, seit Einführung der Lkw-Maut. In den
Tätigkeitsberichten des Bundesdatenschutzbeauftragten ist die
politische Diskussionen über die Verwendung von Mautdaten protokolliert.
Dort steht etwa: "Nach verschiedenen Kapitalverbrechen, in die schwere
Lastwagen beziehungsweise ihre Fahrer verwickelt waren, wurde im
parlamentarischen Bereich die Frage aufgeworfen, inwieweit die im Gesetz
verankerte strikte Zweckbindungsregelung wirklich angemessen sei."
Bis heute ist sie jedenfalls noch in Kraft. 2005 ist der damalige
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit dem Vorstoß gescheitert,
Informationen aus dem Maut-System für die Strafverfolgung zu nutzen.
2013 misslang der Versuch dann einem weiteren Innenminister, Hans-Peter
Friedrich (CSU).
Für den Fall Carolin G. bedeutet das: Die Polizei muss sich ihre
Informationen über das Kommen und Gehen von Lastwagen rund um Endingen
woanders besorgen. Beispielsweise bei Speditionsunternehmen, sagt
Langenbach. Aber der Staatsanwalt sagt auch: "Es ist noch keineswegs
sicher, dass es sich bei dem Täter um einen Lkw-Fahrer handelt."
Seitdem bekannt wurde, dass der Mörder von Carolin G. schon vor drei
Jahren in Österreich zugeschlagen hat, sind laut Polizeisprecher Walter
Roth gut 100 neue Hinweise zu dem Fall eingegangen. Darunter auch
solche, die mögliche Bezüge zwischen den Fällen im Kaiserstuhl und in
Tirol herstellen. Mehr will Roth erstmal nicht sagen.