Die Interessengemeinschaft Ostwache möchte aus der alten Feuerwehr in Anger-Crottendorf ein soziokulturelles Zentrum für den Stadtteil machen. Ein detailliert ausgearbeitetes Konzept steht bereits und auch die Stadt hat inzwischen ihr Interesse bekundet.
Der Zahn der Zeit hat genagt an der alten Feuerwache in Anger-Crottendorf: Das Gebäude, das dort steht, wo Gregor-Fuchs- und Theodor-Neubauer-Straße zusammenlaufen, hat – seit die Brandschützer den Komplex verlassen haben – nicht nur seine grüne Fassadenfarbe eingebüßt. Auch den Fenstern und Türen ist ein gewisses Alter anzumerken, die Torausfahrten wurden inzwischen zugenagelt, diverse Graffitis zieren die Mauern.
Von einer Ruine zu sprechen, wäre jedoch übertrieben: Das Gelände ist noch sehr gut nutzbar. Deshalb haben sich zahlreiche Bewohner von Anger-Crottendorf zusammengesetzt, um der alten Feuerwache neues Leben einzuhauchen. Die IG Ostwache, wie sich der Zusammenschluss nennt, plant, das Gelände in ein soziokulturelles Nachbarschaftszentrum zu verwandeln. Hier sollen Vereine, Werkstätten und Ateliers unterkommen, für Kreatives ebenso Platz sein wie für Sport, Kultur und Gastronomie. Kurz gesagt: Eine bunte Mischung von Angeboten, bei der jeder etwas für sich persönlich finden kann.
Ambitionierte Pläne, die schon seit Dezember 2015 in Entwicklung sind. Da wurde die Interessensgemeinschaft gegründet und konnte bereits auf die Unterstützung von 30 Vereinen, Initiativen und Institutionen zählen – unter anderem das Japanische Haus, der Bürgerverein Anger-Crottendorf und das örtliche Quartiersmanagement. Es folgten Konzeptwerkstätten, ein Erfahrungsaustausch mit vergleichbaren Projekten aus Dresden und Köln sowie eine Befragung in der Nachbarschaft „mit durchweg positiver Resonanz“, wie Jens-Eberhard Jahn, Vertreter des Bürgervereins, berichtet.
Die lange Planungsphase wurde effektiv genutzt, sodass sich die Gemeinschaft nun auf ein detailliert ausgearbeitetes Konzeptpapier stützen kann. Mittels eines Erbbaurechtsvertrags soll das Gelände angemietet und anschließend genossenschaftlich genutzt werden. Natürlich bestehe auch Sanierungsbedarf, jedoch hauptsächlich bezüglich Brandschutz und Sanitäranlagen, so Jahn. Der schrittweisen Inbetriebnahme werden dann weitere Instandsetzungsarbeiten folgen. Ein unbedingt angestrebtes Ziel ist die vollständige Barrierefreiheit, denn die neue Ostwache soll ein Zentrum für den gesamten Leipziger Osten und Anger-Crottendorf im Speziellen werden. „Der Stadtteil wächst und wird immer vielfältiger – diese Vielfalt kann hier einen Ort bekommen“, erläutert Jahn.
Damit will die Gemeinschaft auch einen Kontrapunkt zur fortschreitenden Gentrifizierung setzen, denn im Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite sollen bald neue, hochwertige Wohnungen entstehen. „Wir möchten die Kosten für das Projekt niedrig halten, damit es für alle – Anbieter wie Besucher – bezahlbar bleibt. Neu muss nicht immer Luxus bedeuten“, meint Ellinor Balbach, eine der frühen Unterstützer der Initiative.
Aktuell konkurriere man noch mit dem potenziellen Plan, aus der alten Feuerwache einen Werkstoffhof zu machen. Die Hoffnung auf positive Resonanz aus der Stadtverwaltung wurde aber bereits erfüllt: Im vergangenen Monat bekundeten sowohl Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau und sogar Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) in der Ratsversammlung großes Interesse am Projekt. Die IG Ostwache hofft nun auf eine kooperative Stadtverwaltung und vor allem einen positiven Stadtratsbeschluss. Und natürlich ist auch weiterhin jeder willkommen, sich mit Ideen, Vorschlägen und Arbeitskraft zu beteiligen: „Wenn die Leute Interesse haben, können sie gerne bei unseren regelmäßigen Treffen vorbeikommen“, sagt die 25-jährige Lina Hurlin.
Die Termine für diese Treffen sowie detaillierte Ausführungen zu Entstehung und Konzept gibt es auf www.ostwache.org
Von Christian Neffe