Stuttgart: Schnellgerichtsverfahren zum 1. Mai: 4 Monate und 2 Wochen für einen angeblichen Tritt

Rote Hilfe Logo

Dem im Rahmen der Revolutionären 1. Mai Demonstration Festgenommene wurde am Freitag, den 7. Mai in einem Schnellgerichtsverfahren der Prozess gemacht. Vorgeworfen wurde ihm bei den Übergriffen der Polizei, die ein zu langes Transparent (!) beschlagnahmen wollten, einen Beamten getreten zu haben. Trotz widersprüchlicher Aussagen der drei Zeugen, die allesamt Polizisten waren, wurde der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten und 2 Wochen auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. Bis zu seinem Prozess befand sich der Angeklagte in Untersuchungshaft.

Hintergrund

Hintergrund des Ganzen waren die Übergriffe der Polizei, die das Fronttransparent der Revolutionären 1. Mai Demo beschlagnahmen wollte, da das Transparent gegen die Auflage verstoßen hat, die vorschrieb, dass Transparente eine Maximallänge von 3 Metern haben dürfe. Die Frage welchen Sinn diese Auflage haben sollte, wurde leider nicht verhandelt.
Bei diesen Auseinandersetzungen, die von den Beamten mit Schlagstöcken und dem massiven Einsatz von Pfefferspray geführt wurde, kam es zu diesem Tritt, der bei dem Beamten keine Verletzungen hervorrief und ihn nur kurz zum „durchatmen“ zwang.

 

Beweise und Zeugen

Nur einer der geladenen Zeugen, der sich als Zivilpolizist an der Seite der Demonstration befand, wollte den Tritt dem Angeklagten zuordnen können, woraufhin die Beamten diese Person dann bis zum Ende der Demonstration nicht mehr aus den Augen liessen und ihn dann schließlich bei der Abschlusskundgebung festnahmen. Bei der Festnahme soll er sich dem Handgriff der Polizei entzogen haben und damit Widerstand geleistet haben..

Nach seiner Festnahme wurde er am Sonntag, den 2. Mai einem Haftrichter vorgeführt der veranlasste, dass er bis zu dem Schnellgerichtsverfahren am 7. Mai in Haft komme.

 

Urteil

Dem Plädoyer des Staatsanwaltschaft Biehl zu Folge, der sich bereits mehrmals dadurch hervorgetan getan hat gegen Linke in besonderer Härte vorzugehen (zuletzt im Oktober 2009, als er einen Antifaschisten ohne Beweise in U-Haft steckte), müsse bei dem jetzt Angeklagten, der bereits einige Strafbefehle wegen Widerstand und ähnlichem bekommen hat, „endlich ein Zeichen“ gesetzt werden, der es ihm verdeutliche, dass man sich nicht in dieser Weise zur Wehr setzen darf. In ordentlicher Staatsmanier verwies er darauf, dass man ja durchaus seine Meinung sagen dürfe, aber halt nur so wie es die Polizei vorschreibe und manifestierte damit das staatliche Gewaltmonopol. Seine Forderung belief sich auf 7 Monate auf Bewährung.

 

In der Beweisaufnahme konnte zwar zu keiner Zeit einwandfrei festgestellt werden, dass der Angeklagte getreten hat, dennoch folgte die Richterin dem Staatsanwalt in seiner Argumentation und verurteilte den Angeklagten sowohl wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand (er soll sich mit dieser Handlung einer polizeilichen Aktion - der Beschlagnahmung des Transparentes - widersetzt haben) zu 4 Monaten, als auch wegen Widerstandes bei der Festnahme zu den restlichen 2 Wochen - mit dem Verweis, dass die Polizei doch nur ihren Job gemacht habe und dass diese beim nächsten Mal evtl. „die Linken“ mit ihrem Körper beschützen müsse.

 

Fazit

Der Angeklagte wurde nur aufgrund einer Aussage eine Woche lang in U-Haft gesteckt, es wurde ein Schnellgerichtsverfahren gegen ihn angestrengt und schließlich zu 4 Monaten und 2 Wochen auf zwei Jahre Bewährung verurteilt, weil ein Polizist, der die Demonstration angegriffen hat, einen Tritt abbekommen hat und keine Verletzungen davon getragen hat.

 

Rote Hilfe OG Stuttgart

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen Stuttgart