Party in den Sofiensälen?-Eine kritische Randbemerkung

Sofiensäle Bauruine

Die Wahl ist geschlagen, der Rechtsaußen Norbert Hofer wurde doch nicht Bundespräsident, und die Grünen und andere SympathisantInnen von van der Bellen feiern in den Sofiensälen ihren Wahlsieg. Sie suchten sich damit einen historisch und symbolisch aufgeladenen Platz auf. Auch wenn die Wahl des Ortes für die Siegesfeier nur ein kleines Detail in diesem Wahlkampf ist, so ist es doch bezeichnend und verdient eine nähere Betrachtung.

 

Die Sofiensäle wurde 1838 als Schwimmbad und Veranstaltungsaal gebaut. Konzerte von Johann Strauss und Vorträge von Karl May, die Premiere des Tonfilms in Österreich waren Höhepunkte in der Geschichte des Hauses. Auf der politischen Ebene gab es Höhepunkte ganz anderer Art: 1926 wurde hier die NSDAP in Österreich gegründet, ab 1938 diente es als Durchgangsstation für die Deportation der Juden. Von diesen Fakten eine Verbindung zur jetzigen Wahlparty zu machen, ist ungerecht. Bestand doch ein wesentlicher Teil des Wahlkampfes aus einem –wenn auch stark national motivierten-Antifaschismus.

 

Interessanter ist die neuere Geschichte des Hauses. In den 90igern war die „Sofie“ eine beliebte Clubbing-Location. Pläne für einen Hotelbau nach Abriss scheiterten am Denkmalschutz. Eine Renovierung scheiterte an den hohen Kosten. Da kam der Brand, der im August 2001 bei Flämarbeiten am Dach ausbrauch gerade recht. Dass über Brandstiftung gemurmelt wurde, verwundert nicht. Die nächsten 10 Jahre verfiel das zur Ruine abgebrannte Gebäude weiter., ohne dass groß etwas geschehen wäre.

 

Der neue Eigentümer, die Soravia Group, ließ sich als Retterin feiern. Sie renovierte einen Teil der Fassade und einen Saal. Daneben baute sie 68 Wohnungen, ein Hotel, ein Restaurant, ein Fitnesscenter und eine Tiefgarage. Und sie ließ sich für diese „Rettung“ gut entlohnen: Sie bekam von er Stadt 2,7 Mio. € an Wohnbauförderung und 2 Mio. € an Kulturförderung. Realisiert wurde der Bau durch ein Bauherrenmodell, das primär der Steuerabschreibung dienen. Ein Detail dieser Detailgeschichte: Ende 2010 rechtfertigte der als links geltende Grüne Klaus Werner Lobo die Kulturförderung damit, dass noch genug Geld in der Kassa war. Das Nachsehen hatte beispielsweise das linke Kulturzentrum Amerlinghaus, das im gleichen Jahr bekanntgab, dass die unzureichende Förderung seine Existenz gefährde. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert. Gleichzeitig ist die Kultur, die jetzt in den Sofiensälen angeboten wird, mager. 1x im Monat ein After-Work-Club, Hochzeiten und Parteiveranstaltungen.

 

Zusammengefasst: Eine ehemalige öffentliche Location wurde privatisiert, mit Wohnbauförderung wurden hochpreisige Wohnungen geschaffen, mit Kulturförderung werden Hochzeiten und Parteijubel finanziert, das ganze wurde für die Reichen steuerschonend zubereitet. Kurzum: Eine BoBo-Wohlfühloase wurde geschaffen.

 

Und das ist der Punkt, der symbolisch für den Wahlkampf und der Wahlsieg Van der Bellens ist. Soziale Fragen spielten kaum eine Rolle, und wenn, dann war die Position von VdB mies (Mindestsicherung kürzen ist eh okay, Probleme bei der Lehre sind ihm nicht bekannt). Der eigene Anteil am Klassenkampf von oben wird ignoriert. Linke Positionen jenseits eines elementaren Antifaschismus waren nicht sichtbar und wurden aktiv behindert (siehe F*k Hofer-Demo). Im Kern ging es um die Wahl eines bürgerlichen europäischen, inklusiven Nationalismus oder eines aggressiven, exklusiven Nationalismus, der seine Nähre zum Nationalsozialismus nur schwer verschleiern konnte. Durch die Wahl Van der Bellens wurde wenig gewonnen. Es war vor allem ein symbolischer Sieg, eine Abwehr des Rechtsextremismus. Was es jetzt braucht, ist aber viel mehr: Eine soziale Bewegung, die thematisch und aktivistisch den Klassenkampf von Oben umdreht, ohne dabei in nationale oder rassistische Muster zu verfallen.