Flüchtlinge in Deutschland: Abschiebezentrum geplant

Erstveröffentlicht: 
06.12.2016

Bund und Länder wollen an diesem Donnerstag beschließen, bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber die Kräfte zu bündeln. Einige der Vorhaben sind umstritten, über andere besteht schon jetzt Einvernehmen.

 

Berlin - Flüchtlinge ohne anerkannten Asylgrund sollen konsequenter abgeschoben werden als bisher. Das ist das Ziel der Maßnahmen, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder auf den Weg bringen wollen. Im Entwurf der Beschlussvorlage für die Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag, die der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ vorliegt, sind 16 Punkte aufgeführt, die zu mehr Rückführungen in die Heimatländer der Migranten führen sollen. Weil die Zahl der Ausreisepflichtigen nicht zuletzt wegen der vielen Asylentscheider im kommenden Jahr weiter steigen werde, so heißt es in dem Papier, bedürfe es „einer nationalen Kraftanstrengung, um zusätzliche Verbesserungen in der Rückkehrpolitik zu erreichen“. Einige der Vorhaben sind umstritten, über andere besteht schon jetzt Sitzung Einvernehmen.

 

Die bessere Vernetzung der Behörden gehört dazu. Aufgegriffen wird die Forderung des Lörracher CDU-Bundestagsabgeordneten Armin Schuster, eine nationale Koordinationsstelle für Abschiebungen aufzubauen. „Bund und Länder werden in Berlin bis zum 1.2.2017 ein gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) einrichten“, heißt es in der Vorlage . Es soll, so heißt es darin ­weiter, vor allem der „operativen Abstimmung“ zum Beispiel bei Sammelrück­führungen: „Es steht in ständigem Kontakt mit den Botschaften der Herkunftsländer und beschafft in allen Problemfällen die nötigen Dokumente für Personen, die Deutschland wieder verlassen müssen.“ Letzteres gilt als eines der größten Hindernisse, da kommunale Ausländerbehörden bisher oft selbsttätig die Botschaften anderer Staaten ansprechen müssen, wenn sie die Staatsangehörigkeit abgelehnter ­Asylbewerber überprüfen wollen. Deshalb soll auch das Auswärtige Amt Teil des ­neuen Zentrums werden.

 

90 Millionen als Anreiz

 

Das ZUR soll dem Papier zufolge eine Geschäftsstelle erhalten, die beim Bundesinnenministerium angesiedelt wird. Es fasst bestehende Strukturen wie die Bund-Länder-Koordinierungsstelle Integriertes Rückkehrmanagement oder die Passersatzbeschaffungsstelle der Bundespolizei zusammen. Die Länder sollen der Beschlussvorlage zufolge „mindestens einen verantwortlichen Mitarbeiter an das ZUR“ entsenden. Der CDU-Innenpolitiker Schuster betonte gegenüber dieser Zeitung, dass es nicht um eine Verlagerung von Länderkompetenzen nach Berlin gehe, sondern um die „Bündelung und Koordinierung von Expertenwissen“ wie etwa bei den nationalen Lagezentren zur Terrorabwehr oder zu Cyberfragen. „Wir werden bis Ende 2017 etwa 500 000 Ausreisepflichtige haben“, so Schuster weiter: „Deren Rückkehr zu organisieren ist eine politische Mammutaufgabe.“ Die neue Zentralstelle bezeichnet er als einen „handfesten Schritt zur Lösung vielfältiger Abschiebeprobleme“ und als „Erleichterung für viele Akteure vor Ort“.

 

Zu den weiteren Maßnahmen gehört, dass der Bund 2017 weitere 90 Millionen Euro als Anreiz für die freiwillige Rückkehr und die Reintegration im Heimatland in die Hand nehmen will. Das Innenministerium soll zudem bis Anfang März eine einheitliche Linie vorlegen für den Umgang mit lediglich geduldeten Flüchtlingen – diese sind ausreisepflichtig, doch liegen konkrete Abschiebehindernisse vor. Zudem bitten die 17 Regierungschefs ihre Innenminister, bis zum April ein Verfahren zu entwickeln, um Abschiebungen und freiwillige Ausreisen erstmals vollständig zu erfassen.

 

Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive

 

Zu den noch strittigen Fragen gehört, ob ausreisepflichtige Migranten in eigens ­dafür errichteten Ausreisezentren untergebracht werden sollen. Die beiden Sätze „Alle Länder werden darüber hinaus ­zentrale Ausreiseeinrichtungen für ­vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen“ und „In den zentralen Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert ­werden“ sind in der Beschlussvorlage noch mit Klammern versehen. „Dagegen ­sperren sich die SPD-Länder“, heißt es in Bundesratskreisen.

 

Von Christopher Ziedler 06. Dezember 2016 - 05:02 Uhr