Der Gewahrsam für abgelehnte Asylsuchende in Dresden soll erst im kommenden Sommer fertiggestellt werden. Innenminister Markus Ulbig geht nun von einer Inbetriebnahme im dritten Quartal 2017 aus. In dem Ausreisegewahrsam sollen Ausreisepflichtige bis zu vier Tage lang festgehalten werden, die sich der Abschiebung entziehen wollen.
"Der Gewahrsam wird uns beim Vollzug der Ausreisepflicht unterstützen", sagte Ulbig. "Die Vorbereitung für ein entsprechendes Objekt in Dresden laufen derzeit. Ich erwarte, dass der sächsische Ausreisegewahrsam in der zweiten Hälfte kommenden Jahres endlich in Betrieb gehen kann." Bis es soweit ist, würden entsprechende "Übergangslösungen" geprüft, "denn wir brauchen eine derartige Einrichtung dringend", so Ulbig.
Landtag: Gesetzliche Grundlage fehlt bislang
Die schwarz-rote Landesregierung hatte den Entwurf für das Sächsische
Ausreisegewahrsamsvollzugsgesetz Ende August beschlossen. Damit soll ein
neuer Passus im Aufenthaltsgesetz, der im vergangenen Jahr im Zuge
einer Verschärfung des Asylrechts vom Bundestag beschlossen worden war,
auf Landesebene umgesetzt werden. Das vollständige
Gesetzgebungsverfahren wird voraussichtlich im Februar oder März 2017
abgeschlossen sein. Bislang gibt es für den Ausreisegewahrsam in Sachsen
keine gesetzliche Grundlage.
Am Freitag hat sich der Innenausschuss des Landtages mit der Gesetzesvorlage der Staatsregierung befasst.
Klare Regeln für Zuwanderung erforderlich
Wenn es moderne und klare Regeln für Zuwanderung gäbe, würden sich mehr Menschen für Einwanderung und gegen einen Asylantrag entscheiden, sagte der Innenexperte der SPD-Fraktion, Albrecht Pallas. Erst dann sei mit einem Rückgang der Rückführungen zu rechnen. "Auch wenn ich mir wünschte, dass wir in Deutschland ohne Abschiebung von abgelehnten Asylsuchenden auskämen, sehe ich auch, dass sie leider im Augenblick grundsätzlich nicht abwendbar sind."
Opposition sieht europarechtliche Vorgaben missachtet
Von der Opposition wird der Ausreisegewahrsam heftig kritisiert. Die Linke sieht darin eine Kriminalisierung geflüchteter Menschen. Linke-Politikerin Juliane Nagel sprach nach der Anhörung von einer "faktischen Inhaftierung ohne Straftatbestand".
Die Grünen-Migrationsexpertin Petra Zais sagte, die bundesrechtliche Grundlage des Aufenthaltsgesetzes entspreche nicht den europarechtlichen Vorgaben. Sie halte die freiheitsentziehenden Maßnahmen für nicht erforderlich. Schon jetzt liege Sachsen bei der Zahl der Abschiebungen im Bundesvergleich mit an vorderster Stelle. "Die Staatsregierung darf dieses Gesetzesvorhaben nicht weiter verfolgen."
Ausreisegewahrsam: Inbetriebnahme verzögert sich
Ursprünglich sollte die Einrichtung für den Ausreisegewahrsam im Dresdner Stadtteil Friedrichstadt Anfang 2017 teilweise in Betrieb gehen. Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde und die sich der Ausreisepflicht entziehen, werden derzeit in anderen Bundesländern untergebracht. In dem Gebäudekomplex an der Hamburger Straße befindet sich seit Herbst 2015 bereits eine Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates Sachsen. Zuvor war in dem Areal das Technische Rathaus untergebracht.