Verdacht: V-Mann in der „Gruppe Freital“

Erstveröffentlicht: 
15.11.2016
Linke und Grüne verlangen Aufklärung im Landtag
VON ANDREAS DEBSKI

 

Dresden. Mögliche Verbindungen des Verfassungsschutzes zur rechtsextremen „Gruppe Freital“ sollen erneut Thema im Rechtsausschuss des sächsischen Landtags werden. Die Linksfraktion hat eine entsprechende Sondersitzung für diese Woche beantragt. „Es steht der ungeheuerliche Verdacht im Raum, dass der Verfassungsschutz kurz vor einem Anschlag auf eine Asylunterkunft Kontakt zu einem Informanten aus dieser Gruppe hatte“, erklärt Linken-Fraktionsvize Klaus Bartl. Unterstützung kommt von den Grünen. Deren Innenexperte Valentin Lippmann kritisiert: „Polizei und Verfassungsschutz hatten einen aussagewilligen Kontakt im Kern der Nazigruppe und es trotzdem nicht vermocht, den Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft zu verhindern.“

 

Auslöser ist ein Bericht des Magazins Spiegel, wonach ein Neonazi der „Gruppe Freital“ geheimer Verfassungsschutz-Informant gewesen sein soll. Der Generalbundesanwalt wirft der Gruppe unter anderem versuchten Mord vor. Die sieben Männer und eine Frau sollen Sprengstoffanschläge auf Flüchtlinge und ein alternatives Wohnprojekt verübt haben.

 

Sondersitzung des Rechtsausschusses

 

Der Rechtsausschuss hatte sich bereits im Frühjahr auf einer geheimen Sondersitzung mit den mutmaßlichen Rechtsterroristen aus Freital beschäftigt. Befragt wurden unter anderem Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) und Landespolizeipräsident Jürgen Georgie. Das Fazit lautete damals: keine Versäumnisse. Der V-Mann war demnach kein verdeckter Ermittler – es gab ihn, zumindest von sächsischen Behörden, nicht, so der Stand im Frühjahr.

 

Nach offizieller Aktenlage und Aussagen im Rechtsausschuss hat sich ein Zeuge aus dem Umfeld der mutmaßlichen Terrorgruppe, der bei einem Angriff auf das Wohnprojekt in Dresden dabei gewesen sein soll, am 27. Oktober 2015 bei der Polizei gemeldet. Aus Schutzgründen wollte er seinen Namen nicht preisgeben, deshalb hat der Beamte seine eigene Dienstnummer eingetragen. Nur so sei es möglich gewesen, die Anzeige aufzunehmen – ein übliches Verfahren, erklärte Georgie. Zudem gab es eine Handyüberwachung und die Verfolgung von Chat-Protokollen – allerdings zeitversetzt. So existiert beispielsweise ein Mitschnitt vom Abend des 18. Oktober 2015, kurz vor Mitternacht erfolgte ein weiterer Anschlag. Die Daten wurden erst am Tag darauf ausgewertet. Das sei ebenfalls üblich: „Wir haben nicht mehr die Stasi-Methoden. Da sitzt niemand und hört live mit“, hieß es nach der Ausschusssitzung.