Die "Reichsbürger" sind selbst in der bayerischen Polizei vertreten - mehrere Beamte gehören mutmaßlich der Bewegung an. Gegen vier Polizisten liefen Disziplinarverfahren wegen Verbindungen zu den "Reichsbürgern", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstagabend in der BR-Nachrichtensendung "Rundschau".
Ein Beamter sei bereits im Frühjahr vom Dienst suspendiert worden. Ein weiterer Polizist sei am Donnerstag suspendiert worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Freitag. Es handele sich um einen Wach- und Schichtbeamter aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. Gegen zwei weitere Wach- und Schichtbeamte aus dem Bereich des Präsidiums Oberbayern Süd laufen ebenfalls Disziplinarverfahren. Sie wurden aber bisher nicht suspendiert. Sollten sich Zweifel an der Verfassungstreue der Beamten ergeben, müssten diese die Polizei verlassen, sagte Herrmann.
Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Häufig legen sie dabei die Grenzen von 1937 zugrunde. Amtliche Bescheide akzeptieren sie nicht, einige wollen keine Steuern zahlen.
Am Mittwoch hatte ein "Reichsbürger" in Georgensgmünd bei Nürnberg auf Polizisten geschossen und einen 32-jährigen Beamten tödlich verletzt. Gegen den Schützen wurde am Donnerstag Haftbefehl erlassen.
Ein Hauptkommissar, der suspendiert wurde, hat sogar Seminare am Fortbildungsinstitut der Polizei gegeben. Der Beamte war schon 2015 aufgefallen, als er auf einem einschlägigen Portal vom Fortbestehen des Deutschen Reichs sprach. Suspendiert wurde er im Februar nach einem Vortrag bei der "Heimatgemeinde Chiemgau", die den "Reichsbürgern" ähnlich ist: Es amtiert eine Art "Reichsbürgermeister", die Mitglieder der Gruppe wollten eine Weile nur Autokennzeichen mit den Buchstaben "Mens:ch" montieren.
De Maizière will Neubewertung der Lage
Nachdem ein "Reichsbürger" im fränkischen Georgensgmünd auf Polizisten geschossen hat, kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine Neubewertung der Bewegung an. De Maizière sagte der Rheinischen Post, bislang habe der Verfassungsschutz die "Reichsbürger" als sehr zersplitterte und heterogene Bewegung gesehen.
Nun solle der Inlandsgeheimdienst die "Reichsbürger" genauer ins Visier nehmen, findet die Union. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, will die Überwachung der Bewegung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz prüfen lassen. "Der Fall muss Konsequenzen haben", sagte Mayer der Berliner Zeitung.
Dass es zur Überwachung durch die Bundesbehörde kommt, ist nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeigers aber unwahrscheinlich. Das Bundesamt für Verfassungsschutz werde die "Reichsbürger" voraussichtlich nicht überwachen. Die Zeitung beruft sich auf Berliner Sicherheitskreise. Nicht alle "Reichsbürger" seien tatsächlich rechtsextremistisch, so dass man sie nicht alle über einen Kamm scheren könne. Zudem seien sie nicht bundesweit vernetzt. Beides seien aber Voraussetzungen für eine Überwachung durch das Bundesamt, so dass es nicht dazu kommen werde, berichtet das Blatt. Vielmehr sei es besser, die Landesämter und die Polizei kümmerten sich um diese Gruppe.