Lübeck: Brandanschlag auf Neonazi-Auto?

Erstveröffentlicht: 
18.10.2016

Lichterloh hat in der Nacht zu Dienstag im Lübecker Stadtteil St. Jürgen ein Auto gebrannt. Es soll einem bekennenden Lübecker Neonazi gehören, der in seinem Wohnviertel extrem rechte Propaganda verteilt haben soll.

 

St. Jürgen. Um 2.24 Uhr geht am Dienstagmorgen der Notruf bei der Polizei Lübeck ein. Bei einer Wohnanlage in der Nähe des Universitätsklinikums soll ein Pkw in Flammen stehen. Auch die Feuerwehr rückt aus – der Wagen brennt allerdings vollständig aus. Auf der Heckscheibe prangt noch gut zu erkennen ein Aufkleber mit rechtem Gedankengut. Offenbar gehört der Wagen einem Lübecker Neonazi.

 

 „Im Juli hatten alle Anwohner Flyer im Briefkasten, die den Mann als Rechten outen“, berichtet eine Anwohnerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Der 32-Jährige, der aus Mecklenburg- Vorpommern stammt, sei auf den Flyern samt Bild und Adresse beschrieben worden. Im linken Internetforum „Linksunten“ wird zudem veröffentlicht, dass der Mann sich „im Umfeld der Lübecker Kameradschaftsszene“ bewegt und durch die Verbreitung von „extrem rechter Propaganda“ in Erscheinung getreten sei.

 

„Nach dem Pkw-Brand ermittelt nun das Kommissariat 5.“ Polizeisprecher Dierk Dürbrook

 

„Nach der Flyer-Aktion im Juli wurden auch Scheiben seiner Wohnung eingeschlagen“, erzählt die Nachbarin. „Das war sicher ein Brandanschlag aus dem autonomen Bereich“, glaubt die Frau.

 

Tatsächlich deutet vieles auf eine politische Attacke hin. „Das Kommissariat 5 ermittelt“, bestätigt Polizeisprecher Dierk Dürbrook. Das Kommissariat 5 ist bei der Polizei unter anderem für politisch motivierte Straftaten zuständig.

 

Es ist nicht der erste Vorfall: In Lübeck nimmt die politische Gewalt zu. Im Mai gab es innerhalb von 22 Stunden gleich zwei rechtsradikale Taten im Meesenring und in der Beckergrube. Mehrere Personen hatten hier den Hitlergruß gezeigt und „Heil Hitler“ gerufen. Im gleichen Monat wurde in einer Gaststätte in der Engelsgrube Reizgas in Richtung zweier Asylbewerber versprüht. Wenige Wochen vorher warfen Unbekannte zwei halbe Schweineköpfe durch die Scheiben der Studentenkneipe „Blauer Engel“. Der Negativtrend zeigt sich auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht für Schleswig-Holstein.

 

2014 wurden in Lübeck 63 Straftaten mit rechtem Hintergrund verzeichnet, 2015 waren es bereits 78.

 

Und auch aus der autonomen Szene kam es in Lübeck schon zu Attacken. So griffen Linksautonome am 1. Mai 2010 während einer NPD-Demo in Neumünster einen Polizeiobermeister aus Lübeck an und verletzten ihn schwer. Im Mai 2012 zogen Krawallmacher abends erst mit Bengalischen Feuern durch die Innenstadt. In der Fußgängerzone attackierten die Vermummten dann Beamte – die Polizisten mussten Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen. Ihren Höhepunkt fand die Chaos-Nacht an der Willy- Brandt-Allee: Randalierer verbarrikadierten sich bei der „Alternative“ und warfen mit Steinen auf die zivilen Polizei-Aufklärungsfahrzeuge. Um vier Uhr morgens konnte der Chef der Mengwache die Lage damals beruhigen.

 

 Tomma Petersen