16:00 Begrüßung/ Einführung
17:00 Anarchismus in Bewegung. Ein Forschungsüberblick – Olaf Briese
18:30 Solidargemeinschaften in gefährlichen Zeiten.
Kollektive anarchosyndikalistische Biographien vom Kaiserreich bis zum
NS-Regime – Hartmut Rübner
20:00 Für ein Leben und Lernen in Freiheit – Anarchistisches Organisierungstreffen für Hochschulen – Schwarze Ruhr-Uni
Liebe Freund*innen der anarchistischen Theorie und Praxis,
im Laufe ihres Lebens eignen sich alle Menschen auf unterschiedlichste Arten und Weisen Wissen an. Nach persönlichen Interessen oder auch nach alltagspraktischen Erfordernissen entstehen Wunsch oder Notwendigkeit, zu lernen, zu verstehen und unabhängig handlungsfähig zu sein.
Im Alltag ist es schwer, darin eine Praxis außerhalb von gesellschaftlich institutionalisierten Wegen, fernab von den dafür vorgesehenen Orten oder Formen, über vorgegebene Themenbereiche hinaus zu leben. Zu sehr ist der Zugang zu Wissen an die vorherrschende Grundordnung gebunden, die in dem jeweiligen Teil der Gesellschaft, in der mensch sich befindet, regiert – sind Zeit, Geld oder das Milieu Faktoren die grundlegend zu bestimmen scheinen, in welchem Umfang, in welcher Qualität und wie selbstbestimmt gelernt werden kann.
Wissensinstitutionen wie Kindergärten, Schulen, Betriebe/Hochschulen sind dabei der Reproduktion der gesellschaftlichen Verhältnisse verpflichtet und zunehmend auch ausschließlich der eigenen ökonomischen Verwertung in einer neoliberal kapitalistischen Ideologie folgend.
Wissenschaft trägt zum Festlegen von Menschengruppen auf vermeintlich nachweisbare und objektive Kerneigenschaften bei, welche ewig und unveränderlich angelegt sind. Gruppierungen werden nach Eigenschaften der Essenz kategorisiert, die auf problematischen Kriterien wie Geschlecht, sexuelle Orientierung, Rasse, Ethnizität, nationaler und/oder sozialer Herkunft basieren.
Wenn Wissenschaft somit als die Institutionalisierung von Wissen, als Produkt gesellschaftlicher Verhältnisse verstanden werden kann, so ist sie und die aus ihr entstehende Wissensproduktion weder frei von Herrschaftsverhältnissen, noch ist sie in der Auswahl ihrer Beschäftigungsfelder und ihrer angewandten Methoden und Techniken wirklich frei.
Es wäre auch möglich, dass bisher über Wissenschaft Geschriebene nur als den akademisierten Teil dessen, was unter dem Begriff verstanden werden kann, zu betrachten. Gibt es doch in jedem Bereich der Gesellschaft Lücken bzw. Räume, die nicht vollständig unter Kontrolle oder von einer Herrschaftslogik durchzogen sind, sogar in einem kleinen Teil an den Hochschulen.
Außerhalb dieser lässt sich durchaus in den sozialen Bewegungen eine Wissensproduktion erkennen. So könnte Wissenschaft auch unabhängig von den einzwängenden Institutionen verstanden werden, sich der Vereinnahmung durch ein ökonomisch ausgerichtetes Herrschaftssystem entziehend: Eigeninitiatives Aneignen, Weitergeben und Weiterentwickeln von Wissen, dass sich jeglicher Repräsentation, Kommerzialisierung und Begrenzung durch Privilegierte in dieser Form entzieht.
Daraus ergeben sich interessante Themenfelder, von denen Wege zu einer anarchistischen Wissenschaft, Forschung zu anarchistischer Ideengeschichte und anarchistische Analyse/Betrachtung von wissenschaftlichen Erkenntnissen als grober Rahmen ausgewählt wurden. Zu Vertiefung, Diskussionen und Weiterentwicklung lädt vom 28.-30.10.2016 der Kongress „Anarchistische Perspektiven auf die Wissenschaft“ mit Vorträgen, Workshops und Gesprächskreisen nach Hamburg ein.
Dieser möchte als Ergebnis seinen ganz eigenen Beitrag zu den Thematiken leisten und ein offener und angenehmer Begegnungsort sein.
Wo ist der Ort für eine anarchistische Wissensaneignung/-vermittlung? Welche bestehenden oder zukünftigen Formen können als anarchistische Wissensaneignung und Theorieproduktion gelten? Welche Wege können diesbezüglich den eigenen Idealen gemäß gegangen werden? Wie kann die lange anarchistische Ideengeschichte angemessen erforscht und zugänglich gemacht werden? Was können brauchbare anarchistisch-wissenschaftliche Methoden sein? Was können Anarchist*innen aus der Wissenschaft an Erkenntnissen zur Weiterentwicklung der eigenen Ideen nutzen?