Brandanschläge in Neubrandenburg und Jüterborg / Nazis attackieren Geflüchtete in mehreren ostdeutschen Städten
Brandanschlag in Neubrandenburg
Einen Tag nach dem rassistischen Anschlag auf ein Haus in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern), in dem auch eine syrische Familie wohnt, hält auch die Polizei einen fremdenfeindlichen Hintergrund für sehr wahrscheinlich. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) verurteilte die Tat am Montag aufs Schärfste.
Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Grund für die Annahme eines fremdenfeindlichen Hintergrunds sei die Tatsache, dass in dem Mehrfamilienhaus unter anderem eine syrische Familie wohnte, gegen die sich die Tat gerichtet haben könnte. Dies habe sich erst im Laufe der Ermittlungen herausgestellt und war am Sonntag zunächst nicht klar gewesen.
Vier Menschen wurden bei dem Feuer am frühen Sonntagmorgen verletzt. Unbekannte hatten in der Nacht vor einer Wohnungstür im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses Sperrmüll angezündet. Das Feuer griff auf zwei Wohnungstüren über, die stark verkohlten. Die Feuerwehr brachte acht Bewohner mit einer Drehleiter aus ihren Wohnungen in Sicherheit. Ein 60-jähriger Mann und drei Kinder im Alter zwischen zwei Monaten und vier Jahren wurden mit dem Verdacht auf Rauchvergiftungen in ein Krankenhaus gebracht.
Innenminister Caffier sagte am Montag: »Sollte sich tatsächlich ein rechtsextremistischer Hintergrund dieser feigen Tat bestätigen, macht mich das umso fassungsloser.« Die Landespolizei werde alles daran setzen, die Täter zu ermitteln. »Der oder die Täter haben offenbar bewusst in Kauf genommen, dass Kinder, Frauen und Männer verbrennen können«, so Caffier weiter.
Brandanschlag in Jüterborg
Auf eine Unterkunft für minderjährige Geflüchtete ist im brandenburgischen Jüterbog (Kreis Teltow-Fläming) in der Nacht zu Samstag ein Brandanschlag verübt worden. Verletzt wurde bei dem rassistischen Anschlag niemand, der Sachschaden beträgt etwa 1.500 Euro, wie das Polizeipräsidium in Brandenburg an der Havel mitteilte. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
Zum Zeitpunkt der Tat gegen 01.15 Uhr befanden sich in dem massiven Flachbau 20 alleinreisende Flüchtlinge verschiedener Nationalitäten im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Träger der Einrichtung in der Jüterboger Innenstadt ist die Johanniter-Unfall-Hilfe. Notfallseelsorger und Dolmetscher wurden zur Betreuung der Bewohner hinzugezogen.
Die beiden Brandsätze trafen das Fenster eines unbewohnten Zimmers, ohne jedoch die Doppelverglasung zu durchschlagen. Ein Betreuer der Flüchtlingseinrichtung hatte den Angaben zufolge ein Geräusch wahrgenommen und beim Nachschauen gemeinsam mit einer Kollegin die Flammen an der Außenfront der Gebäuderückseite entdeckt. Dem Personal gelang es die Flammen zu löschen. Durch den Brand wurden unter anderem zwei Scheiben beschädigt.
Brandanschlag in Halle
In Halle-Neustadt (Sachsen-Anhalt) sind bei einem Brandanschlag auf ein Mehrfamilienhaus, das auch von Geflüchteten bewohnt wird, in der Nacht zu Samstag mehrere Bewohner verletzt worden. Neun Personen seien mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung behandelt worden, sechs von ihnen im Krankenhaus, teilte die Polizei in Halle mit. Mehrere weitere Bewohner klagten über Schmerzen, ein junger Eritreer verletzte sich, als er über den Balkon fliehen wollte. Bis zum Montag konnten alle Verletzten aus den Krankenhäuser entlassen werden.
Das Feuer war laut Polizei kurz nach Mitternacht im Keller ausgebrochen. Sämtliche Kellerboxen wurden beschädigt. Rauch breitete sich im Haus aus. Insgesamt 14 Menschen mussten das Gebäude verlassen. Der fünfgeschossige Plattenbau, in dem auch viele Migranten leben, war zunächst nicht mehr bewohnbar. Bis zum Montag konnten einige Bewohner wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Ein technischer Defekt wurde von der Polizei als Brandursache ausgeschlossen, Brandstiftung sei dafür umso wahrscheinlicher hieß es. Der Schaden wird auf rund 20 000 Euro geschätzt.
Nur wenige Minuten nach dem Kellerbrand im Plattenbaus ging in einer nahegelegenen Straße Unrat in einem Kellergang in Flammen auf. Ein Fahrrad wurde beschädigt. Verletzt wurde niemand.
Rassistische Übergriffe in mehreren ostdeutschen Städten am Wochenende
In mehreren ostdeutschen Städten ist es am Wochenende zu rassistischen, teils gewaltsamen Angriffen auf Geflüchtete gekommen. Bei mehreren Übergriffen wurden nach Polizeiangaben auch Menschen verletzt. Nicht erst seit den Jagdszenen in Bautzen vor einigen Wochen, kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen von Nazi-Gruppen auf geflüchtete Jugendliche. Nicht selten gehen diesen Angriffen Provokationen der Rassisten voraus.
In Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) griff am Freitag gegen 22 Uhr eine Gruppe von 30 Personen rund 10 Geflüchtete auf dem Marienplatz an. Die Polizei konnte nach eigenen Angaben schlimmeres Verhindern und den mutmaßlich rassistischen Block von den Schutzsuchenden trennen. Es gab einen leicht Verletzten Jugendlichen. Derweil bestätigte die Polizei, dass die Festgenommenen eindeutig der rechten Szene zuzuordnen seien.
In Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) zogen rund 20 Jugendliche vor eine Asylunterkunft und attackierten drei Syrer mit Stangen und Pfefferspray. Mehrere Geflüchtete erlitten leichte Verletzungen. Anwohner riefen wegen der Schlägerei gegen 20 Uhr die Polizei. Als die Beamten eintrafen war die Auseinandersetzung bereits beendet, die Polizei stellte daraufhin mehrere mutmaßliche Täter (zwischen 15 und 22 Jahren) im Stadtgebiet.
Auch im sächsischen Bautzen, wo es vor kurzem bundesweit beachtete Menschenjagt-Szenen gegeben hatte, kam es zu erneuten Angriffen von Rechtsradikalen auf Schutzsuchende. Dabei bedrohte nach Polizeiangaben ein 17-jähriger Flüchtling einen 39-jährigen Deutschen mit einer abgebrochenen Glasflasche, verletzte sich aber versehentlich selbst an der Hand.
Brandanschlag in Buch - Verdächtiger ermittelt
Nach einem Brandanschlag auf eine Containerunterkunft für Geflüchtete in Berlin-Buch haben Polizei und Staatsanwaltschaft einen Verdächtigen ermittelt. Derzeit laufe ein Ermittlungsverfahren wegen schwerer Brandstiftung, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, über den Brand vom 8. August. Der Verdächtige sitze aber nicht in Untersuchungshaft. Bei der Suche nach der Brandursache haben die Experten der Kriminalpolizei einen technischen Defekt ausgeschlossen.
Genaueres zur Brandursache und zu dem Verdächtigen wurde nicht mitgeteilt. Offen ist, wie der Brand gelegt wurde und ob es einen politischen Hintergrund gibt, ob also der Täter möglicherweise aus rechtsextremistischen Kreisen kommt. Oder ob es ein Brandstifter aus dem Flüchtlingsheim war. Ermittelt hatte der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz der Polizei.
Schon vor der Eröffnung der Unterkunft im April 2015 hatte es Proteste gegeben - von Anwohnern und von Neonazis. Der Wachschutz wurde verstärkt, nachdem damals drei Rechtsextreme vor dem Gelände Wachleute angegriffen und ausländerfeindliche Parolen gerufen hatten.
Die Flüchtlingsunterkunft »Refugium Buch« in der Groscurthstraße im Bezirk Pankow besteht aus mehrgeschossigen Containerriegeln und bietet Platz für mehr als 500 Geflüchtete. Das Feuer war in der Nacht zu 8. August gegen 3.00 Uhr ausgebrochen. Es hatte sich von Einrichtungsgegenständen im Erdgeschoss eines der Wohncontainer auf Räume im ersten und zweiten Geschoss ausgebreitet. Sechs Bewohner erlitten Rauchvergiftungen. 170 Menschen mussten in andere Flüchtlingsheime umziehen. Agenturen/nd