Sächsische CDU berät in Leipzig über Sicherheit - Ministerpräsident Tillich: „Was Merbitz gemacht hat, war richtig“

Erstveröffentlicht: 
26.09.2016

Die sächsische CDU traf sich in Leipzig, um über Innere Sicherheit zu diskutieren. Über der Veranstaltung lag der Schatten vom Wochenende: Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla hatte mit der Verwendung des Nazi-Begriffs "Umvolkung" für Wirbel und einen noch tieferen Riss innerhalb der Leipziger CDU gesorgt.

 

Leipzig. Kommt sie oder kommt sie nicht? Das Enfant terrible kam dann am Montagabend zwar nicht zur Regionalkonferenz ins Leipziger Bildermuseum. Dennoch wusste jeder der Anwesenden, wer gemeint war, als CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer an die Basis appellierte, „ordentlich und vernünftig zu diskutieren“ und alles zu tun, „damit die Gesellschaft zusammenbleibt und nicht auseinanderfliegt“.

 

Dann aber ging es zum eigentlichen Thema. Justizminister Sebastian Gemkow wies darauf hin, dass in den kommenden 20 Jahren ein Drittel der Richter und Staatsanwälte in Sachsen aus Altersgründen ausscheiden werde. Bei der Suche nach Nachwuchs stehe man in Konkurrenz zu anderen Bundesländern. Deshalb werde es bis Ende des Jahrzehnts keinen Stellenabbau geben, 64 zusätzliche Richter und Staatsanwälte sollen vielmehr bis Jahresende eingestellt, 50 zusätzliche Stellen im Justizvollzugsdienst geschaffen werden. Gemkow nannte als Schwerpunkte den Kampf gegen Crystal Meth und die Computerkriminalität, aber auch die Bekämpfung von politischer motivierter Kriminalität besonders von rechts sowie die Provokationen der sogenannten Reichsbürger.

 

Anschließend stellten sich Gemkow und Ministerpräsident Stanislaw Tillich gemeinsam den Fragen der Leipziger Basis. Kiffen, Saufen, Sprayer, Angriffe auf Polizisten – das sei der Alltag in Leipzig, kam es da immer wieder. Tillich monierte, dass die Polizei in ihrer Arbeit in vielen Fällen von Bagatelldelikten blockiert werde. Ordnung herzustellen, sei nicht Sache des Staates allein. Es bedürfe auch des mündigen Bürgers: „Wir verlassen uns auf Feuerwehr und Polizei, um den Kanarienvogel aus der Dachrinne zu retten“, kritisierte der CDU-Chef. Er begrüße deshalb die Ankündigung der Stadt Leipzig, die Ordnungsbehörden der Stadt zu verstärken. „Wir haben einen Verlust von Autorität in der Gesellschaft“, konstatierte Tillich. Darum habe der Freistaat den Stellenabbau bei der Polizei gestoppt und zusätzliche Stellen geschaffen. Gemkow ergänzte, die Staatsanwaltschaft Leipzig sei mit acht Stellen seit Beginn des Jahres deutlich verstärkt worden.

 

Bis zu 600 Einsätze der Leipziger Polizei pro Tag


Ein weiteres Thema war der Richtermangel und die gleichzeitig hohen Einstiegsnormen in das Amt. Die Voraussetzungen seien schon abgesenkt worden, antwortete Gemkow. Dennoch müsse ein Qualitätsanspruch gewahrt werden. Staatsanwälte als Quereinsteiger in Richterstellen seien für ihn durchaus denkbar.

Mit Blick auf die autonome Szene in Leipzig-Connewitz kam aus dem Publikum auch eine Frage, was der Freistaat tun könne, um Subkulturen einzudämmen. Gemkow sagte, die Straftaten in diesem Bereich seien geradezu explodiert. Die Szene agiere „unheimlich professionell“. „Die Ermittler sind in einer ganz schwierigen Position“, so der Justizminister. Er nannte als Beispiel die Kommunikation über Spielplattformen, die es erschwere, Täterkommunikation zu überwachen.

 

„Was der Kollege Merbitz gemacht hat, war richtig“, lobte Tillich in diesem Zusammenhang Leipzigs Polizeipräsidenten Bernd Merbitz. Er sei der Gewalt nicht gewichen. Merbitz selbst sagte, die Polizeidirektion Leipzig bewältige 550 bis 600 Einsätze pro Tag. Viele davon seien aber eben nicht originär Polizeiaufgabe. „Ich bin deshalb froh, dass wir in Sachsen die Wachpolizei eingestellt haben“, so Merbitz. Sie nehme der Polizei viele Aufgaben beispielsweise im Objektschutz ab.

 

Merbitz hielt dann auch Vorwürfen, Sachsens Justiz sei auf dem rechten Auge blind, entgegen, nirgendwo sonst habe es so viele Aufklärungserfolge gegeben. Er deutete an, dass das Operative Abwehrzentrum noch in dieser Woche einen weiteren Schlag gegen ausländerfeindliche Randalierer verkünden werde.

 

Tillich schließlich war es, der die immer wieder aus der Runde geäußerte Kritik am Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zurückwies. Jung sei demokratisch gewählt worden, ob es dem einen oder anderen in der CDU passe oder nicht. Wichtig sei vielmehr, gemeinsam gegen den Radikalismus von links und rechts vorzugehen. Er begrüße darum ausdrücklich die Gespräche des Innenministeriums mit der Stadt Leipzig.

Roland Herold