Vom 11. bis 12. April 2008 werden in Deutschland und vielen anderen Ländern die decentralized days of action for squats and autonomous spaces stattfinden.
Aus
diesem Grund haben sich am vergangenen Wochenende Freiraumaktivistinnen
und -aktivisten aus dem gesamten Bundesgebiet in Mannheim getroffen um
sich auszutauschen, vernetzen und gemeinsam Aktionen zu planen. Etwa 60
Personen sind angereist.
Hintergründe:
Freiraumaktionstage | Radiointerview mit Freiraumaktivist_innen | Stadtumbau & Verdrängung
Ausklang:
Radiointerview mit Freiraumaktivistin im Anschluss an Vernetzungstreffen
Einleitung:
Freiräume sind nicht nur
selbstbestimmte und -verwaltete Strukuren sondern auch Prozess der
Aneignung. Beide Ansätze verbindet jedoch der Versuch sich von der
Produktion und Reproduktion gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse
zu emanzipieren.
Freiräume, mit ihrem emanzipatorischen Anspruch,
bilden einen Gegenpol zu einer sich verschärfenden Verwertungslogik der
zusehends mehr Bereiche wie beispielsweise Gesundheit, Wasser, Klima
und Wissen unterworfen werden.
Auf der anderen Seite sehen sich mehr und mehr Freiräume in ihrer Existenz bedroht wie beispielsweise die Rigaer Straße 78 und die Köpi in Berlin oder sind schon geräumt worden wie das Ungdomshuset
am 1. März 2007 in Kopenhagen. Die Kämpfe um ein neues Ungdomshuset
sind allerdings nicht abgebrochen. Am 21.2. haben die Aktivistinnen und
Aktivisten eine friedliche Belagerung des Rathauses geplant.
Um
hingegen dem Konzept von Freiräumen, in seiner ganzen Breite,
näherzukommen und in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, aber auch
um einen Austausch untereinander zu fördern finden am 11. und 12. April
international dezentrale Aktionen statt. Um bestehende Freiräume zu
verteidigen, neue zu erkämpfen und Kritik an den
Herrschaftsverhältnissen zu üben. Auch in Deutschland werden viele
verschiedene Netzwerke Demonstrationen und Straßenfeste, Radioballette
und andere, vielfältige Aktionen durchführen.
Freiraumaktionstage '08: Wie alles begann ...
Auf
Initiative einer kleinen Gruppe, deren Mitglieder alle aus
verschiedenen Zusammenhängen autonomer Freiräume in Europa stammen,
wurde ein erster Aufruf ins Leben gerufen um an den Aktionstagen die europäische/globale politische Bewegung um autonome Räume und besetzte Häuser ins Blickfeld zu rücken.
So sollen an den zwei Aktionstagen eine Fülle von Aktionen stattfinden;
von Demonstrationen über Straßenfeste bis hin zu Hausbesetzungen.
Doch jenseits der Aktionen wird der Rahmen auch genutzt einen Versuch gegenseitigen Austauschs zu starten. Chancen und Strategien sollen sichtbar werden und Anlass geben, Fertigkeiten zu teilen.
Das Verständnis und die Rolle von Freiräumen, verschiedene
Aneignungsstrategien und die Bandbreite an Aktivitäten innerhalb der
Freiräume aber auch die zunehmende Repression, die existienzielle
Bedrohung vieler Freiräume als auch deren gesellschaftliche
Marginalisierung werden Thema sein.
Die Aktionstage sollen hierbei die Möglichkeit bieten auf das Konzept von Freiräumen in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen.
Aus diesem Anlass wurde zu einem ersten internationalen Vorbereitungs- und Vernetzungstreffen in dem autonomen Projekt Les Tanneries
in Dijon (Frankreich) letztes Jahr aufgerufen. Dieses Treffen, welches
sich am 24. und 25. November 2007 ereignete, bot den Teilnehmenden eine
erste Möglichkeit sich kennenzulernen und weiter in Kontakt zu treten.
Das
Treffen selbst, ist, nach Ansicht eines interviewten
Freiraumaktivisten, für 20 Personen geplant gewesen. Dem Aufruf folgten
über 100. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer reisten aus weiten Teilen
Europas und Kanada an.
Besprochen wurden unter anderem Aneignungs-
und Verteidigungsstrategien als auch Möglichkeiten der Kommunikation
und Vernetzung. Beschlossen wurde der Ausbau der Homepage, die
Erstellung eines Wikis zur Sammlung von Daten und Materialien und
besseren Vernetzung sowie die Einrichtung von email-Listen zur
Kommunikation.
Vernetzungstreffen Mannheim:
In
Dijon vergangenen Jahres wurde ein regionales Vernetzungstreffen in
Mannheim angedacht. Dieses sollte vom 8. bis 10. Februar 2008 im Jugenzentrum in Selbstverwaltung Friedrich Dürr
(JUZ) stattfinden. Die Idee dahinter war die Informationen und Outcomes
aus Dijon in die Region zu tragen, Raum für Diskussionen zu stellen und
die Vernetzung der einzelnen Aktivisten und Aktivistinnen zu
verbessern. Ein Teilnehmer dazu: Ich erhoffe mir von dem Treffen
neue Impulse zu erhalten, neue Aktionsformen kennenzulernen. Doch an
erster Stelle steht der Wunsch nach Vernetzung, somit das Kennenlernen
von anderen Menschen, die die gleiche Idee haben: Eine von einem
selbstbestimmten Leben.
Es stellte sich jedoch schnell heraus,
dass aus dem gesamten Bundesgebiet Freiraumaktivistinnen und
-aktivisten anreisen werden. Über das gesamte Wochenende kamen etwa 60
Menschen zusammen.
Plena- und Workshopphasen wechselten sich dabei
regelmäßig ab. Einige Workshops befassten sich mit Radioballett,
Repression, Legal Support/ rechtliche Angelegenheiten sowie Medien/
Berichterstattung.
Beschlossen wurde eine deutschsprachige Liste
einzurichten sowie den Versuch eines dauerhaften Radio Live-Streamings
über die zwei Aktionstage einzurichten. Weiterhin gründete sich eine
Wandzeitung-Arbeitsgruppe, welche ihre Arbeiten im Wiki
dokumentieren wird, und es wird eine Anfrage an die Indymedia
Moderationskollektive in Deutschland geben einen zentralen Newsticker
zu schalten.
Kurzer Abriss - JUZ Mannheim:
Das
JUZ existiert seit nunmehr knapp 35 Jahren in ständiger
Selbstverwaltung und steht, nach dessen Selbstdarstellung auf der
Homepage, als Raum für Partizipation, Vielfalt, Kommunikation und
Kreativität auf der Grundlage antifaschistischer, antirassistischer und
antisexistischer Werte.
Es bildet, wie viele andere Freiräume
mit einem emanzipatorischen Anspruch, einen Gegenpol zu einer sich
verschärfenden Verwertungslogik als auch den Versuch einen Raum zu
schaffen jener zu entgleiten.
Früher noch in den Quadraten gelegen
wurde das JUZ 1993 aus dem Innenstadtbereich in die Neckarstadt
verdrängt. Gegenwärtig sieht es sich, wie viele selbstverwaltete
Strukturen aber auch öffentliche Räume generell, einer prekären
Finanzlage ausgesetzt.