Hausdurchsuchung in Görlitzer Hausprojekt

Fächerahorn

Pressemitteilung vom 02.09.2016 - Durchsuchung in Görlitzer Hausprojekt - Am Freitag, den 22. Juli 2016 fand in den Räumen des HausundHof e.V., dem Hausprojekt Hospi 30, eine Hausdurchsuchung statt. Angeblicher Grund war eine vermeintliche Cannabispflanze im Fenster. Zu diesem Zweck waren 25 Polizeibeamt*innen im Einsatz.

Die Durchsuchung fand in den Morgenstunden zwischen 7.45 und 8.19 und ohne Anwesenheit von Bewohner*innen der durchsuchten Wohnung oder Unabhängigen rechtsanwaltlichen Beistand statt. Informiert wurden der Verein HausundHof e.V. lediglich durch einen Anruf der Polizei im Nachgang der Durchsuchung. Dabei wurde den Bewohner*innnen außerdem mitgeteilt, dass das Haustürschloss ausgetauscht wurde und die neuen Schlüssel auf der Polizeiwache abzuholen seien. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung waren Bewohner*innen im Haus anwesend, was die durchsuchenden Beamt*innen angeblich nicht bemerkt hatten und sich auch nicht die Mühe gaben auf Anwesende zu warten, um ihnen die neuen Schlüssel zu übergeben.

 

Als Begründung für den Einsatz wurde auf Nachfrage eine Anzeige durch einen Anwohner genannt, der besagte Pflanze im Fenster entdeckt und als Cannabispflanze identifiziert habe. In Folge einer Inaugenscheinnahme sei mit staatsanwaltschaftlichem Beschluss die Durchsuchung angeordnet worden. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich um einen Fächerahorn, eine handelsübliche Zierpflanze handelte, erscheinen die Umstände der Durchsuchung unverhältnismäßig und ungerechtfertigt. Laut Durchsuchungsprotokoll konnte „...über einen Zeitraum von vier Wochen die Aufzucht und Pflege der Pflanze(n) beobachtet werden.“

 

Ein derartiger Aufwand sowie die Tatsache, dass eine Viertel-Hundertschaft zur Durchsuchung eingesetzt wurde, erscheinen hochgradig unangemessen. Das hohe Aufgebot an Polizist*innen lässt ebenfalls darauf schließen, dass die Pflanze im Fenster nicht der einzige Grund für die Maßnahme war. Von polizeilicher Seite wurden mehrfach widersprüchliche Aussagen zum Verlauf der Durchsuchung getroffen. Durch den Wechsel und das Verschließen des Haustürschlosses hatte die Polizei eine Gefährdung der Hausbewohner*innen leichtfertig in Kauf genommen, da dadurch Fluchtwege versperrt wurden. Die Tatsache, dass das neue Schloss nach Beendigung der Durchsuchung verschlossen und damit Menschen im Haus eingeschlossen wurden, wurde im Nachhinein geleugnet. So behauptete eine Beamtin zunächst, dies sei zum Schutze der Hausbewohner*innen geschehen. Eine andere Polizistin erklärte eine Woche später in einem Telefonat, die Tür sei nach dem Einsatz nicht abgeschlossen worden.

 

Auch die Frage nach dem Verbleib eines Durchsuchungsbeschlusses oder Protokolls blieb lange unklar. Hierüber wurden ebenfalls unterschiedliche Aussagen getroffen und keinerlei schriftliche Information in der durchsuchten Wohnung hinterlassen oder der betroffenen Person zugestellt. Stattdessen erhielten andere Vereinsmitglieder die Information, die Person könne sich die Unterlagen auf der Görlitzer Polizeiwache abholen. Als sie jedoch dort nachfragte, wurde ihr mitgeteilt, diese seien in ihrem Zimmer hinterlegt worden und bekam den Beschluss erst nach mehrfachem Nachfragen ausgehändigt. 

 

Der HausundHof e.V. betrachtet die Hausdurchsuchung und deren Ablauf als rechtswidrig, da...

1.) die Verhältnismäßigkeit dieses schweren Grundrechtseingriffs, angesichts des wagen Anfangsverdachts und der Möglichkeit einer Sichtprüfung von außerhalb der Wohnung, mehr als zweifelhaft erscheint.

2.) keine der Hausbewohner*innen von den Polizeikräften über die Durchsuchung informiert und als Zeug*innen hinzugezogen wurden (§106 StPO)

3.) alle zum Zeitpunkt der Maßnahme anwesenden Bewohner*innen durch das Einsperren im Haus gefährdet, ihrer Freiheit beraubt wurden und ihren Tagesaktivitäten nicht nachgehen konnten.

 

Insbesondere durch die zeitliche Nähe zu einer angemeldeten Demonstration anlässlich der Gerichtsverhandlung gegen einen Teilnehmer der „Ende Gelände“ Proteste, drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei dem Vorgehen um eine Repressionsmaßnahme gegenüber einem politisch unbequemen Hausprojekt gehandelt hat und die Pflanze im Fenster als Vorwand zur Informationsbeschaffung genutzt wurde. Der Verein behält sich rechtliche Schritte vor.