"Freie Kräfte Crimmitschau" - was steckt dahinter?

Erstveröffentlicht: 
03.08.2016

Neonazis und rechte Facebook-Gruppen machen neuerdings demonstrativ gemeinsame Sache. Der Sächsische Verfassungsschutz will noch nichts bemerkt haben.

 

Crimmitschau. Die rechte Szene in der Region hat möglicherweise in den vergangenen Monaten neue Aufstellung genommen. Zahlreiche Fotos von entsprechend gekleideten Demonstranten und Ordnern bei Kundgebungen in Berlin und Crimmitschau legen nahe, dass die rechte Facebook-Gruppierung "Crimmitschau unzensiert/wehrt sich" mit einer Organisation namens "Freie Kräfte Crimmitschau" eine Art Arbeitsgemeinschaft gebildet haben könnte.

 

Ob es sich dabei nur um eine rein demonstrative Kooperation der Gruppierungen oder um eine schlagkräftige Organisation handelt, ist unklar. Dass die "Freien Kräfte Crimmitschau" wieder zum Leben erwacht sind, wäre auch für den Sächsischen Verfassungsschutz neu. "Dem Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen liegen derzeit keine Erkenntnisse über eine ak- tuell aktive Gruppierung vor, die die Bezeichnung ,Freie Kräfte Crimmitschau' verwendet", teilte Martin Döring, Stabschef beim Sächsischen Verfassungsschutz, gestern auf Anfrage mit.

 

Die Zusammenarbeit zwischen Neonazis und den Facebook-Gruppen gewinnt dadurch an Bedeutung, dass die NPD in Westsachsen offenbar weite Teile ihres Einflussbereiches zuletzt preisgegeben hatte. Das ist auch außerhalb der Region nicht unbemerkt geblieben. Aktivisten der straff rassistischen und rechtsextremen Kleinpartei Der III. Weg versuchten zuletzt, im Landkreis Zwickau Fuß zu fassen, sie verteilten unter anderem in Werdau ihre Flugblätter, allerdings hauptsächlich ressourcenschonend in Großwohngebieten. Die Kleinpartei versammelte im Januar nach eigenen Angaben etwa 50 Menschen zu einer Informationsveranstaltung an einem nicht näher bezeichneten Ort im Landkreis.

 

Ein besonders rühriger Vertreter der rechten Szene in Crimmitschau verfolgte im Frühjahr mehr oder minder aufmerksam den Prozess gegen die drei Molotowcocktail-Werfer von Crimmitschau am Landgericht Zwickau. Er tritt schon länger über die Region hinaus als "Freier Nationaler" auf und scheint nun im Internet neue Bekanntschaften gemacht sowie alte aufgefrischt zu haben. Zum straff rechten Pegida-Ableger Thügida aus dem thüringischen Greiz bestehen beste Kontakte. Zuletzt gastierte Thügida vor knapp zwei Wochen vor wenigen Zuhörern auf dem Werdauer Markt, in Zwickau und Glauchau.

 

Unterdessen wird die These, dass die drei Brandstifter, die im November 2015 eine Asylunterkunft an der Leipziger Straße in Crimmitschau in Brand setzen wollten, zuvor unauffällig waren, immer unwahrscheinlicher. "Die Zeit" hatte Anfang des Jahres berichtet, dass die Täter dem Staatsschutz bislang nicht als organisierte Rechtsextreme aufgefallen waren. Nach Informationen, die der "Freien Presse" vorliegen, hatte zumindest der Rädelsführer Marcus J. im Mai 2014 an einer Demonstration von Neonazis in Plauen teilgenommen. 

 

Brandanschlag und konspirative Konzerte


Drei Männer wurden Ende Mai vom Landgericht Zwickau zu Haftstrafen zwischen drei Jahren und neun Monaten und fünf Jahren verurteilt, weil sie im November 2015 drei Molotowcocktails auf eine Asylunterkunft in Crimmitschau warfen. Staatsanwaltschaft und mindestens zwei Verteidiger legten Rechtsmittel ein, der Bundesgerichtshof muss nun darüber entscheiden.

 

Im Mai 2014 nutzten Rechtsextreme den Trubel der Stadtrechtsfeierlichkeiten in Crimmitschau für ein konspiratives Konzert in einer ehemaligen Bar am Schützenplatz. Dem Vermieter war eine private Geburtstagsfeier angemeldet worden.

 

In einem Werdauer Lokal veranstalteten Rechte im Februar vergangenen Jahres einen Liederabend.