Vor den Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte in Stuttgart-Stammheim und in Düsseldorf werden derzeit 6 türkische Linke nach § 129b wegen „Мitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation“ angeklagt. Sie sollen Mitglieder in der anatolischen revolutionären Organisation DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front) sein. Die DHKP-C befindet sich seit 2002 auf den sog. „EU-Terrorlisten“, welche vorrangig auf Informationen von Geheimdiensten basieren. Sie werden in nicht-öffentlichen Sitzungen des EU-Ministerrats verabschiedet und in zeitlichen Abständen aktualisiert. Mit dem „Argument“ des Kampfes gegen islamistische Organisationen, wurden zeitgleich auch bewaffnete linke Organisationen, wie beispielsweise die DHKP-C, auf die „EUTerrorlisten“ gesetzt.
Der § 129b - Allzweckwaffe gegen migrantische Linke
Mit der Einführung der „EU-Terrorlisten“ und der Verabschiedung neuer „Anti-Terrorparagraphen“ wie dem § 129b in der BRD, wurden weitere Bausteine für die grenzüberschreitende Verfolgung politisch mißliebiger Gruppen gelegt. Ermittlungen nach § 129b setzen die Ermächtigung durch das Bundesjustizministerium vorraus.
Das bedeutet, dass auf höchster Regierungsebene entschieden wird, ob Personen nach § 129b als „Mitglieder in einer ausländischen terroristischen Organisation“ verfolgt werden oder ob sie legitimen Widerstand gegen ein Unrechtsregime leisten! Die Strafverfolgung und die Justiz werden von politischen Interessen der BRD und ihrer Bündnispartner maßgeblich beeinflusst!
Wie willkürlich solche Auslegungen sind, verdeutlichen Beispiele wie die des südafrikanischen ANC oder der kurdischen PUK im Irak. Beide Organisationen galten lange Zeit als „terroristisch“ - sie sind aber mittlerweile als ehemalige Befreiungsbewegungen allgemein anerkannt und in ihren Ländern an der Regierungsmacht beteiligt. Von der nach § 129b kriminalisierten Organisation muss weder eine Bedrohung gegenüber der BRD, noch überhaupt eine strafbare Handlung ausgehen, um sie hier als „terroristisch“ verfolgen und bestrafen zu können.
Auch vom Grundgesetz gedeckte, legale politische Aktivitäten, können nach § 129b verschärft verfolgt werden, wenn sie von (angeblichen) Mitgliedern der kriminalisierten Organisation durchgeführt werden. Mit dem § 129b ist der Repressionsrahmen gegen migrantische Strukturen stark erweitert worden: bei § 129b-Ermittlungen werden - analog zu Ermittlungen wegen „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ (im Inland) nach § 129a - Polizei und Justiz mit umfangreichen Überwachungsbefugnissen ausgestattet, wie beispielsweise der Telefon- und Emailüberwachung und der Befugnis Kameras, Wanzen und Peilsendern in Wohnungen und Fahrzeuge der observierten Personen zu installieren. Die kriminalisierten Personen können allein der Ermittlungen wegen unmittelbar in U-Haft genommen werden und müssen bei einer Verurteilung mit mehrjährigen Haftstrafen rechnen! Außerdem werden wegen „Terrorismus-Vorwurf“ angeklagte politische Gefangene von Anfang an Isolationshaftbedingungen ausgesetzt.
Das bedeutet dauerhafte Einzelhaft und starke Isolation von anderen Gefangenen, insbesondere von GenossInnen. Dazu gehören neben der Überwachung des Briefverkehrs der Gefangenen und der Konfiszierung von Briefen mit unerwünschten Inhalt, auch die starke Reglementierung der Besuchserlaubnisse und die körperliche Abtrennung von BesucherInnen und Gefangenen mittels zentimeterdicken Trennscheiben. Der §129b- Gefangene Faruk Ereren bezeichnet die Isolationshaft als „Weiße Folter mit dem Ziel, uns zu zermürben“.
Infos und Material unter:
www.no129.info www.political-prisoners.net www.gefangenen.info