Wegen eines Keltenkreuzes auf dem Unterarm landet ein Pirnaer vor Gericht. Dass es verboten ist, will er nicht gewusst haben.
Von Yvonne Popp
Gerichtsbericht. Matthias K. ist gleich in doppeltem Sinne kein unbeschriebenes Blatt. Zum einen trägt der 32-jährige Hausmeister zahlreiche Tätowierungen am Körper, zum anderen ist er in der Vergangenheit auch strafrechtlich schon in Erscheinung getreten. Diesmal muss er sich wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor dem Amtsgericht Pirna verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, am 20. August 2015 in Heidenau für alle gut sichtbar die Tätowierung eines Keltenkreuzes gezeigt zu haben. An jenem Tag hatte es eine Anti-Asyl-Kundgebung vor dem einstigen Praktiker-Baumarkt gegeben, der damals Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge wurde. Das Keltenkreuz ist seit den 1980er-Jahren in bestimmten Kontexten verboten. Unter anderem deshalb, weil die neonazistische volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (kurz: VSBD/PdA) das Symbol auf ihrer Fahne verwendete.
„Die Tätowierung habe ich schon über zehn Jahre“, gibt der Angeklagte zu Protokoll. Er sagt, dass er bis zu seiner Verhaftung nicht wusste, dass er sich strafbar macht, wenn sie in der Öffentlichkeit zu sehen ist. Tatsächlich wird ein einzeln getragenes Keltenkreuz strafrechtlich nicht generell verfolgt, da es in seiner ursprünglichen Form als Schmuck in der Goth-, Metal- und Esoterikszene sehr beliebt ist. Geahndet wird es daher nur dann, wenn es im Zusammenhang mit VSBD/PdA oder anderen rechtsradikalen Organisationen in Erscheinung tritt.
„Sie wären vielleicht gar nicht ins Visier der Polizei geraten“, wendet sich Richterin Simona Wiedmer an Matthias K., „wenn Sie zudem nicht auch noch ein Shirt des Vereins ,Sturm 18‘ getragen hätten.“ Das, so der Angeklagte, sei doch aber auch nicht verboten. „Doch“, erwidert die Richterin. Seit Oktober 2015 sei das der Fall.
Im Grunde habe er mit der rechten Szene nichts zu tun, rechtfertigt sich der Angeklagte. Er liebe eben die Motive rund um den Wikingerkult oder das Mittelalter. Und an dem Tag im August habe er nur, wie etliche andere auch, gegen die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Praktiker in Heidenau protestiert.
Über seine Gesinnung werde auch nicht geurteilt, erklärt die Richterin, sondern über das Zeigen verbotener Symbole in der Öffentlichkeit. Weil sich der Angeklagte seit seiner letzten Verurteilung ein neues Leben als Familienvater aufgebaut hat, verurteilt sie ihn nur zu einer Geldstrafe von 600 Euro. Man müsse nicht immer mit der Keule draufhauen, sagt Richterin Wiedmer an die Staatsanwaltschaft gewandt, die Haft auf Bewährung beantragt hatte. „Aber“, mahnt sie Matthias K. abschließend, „sollten Sie wieder wegen so einer Sache hier landen, kann ich keine solche Gnadenentscheidung fällen.“